• 16.11.2015 17:35

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Wolff warnt vor Balance of Performance: "Politische Spielchen"

Der Mercedes-Sportchef wundert sich über das Konzept eines Alternativmotors und rät davon ab, den gemunkelten Antriebspreisen Glauben zu schenken

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 steuert nach der Ausschreibung für einen Alternativmotor geradewegs auf ein neues Balance-of-Performance-Konzept (BoP) zu. Die Grundidee unterschiedlicher Antriebskonzepte, die die FIA und Bernie Ecclestone propagieren, stößt in der Szene aber auf Skepsis. Toto Wolff kann sich nicht vorstellen, dass der Plan aufgeht und zu im gleichen Maße konkurrenzfähigen Boliden führt: "Das funktioniert in der Formel 1 nicht. Es klappt auch in keiner anderen Serie", erklärt der Sportchef.

Titel-Bild zur News: Toto Wolff

Bloß kein Alternativmotor? Toto Wolff hat bei der Idee offenbar Kopfschmerzen Zoom

Das Problem aus Sicht des Mercedes-Verantwortlichen ist, dass es zu viele mögliche Schlupflöcher in den Regeln gibt, die das Gleichgewicht ins Wanken bringen können. "Jemand zaubert einen Hasen aus dem Hut und fragt: 'Warum machen wir das nicht?'", so Wolff. Die Stuttgarter wollen also bei der V6-Hybrid-Formel im gesamten Feld bleiben. Dafür spricht: Mercedes muss als Automobilkonzern am "grünen" Trend der Königsklasse interessiert sein und hat mit der Technik einen Vorsprung.

Doch um den zweiten Aspekt ginge es ihm nicht, betont Wolff: "Ein Kompromiss ist der richtige Weg. Wir sind nicht der Meinung, alles einfrieren zu müssen. Wir haben keine Hardliner-Position." Vielmehr will Wolff die Entwicklung partiell öffnen und Honda sowie Renault die Chance geben, den Rückstand aufzuholen. Das wäre eine Lösung für das Problem der Konkurrenzfähigkeit, nicht für die von den Privat- und Kundenteams so häufig beklagte Kostenintensität der 2014 eingeführten Hybridtriebwerke.

"Die Frage nach dem Preis ist eine legitime", räumt Wolff ein, will aber keine Zahlen nennen, was etwa Force India für seine Aggregate pro Saison überweist. Dennoch deutet der Österreicher an, dass der geschätzte Preis für den Alternativmotor von rund elf Millionen Euro ein Hinweis auf die Mercedes-Tarife sei: "Dann rechnet man 20 Prozent drauf und sieht, wo wir heute stehen." Das wären gute 13 Millionen Euro. Ein Wert, der mit Vorsicht zu genießen ist, weil er ein Mittel der Interessenpolitik ist.


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Brasilien


Wolff warnt: "Alle Preise, von denen gemunkelt wird, sind politische Spielchen. Jedes Team, das die Mercedes-Dominanz brechen will, möchte ein anderes Antriebskonzept." Das Tauziehen um den größtmöglichen Vorteil durch das Technische Reglement scheine ins Nirgendwo zu führen, weil die Verlierer stets die Regeln modifizieren wollten. "Wir möchten relevant für die Serie seien und Hersteller anziehen. Sind sie dabei - so wie jetzt - wollen wir plötzlich Konstrukteure im Sport. So wie in der GP2."

Gegenteiliger Meinung ist Pirelli-Sportchef Paul Hembery, der unterschiedliche Konzepte als einen Königsweg betrachtet, um die Konzerne anzuziehen: "Wenn man zehn oder elf Autohersteller in der Formel 1 haben will, dann muss man BoP befürworten", erklärt der Pirelli-Sportchef und verweist auf die Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC), in der die werksseitigen LMP1-Teilnehmer ihre Philosophien umsetzen. Durch einheitliche Antriebe sei nicht automatisch Spannung garantiert, warnt Hembery: "Regeln kommen und gehen, aber irgendwer wird dominieren. Das ist mit den Herstellern genauso. Einer kommt, einer geht."

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