• 16.05.2002 14:22

  • von Marcus Kollmann

Ecclestone bringt Kritiker zum Schweigen

Wie der mächtigste Mann der F1 die Existenz "seines" Imperiums sichert und alle Teamchefs in Österreich an einen Tisch brachte

(Motorsport-Total.com) - In den letzten Tagen, Wochen und Monaten machten vornehmlich die Teamchefs der kleineren ohne Unterstützung eines großen Automobilkonzerns auskommenden Rennställe lautstark immer und immer wieder auf die ihrer Meinung nach bedrohliche Situation in der Formel 1 aufmerksam. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, sprachen die um das Überleben ihrer Teams fürchtenden Verantwortlichen über die ihrer Meinung nach hauptsächlich verantwortlichen Gründe für die immer größer werdenden Unterschiede zwischen jenen Rennställen die Geld in Hülle und Fülle haben und jenen Teams die gezwungen sind jede Münze zwei Mal umzudrehen bevor sie sie ausgeben.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone im Gespräch mit Eddie Jordan

Ecclestones Wort hat bei den Teamchefs Gewicht

Bernie Ecclestone verfolgte die in den Medien auf großes Interesse stoßenden Äußerungen mit Argus-Augen und musste lesen, dass nicht etwa die Folgen des 11. September, welche auf der ganzen Welt die Wirtschaft erschütterten, oder nicht etwa die eigene zu wünschen übrig lassende Leistung der betroffenen Teams für ihre Situation verantwortlich wären, sondern in erster Linie die ungleiche Verteilung der Gelder in der Königsklasse und in den Schwächen des Systems liegen, welches die Top-Teams mächtiger und reicher und die restlichen Teams schwächer und ärmer machen würden. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte, ist doch keiner der genannten Gründe für sich allein verantwortlich für die Krise des PS-Zirkus von der die Formel-1-Bosse sagen dass es sie nicht gebe, geschweige denn gegeben habe.

Der Formel-1-Zampano hat es nämlich wieder einmal geschafft und seine Muskeln spielen lassen. Beim Meeting aller elf Teamchefs während des Österreich-GP appellierte der trotz seiner 71-Jahre immer noch fidele Geschäftsmann Ecclestone nämlich an die Vernunft aller und wusste zwischen denen, die auf Grund ihrer eigenen abgesicherten Situation die Probleme der restlichen Teams nicht interessieren, und denen die um ihre Existenz bangen, zu vermitteln.

Einigung auf ganzer Linie in vertraulicher Runde

Wie üblich bei solch einem Treffen, wurde natürlich Stillschweigen über die einzelnen Gesprächspunkte vereinbart. Auffallend nach dem Meeting war jedoch die ausgesprochen gute Stimmung bei allen Teamchefs - auch die bei Paul Stoddart, Eddie Jordan und Tom Walkinshaw, die vorher allesamt fürchteten ihre Türen am Ende der Saison 2002 zusperren und den Rennbetrieb einstellen zu müssen. Einige Details der vertraulichen Diskussionpunkte sickerten aber doch durch, wenngleich die Äußerungen einiger Teamchefs ohnehin erahnen ließen welches Angebot Ecclestone unterbreitet haben muss.

So versicherte der Brite, dass sich kein Team Sorgen darum machen müsse im nächsten Jahr nicht mehr in der Startaufstellung vertreten zu sein. Erreicht werden soll das durch entsprechende Maßnahmen die den kleinen Rennställen zugute kommen sollen. Allerdings sollen diese "erst umgesetzt werden wenn es nötig ist?, was ?im Moment nicht der Fall" sei. Die Anteile der eigentlich dem Konkurs gegangenen Prost-Team zustehenden Einnahmen an den TV-Einnahmen sollen anscheinend nun nur unter den finanziell stark gebeutelten Teams aufgeteilt werden. Zudem, so heißt es, sollen die Einnahmen aus dem Verkauf der Lizenzen, insbesondere was Simulationen für den heimischen PC und die gängigen Spielekonsolen betrifft, höher ausgefallen sein als man zunächst erwartet hatte. In der britischen Presse wird Ecclestone dahingehend zitiert, dass es "noch immer jede Menge Sponsoren" gibt, welche aber nirgendwo einsteigen wollten, "weil sie nicht bereit sind in die kleinen nicht konkurrenzfähigen Teams zu investieren." Zwar sei es deshalb schwierig für die weniger erfolgreichen Teams, doch in der Formel 1 habe sich "nichts geändert": "Ich bin schon eine verdammt lange Zeit in der Formel 1 - länger als ich mich daran erinnern kann - und ich kann sagen, dass sich absolut nichts verändert hat", bemüht sich Ecclestone seinerseits um eine Klarstellung was die Situation "seines" Imperiums, das zuletzt aus den falschen Gründen weitaus öfter die Schlagzeilen beherrschte als es ihm selbst wohl lieb gewesen ist, betrifft.

Teamchefs von Minardi, Jordan und Arrows plötzlich zufrieden

Das Machtwort des Zampano, ab sofort jedes Klagen und Kritisieren einzustellen, um so dem leicht angekratzten Image nicht noch weiteren Schaden zuzufügen, und die Zugeständnisse an die kleinen Teams, haben anscheinend genützt. Nach dem Meeting äußerten sich nämlich vor allen Dingen die Herren Stoddart, Jordan und Walkinshaw äußerst positiv und zufrieden. Das ist wohl der Preis den sie dafür zahlen müssen, dass ihnen Ecclestone persönlich versicherte es werde keines dieser Teams im nächsten Jahr von der Bildfläche verschwunden sein.

Minardi-Teamchef Paul Stoddart fand das Treffen jedenfalls "gut" und konnte "positive Zeichen" erkennen. Eddie Jordan erklärte später, "dass bestimmte Leute versuchen würden die Probleme aufzubauschen." Und Tom Walkinshaw fand, "dass die Zeiten für jedermann schwierig seien, die Formel 1 im Vergleich zu anderen Sportarten aber auf sehr gesunden Beinen stehe."

Es herrscht also wieder Friede, Freude, Eierkuchen oder doch nicht? Fest steht, dass es Bernie Ecclestone einmal mehr gelungen ist mit den ihn auszeichnenden Fähigkeiten - geschäftstüchtig und diplomatisch zugleich sein zu können - wieder Ruhe in die eigenen Reihen zu bringen. Er hat die Kritiker zum Schweigen gebracht ? zumindest vorerst. Wenn man den Briten fragt, dann hat es eine Krise in der Formel 1 schließlich nicht gegeben, bestenfalls von Verstimmungen könne die Rede sein, doch die sind ja nun gelöst. Zu guter Letzt seien sich zumindest alle Teams darin einig gewesen, dass man die Kosten senken müsse, wie man das aber anstellen will bleibt vorerst Geheimsache. Sicher ist, dass Ecclestone auch beim nächsten "Flächenbrand" als Feuerwehrmann in Aktion treten und Schadensbekämpfung betreiben wird.