• 23.10.2008 14:09

  • von Roman Wittemeier&Dieter Rencken

Die Probleme mit der neuen Boxenstopp-Ampel

Bei Ferrari hatte man sich von der Einführung der neuen Boxenstopp-Ampel viel versprochen, doch es kam anders - Honda geht einen Schritt weiter

(Motorsport-Total.com) - Ferrari hat sich mit der Einführung der elektronischen Boxenstopp-Ampel nur bedingt einen Gefallen getan. Die Hintergründe der Entwicklung waren klar: Man wollte die Abfertigung beim Service schneller Überblicken können, um so eventuell einige Zehntelsekunden auf dem Weg zurück auf die Rennbahn herausschinden zu können. Doch das Beispiel von Felipe Massa in Singapur zeigte, dass jenes System gravierende Mängel hat. Der Brasilianer vorlor dort mehr Punkte, als man durch das System im Laufe einer Saison wohl wettmachen könnte.

Titel-Bild zur News:

Ferrari hat mit der elektronischen Ampel nicht nut gute Erfahrungen gemacht

"Ich kann nur unser System erklären. Ich kenne das System von Ferrari nicht ganz genau. Es wurde entwickelt, als ich Ferrari verlassen habe und war zu diesem Zeitpunkt wirklich noch am Anfang", beschrieb Honda-Teamchef Ross Brawn, dessen Mannschaft ein ähnliches System bereits im Test hat. Allerdings will man die Elektronik nicht im Rennbetrieb ausprobieren, sondern es in aller Ruhe für 2009 vorbereiten.#w1#

Wer bei Gelb fährt, verliert

Ein Teammanager aus dem Fahrerlager erklärte im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' genau, was bei Ferrari schiefgelaufen war. Der leitende Mechaniker des Ferrari-Stopps sieht aus seiner Bedientafel mehrere Dioden, die den Fortschritt des Stopps signalisieren. Grün steht für abgeschlossene Arbeiten, rotes Licht signalisiert anhaltende Tätigkeiten. Die Ausnahme bildet der Tankvorgang. Er wird durch drei Farben dargestellt.

Ferrari

Beim Boxenstopp kommt es oft auf entscheidende Hundertstelsekunden an Zoom

Zu Beginn des Benzinflusses leuchtet Rot, rund eine Sekunde vor dem Ende des Tankens springt die Leuchte auf Gelb und sobald der Tankschlauch abgezogen ist, gibt es das grüne Signal. Man hat diese Vorwarnung eingebaut, weil der Tankvorgang meist der am längsten dauernde Vorgang ist, somit also den Abschluss der Arbeiten definiert. Ab dem gelben Licht kann sich der Pitstop-Manager nach einer Lücke in der Boxenstraße umsehen und gegebenfalls per Knopfdruck grünes Licht für den Piloten geben.

In Singapur spielte nach Aussagen des Teammanagers der nichts ahnende Adrian Sutil eine der Hauptrollen. Der Force-India-Pilot fuhr die Boxenstraße entlang, der Ferrari-Techniker wollte seinen Schützling Massa unbedingt vor Sutil platzieren und schickte den Brasilianer per Knopfdruck daher los, als der Tankvorgang noch mit Gelb singnalisiert wurde. Ein menschlicher Fehler, der Massa am Ende viele Zähler kosten sollte, als er mit abgerissenem Tankschlauch am Ende der Boxengasse stehen bleiben musste.

"Man muss bei solchen Systemen sicherstellen, dass alle Bedingungen erfüllt sind, bevor das Fahrzeug wieder herausgelassen wird", beschrieb Brawn die wichtige Einführung eines weiteren Sicherheitselements. Bei Honda will man daher eine Art Sperre einbauen. Das grüne Licht kann für den Piloten erst dann erscheinen, wenn alle Arbeiten vollständig erledigt sind - sonst ist das Signal für den Piloten gesperrt. "Die Bedingungen sind: Die Räder müssen gewechselt und fest verschraubt sein, die Jungs an den Wagenhebern müssen fertig sein und der Tankvorgang muss abgeschlossen sein."

Honda will zusätzliche Sperre einbauen

Der Honda-Teamchef, der ein solches System in seiner Ferrari-Zeit mit auf den Weg gebracht hatte, beschrieb weiter: "Wir untersuchen nun, wie wir das System in Zukunft verbessern können. Es ist schwierig, weil man alle Dinge in Betracht ziehen muss, die bei einem solchen Stopp passieren können. Was passiert zum Beispiel, wenn beide Autos gleichzeitig drin sind? Was passiert mit der Tankanlage?" Bei Honda stehe bei der Entwicklung der elektronischen Signalanlage die Sicherheit im Vordergrund, erst dann komme die Effizienz.

Honda

Bei Honda will man bis zum Saisonende beim bewährten Lollipop bleiben Zoom

Der Traum von einer vollständig elektronischen Lösung sei allerdings nicht realisierbar, betonte Brawn: "Es gibt einige Dinge, die trotzdem noch auf manuellem Wege übermittelt werden. Zum Beispiel der Verkehr in der Boxengasse. Wir haben kein elektronisches System, welches für uns die Situation in der Boxengasse einschätzen kann. Man muss mit den eigenen Augen einschätzen, ob der Raum für ein Einscheren in die Boxenausfahrt da ist, oder nicht. So gesehen behält das System immer eine manuelle Komponente."

Trotz der negativen Erfahrungen, die Ferrari mittlerweile mit dem System gemacht hat, will man in der japanischen Werksmannschaft weiter an der Entwicklung arbeiten. "Es ist eine Investition für die kommende Saison", so der Teamchef. "Jede Mannschaft, die mit einem Lollipop arbeitet, hatte schon solche Probleme. Wir hatten das mehrfach in der Saison. Wir müssen eben auf das Problem reagieren, welches wir mit dem Lollipop hatten."

Da sich die menschliche Komponente nicht ganz beiseite schieben lässt, haben sich viele andere Teams in der Formel 1 noch nicht von diesem technischen Schritt überzeugen lassen. Risiko und Erfolgsaussichten halten sich möglicherweise nicht ganz die Waage. Ohnehin muss man den Trend hinterfragen, denn im Rahmen der Diskussion um Kosteneinsparungen hatte die sportliche Kommission der 'Formula One Teams Association' (FOTA) vorgeschlagen, die Boxenstopps sogar ganz abzuschaffen. So könnten sich die Teams Personal und Aufwand sparen, hieß es. Dieser Vorschlag war jedoch von FIA-Chef Max Mosley vom Tisch gewischt worden.

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