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  • 16.09.2004 09:46

Das Comeback-Interview mit Jacques Villeneuve

Der künftige Sauber-Pilot nach seinem ersten Testtag im Renault über alle Details seines spektakulären Formel-1-Comebacks

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 hat ihn also wieder, den Weltmeister von 1997: Jacques Villeneuve, Sohn von Ferrari-Legende Gilles Villeneuve, wird aller Voraussicht nach die letzten drei Saisonrennen 2004 für Renault bestreiten und dann 2005 für Sauber an den Start gehen. Nach seinem ersten Testtag gestern in Silverstone stand der 33-jährige Kanadier der versammelten Presse Rede und Antwort.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve

Das Comeback des Jahres: Jacques Villeneuve ist zurück in der Formel 1

Frage: "Jacques, hat es einen Zeitpunkt gegeben, an dem du nicht mehr daran geglaubt hast, ein Cockpit zu finden?"
Jacques Villeneuve: "Für nächstes Jahr?"#w1#

Villeneuve hat den Glauben ans Comeback nie verloren

Frage: "Ja."
Villeneuve: "Es hat danach ausgesehen, aber ich glaube immer nur das Beste. In der Vergangenheit war das zwar nicht immer der Fall, aber man darf nicht aufgeben. Ich habe seit Februar oder März hart trainiert und es musste etwas passieren, denn es ist schon sehr schwierig, für nichts so hart zu arbeiten."

Frage: "Wie hast du dich im Auto gefühlt? Du bist ja seit ungefähr einem Jahr nicht mehr gefahren..."
Villeneuve: "Eigentlich hätte ich es mir schwieriger vorgestellt, aber wie gesagt, ich habe trainiert und das hat sich bezahlt gemacht. Am Auto selbst haben wir eigentlich nicht viel gearbeitet, sondern im Vordergrund stand das Anpassen des Sitzes und dergleichen."

Frage: "Hast du das Fahren genossen?"
Villeneuve: "Oh ja, das war spitze, sauschnell! Die Rundenzeiten sind verglichen mit der Zeit, als ich das letzte Mal gefahren bin, viel schneller - um die drei Sekunden oder so. Das ist schon eine ganze Menge Holz. Überraschenderweise fühlt sich das beim Fahren aber nicht unbedingt schneller an, weil das Auto gut ist, sich gut anfühlt und der Motor sehr fahrbar ist, genau wie die Reifen. Die drei Sekunden sind also eine rein körperliche Geschichte, alles andere wiegt nicht so schwer."

Frage: "Wirst du die letzten drei Rennen der Saison für Renault bestreiten?"
Villeneuve: "Nein, da wurde noch nichts gesagt. Im Moment testen wir einfach einmal - nur darauf kommt es an. Wir müssen einmal den Sitz anpassen, alles für mich justieren, damit es damit keine Schwierigkeiten mehr gibt, falls ich ein Rennen fahren werde. Das Ziel von Renault ist, BAR um Platz zwei in der Konstrukteurs-WM zu schlagen. Das ist das Ziel."

BAR zu besiegen, wäre eine besondere Genugtuung

Frage: "Schöpfst du spezielle Motivation daraus, BAR schlagen zu müssen?"
Villeneuve: "Das wäre großartig, ja, wenn man sich zurückerinnert, wie das alles aufgehört hat."

Frage: "Wann hat es den ersten Kontakt mit Sauber gegeben und bis wann hattest du Zeit, um den Vertrag zu unterschreiben?"
Villeneuve: "Ich habe mit dem Sauber-Petronas-Team nicht allzu lange Gespräche geführt. Sie waren das einzige Team, das mich ernst genommen und mit Respekt behandelt hat, wenn man mit allen anderen Teams vergleicht, mit denen ich seit März gesprochen habe. Das hat für mich einen Riesenunterschied gemacht. Außerdem wollte ich unbedingt in ein unpolitisches Team, also freue ich mich sehr darüber."

Frage: "Wann hast du bei Renault unterschrieben?"
Villeneuve: "Hm. Das ist eine komplizierte Geschichte, aber es ist alles sehr schnell gegangen."

Frage: "Wie schnell?"
Villeneuve: "Sehr schnell. Fragt doch Flavio!"

Frage: "Glaubst du wirklich, dass es ein unpolitisches Team in der Formel 1 gibt, dass Sauber so ist?"
Villeneuve: "Das hängt davon ab, was man als politisch definiert. Es gibt politisch-aggressiv, wo jeder jedem einfach nur weh tut. Damit geht immer eine große Negativität einher. Es gibt aber auch Dinge, die nicht unbedingt politisch sein müssen, aber trotzdem sehr negativ sind. Das meinte ich eigentlich eher. Ich weiß nicht, ob Sauber politisch ist oder nicht. Es sieht so aus, als seien sie es überhaupt nicht. Und falls doch, dann sind sie es auf eine positive Art und Weise, also ist es okay."

"Beeindruckender" Windkanal gab letztendlich den Ausschlag

Frage: "Du hast immer gesagt, du willst nur mit einem voll konkurrenzfähigen Team zurückkehren. Glaubst du, dass Sauber das ist?"
Villeneuve: "Nun ja, was für mich den Ausschlag gegeben hat, ist der Windkanal, den sie haben. Im Moment ist es natürlich kein Team, das an der Spitze mitfährt, aber wir werden positiv zusammenarbeiten, denn es ist ein Zweijahresvertrag, und das Team versucht, etwas Gutes dabei herauskommen zu lassen. Das heißt nicht, dass wir Rennen gewinnen werden - dafür würden wir jede Menge Glück brauchen -, aber man kann sich stetig verbessern und damit zufrieden sein und das wäre dann schon großartig. Der Windkanal, den sie haben, ist meiner Meinung nach sehr beeindruckend. Damit kann man schon etwas zustande bringen."

Frage: "Ist Saubers Verbindung zu Ferrari auch etwas, was dich angelockt hat?"
Villeneuve: "Keine Ahnung. Ich weiß nicht, wie intensiv diese Verbindung ist, aber es ist eine gute Sache. Ich schließe mich aber nicht in der Absicht einem Team an, dass ich danach zu einem anderen Team will. Das wäre eine falsche Arbeitsweise."

Frage: "Hattest du das Gefühl, dass du bei Sauber unterschreiben musst, um wieder Rennen zu fahren, nachdem aus Williams nichts geworden ist und die Gespräche mit BAR zu nichts geführt haben?"
Villeneuve: "Nein, nicht wirklich, denn jetzt passiert alles in einer recht positiven Atmosphäre und wie gesagt, ich habe mich entschieden, nachdem ich den Windkanal gesehen habe. Am meisten überrascht mich aber, dass ich heute hier sitze, um ehrlich zu sein. Das ist die Geschichte, die ich nie und nimmer erwartet hätte."

Villeneuve bereut die einjährige Formel-1-Auszeit keineswegs

Frage: "Hat dir die Formel 1 mehr als erwartet gefehlt?"
Villeneuve: "Nein, ich hatte eine schöne Zeit. Ich denke, ich brauchte einfach eine Auszeit, also sollte ich wohl David (Richards; Anm. d. Red.) dafür danken..."

Frage: "Ist bald ein erster Sauber-Test geplant?"
Villeneuve: "Nein, nein, nein - im Moment stehe ich bei Renault unter Vertrag. Für meinen Arbeitsbeginn bei Sauber gibt es genaue Zeitpunkte, aber ich habe die Daten jetzt nicht im Kopf."

Frage: "Glaubst du, dass du noch dieses Jahr Rennen fahren wirst?"
Villeneuve: "Ich weiß nicht, was entschieden wird, aber ich arbeite daran. Dafür bräuchte ich wohl einen anderen Pass..."

Frage: "Glaubst du, dass du eines der noch ausstehenden Rennen gewinnen kannst, falls du fahren wirst?"
Villeneuve: "Die Chancen dafür stehen sehr schlecht, denn das würde bedeuten, dass ich erst einmal Fernando biegen müsste, der ein sehr, sehr guter Fahrer ist. Ich wäre schon froh, nicht allzu weit hinter ihm zu liegen, denn ich halte ihn wirklich für einen großartigen Fahrer. Obwohl er keine riesige Erfahrung hat, könnte ich wohl doch einiges von ihm lernen."

Frage: "Wie würde es sich für dich anfühlen, wieder mit deinem alten Rivalen Michael Schumacher auf der Startaufstellung zu stehen?"
Villeneuve: "Ich weiß nicht, warum das so thematisiert wird. Es geht nur darum, mit Renault BAR im Kampf um den zweiten Platz in der Konstrukteurs-WM zu besiegen."

Frage: "Was sind deine ersten Eindrücke vom R24?"
Villeneuve: "Ein nettes Auto, nett zu fahren. Ich habe vom Setup her einfach mit Fernandos Einstellungen begonnen und mich daran gewöhnt, wir haben nicht selber daran gearbeitet. Von mir aus hätten wir da auch einiges ändern können, aber wie gesagt, heute ging es um Geschichten wie Sitzanpassung und so weiter. Morgen bleibt ja noch ausreichend Zeit."

Frage: "Kannst du einen Vergleich mit deinen früheren Autos anstellen?"
Villeneuve: "Nein, das ist schon zu lange her."