• 15.09.2004 21:37

  • von Fabian Hust

Villeneuve: "Nur Sauber hat mich ernst genommen"

Jacques Villeneuve erklärt, warum er sich für das Sauber-Team entschieden hat und wieso er ganz heiß auf Revanche ist

(Motorsport-Total.com) - Ein wenig unwirklich wirkte es schon, als Jacques Villeneuve am Mittwoch im Renault über die Rennstrecke von Silverstone fuhr. Aber der Kanadier ist zurück, so wie man ihn kennt, dazu gehört auch der Rennanzug, der nicht passgenau sein darf, sondern eine Nummer größer sein muss. Noch präsentierte sich der 33-Jährige im neutralen weißen Overall, lediglich die kanadische Flagge, sein Name und die Blutgruppe waren auf dem Stoff aufgestickt.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve

"Schlagzeilengarant" Jacques Villeneuve ist in der Formel 1 zurück

Die Mechaniker bastelten am Sitz herum, der eine oder andere Mechaniker dürfte innerlich gegrinst haben, denn Villeneuve hat schon den einen oder anderen Kollegen zur Weißglut gebracht, weil er wenige Minuten vor einem Rennstart plötzlich Änderungen an seinem Sitz von seinem Team durchgeführt wissen wollte. Aber es kann schon einmal ein paar Tage dauern, bis sich ein Fahrer im Auto wohl fühlt, und das Team hat vor Shanghai lediglich zwei Testtage: "Wir haben heute nichts am Auto gebastelt, es ging wirklich darum, am Sitz und diesen Dingen zu arbeiten", so Villeneuve am Mittwoch gegenüber Reportern.#w1#

Villeneuve will keine Politik mehr sehen

Der Ex-Weltmeister hatte den ungeduldig wartenden Journalisten natürlich einige Fragen zu beantworten, vor allem jene, warum er sich für die kommenden zwei Jahre an Sauber gebunden hat. Das ist zwar seit dem ersten Treffen mit Teamchef Peter Sauber in Hinwil nicht ganz überraschend, aber dennoch nicht selbstverständlich, denn schließlich hatte Villeneuve erklärt, dass er am liebsten wieder zur BAR-Honda zurückkehren würde und dass er bei Sauber um Siege fahren wird, ist bei allem Respekt vor der Arbeit der Schweizer unwahrscheinlich.

Villeneuve ist seit seiner Zeit bei BAR aber ein gebranntes Kind. Das Thema Mobbing möchte er nie mehr wieder in den Mund nehmen müssen und er will, dass seine Leistungen anerkannt werden. Deshalb wurde er sich relativ schnell mit Sauber handelseinig, wie er erklärt: "Das war das einzige Team, das mich im Vergleich zu allen anderen, mit denen ich seit März gesprochen habe, ernst genommen und mit Respekt behandelt hat. Ich wollte in ein Team ohne Politik, darüber bin ich sehr glücklich."

Der Windkanal von Sauber hat Villeneuve beeindruckt

Aber nur die fehlende Politik hat natürlich nicht den Ausschlag gegeben, dass sich der Weltmeister von 1997 für das kleine Team entschieden hat. Die Führung durch die Fabrik - vor allem der dort stehende hochmoderne Windkanal - hat Villeneuve beeindruckt: "Das hat den Unterschied ausgemacht. Natürlich ist Sauber kein Team, das im Moment an der Spitze mitfährt. Aber wir können positiv arbeiten, es ist ein zweijähriger Deal und wir haben die Zeit, Gutes zu erreichen."

Bei aller Euphorie, Jacques Villeneuve weiß von BAR, was es heißt, ein Team aufzubauen. Sauber verfügt derzeit nicht einmal über die Unterstützung eines Automobilherstellers, auch wenn der Ferrari-Motor absolut konkurrenzfähig ist und von 'Petronas' finanziert wird. Man wird schon Glück brauchen, um Rennen gewinnen zu können, gesteht Villeneuve: "Aber wenn man sich verbessert und die Arbeit Spaß macht, dann ist es großartig. Der Windkanal von Sauber ist sehr beeindruckend und ich bin mir sicher, dass man einiges erreichen kann."

Nähe zu Ferrari war kein Faktor

Natürlich ist auch die Beziehung von Sauber zu Ferrari - von der Villeneuve nach eigener Aussage nicht genau weiß, wie eng diese ist - ein heißes Eisen, schließlich kann sich der Kanadier einen Wechsel zu den "Roten" vorstellen, vor allem, wenn Schumacher zurücktritt. Doch Villeneuve versichert, dass er nicht bei Sauber unterschrieben hat, um seinen Fuß in der Türe bei Ferrari zu haben: "Das wäre die falsche Arbeitseinstellung."

Seine Motivation ist klar, er möchte BAR nach seinem Rauswurf beweisen, dass das Verhalten von Teamchef David Richards ein Fehler war. Sein Traum: Mit Sauber BAR zu schlagen: "Das wäre großartig, einfach aufgrund der Art und Weise, wie die Sache damals zu Ende ging." Gegen sein Ex-Team dürfte er schon in weniger als zwei Wochen antreten, wenn er beim Großen Preis von China Jarno Trulli ersetzt.

Villeneuve will "Revanche"

Nun ist er also zurück, Jacques Villeneuve. Topfit, weil er seit dem Saisonstart hart trainiert hat in dem Glauben, noch in dieser Saison zum Einsatz zu kommen, was sich dann ja auch bewahrheitet hat. Und er ist beeindruckt, um wie viel schneller die Autos seit einem Jahr geworden sind, "auch wenn du das im Cockpit nicht merkst, weil das Auto so gut ist", lobt Villeneuve den Renault.

Vergessen ist auch der Jacques Villeneuve, der genervt durch das Fahrerlager hetzt. Die Pause hat ihm gut getan, wie er zugibt: "Dafür muss ich mich wohl bei David (Richards; d. Red.) bedanken", grinst Villeneuve. Er ist eben ganz der Alte und wird ein Schlagzeilengarant bleiben. Renault darf sich jedenfalls über jede Menge PR freuen, da würde der Verlust des zweiten Platzes an BAR nicht ganz so schwer wiegen...