• 18.06.2005 01:50

  • von Inga Stracke

Danner: "Schalten gehört zum Autofahren"

Ex-Formel-1-Pilot Christian Danner im Interview über das Freie Training, den Bruderzwist im Hause Schumacher und die FIA-Regelvorschläge

(Motorsport-Total.com) - Im Anschluss an die beiden Freitagstrainings in Indianapolis nahm sich Christian Danner kurz Zeit, um die Themen zu besprechen, die die Formel 1 momentan bewegen. Im Interview äußerte sich der 34-fache Grand-Prix-Starter und heutige 'RTL'-Kommentator unter anderem zum Zwist zwischen Michael und Ralf Schumacher, zum Kräfteverhältnis in Indianapolis und zu den Vorschlägen, wie sich die FIA ab 2008 das Formel-1-Reglement vorstellt.

Titel-Bild zur News: Christian Danner

Christian Danner kommentiert seit Jahren alle Formel-1-Rennen für 'RTL'

Frage: "Christian, Thema des Freien Trainings war natürlich der Unfall von Ralf Schumacher. Genau dieselbe Stelle wie im Vorjahr, aber diesmal ist es zum Glück glimpflich ausgegangen..."
Christian Danner: "Es war die gleiche Kurve, aber es ist ein bisschen früher passiert als letztes Jahr. Das ist auch der Grund, weshalb es nicht so schlimm ausgegangen ist wie beim letzten Mal. Ralf hat sich doch drei- bis viermal gedreht, bevor er in die Mauer eingeschlagen ist. Das heißt, die Geschwindigkeit, mit der er die Mauer getroffen hat, war erheblich geringer als damals."#w1#

Von Super-Softies und Mikro-Bodenwellen...

Frage: "An der Stelle sind auch die Kunststoffbarrieren verbessert und erweitert worden. Redest du auch manchmal mit den Fahrern darüber, ob sie mit den Sicherheitsmaßnahmen zufrieden sind?"
Danner: "Da gibt es unter den Fahrern zwei völlig verschiedene Mentalitäten. Die Einen sagen, dass es ihnen völlig Wurst ist, weil es schon passen wird, und es gibt die Super-Softies, die jede Mikro-Bodenwelle für unzumutbar halten. Ich muss ehrlich sagen, dass ich da nicht genau hinhöre, was die Fahrer sagen, weil es da jeder gerne anders hätte."

Frage: "Ganz genau hingehört haben aber einige dabei, was Ralf über Michael Schumacher gesagt hat. Was weißt du von dieser Geschichte?"
Danner: "Ach Gott, das ist ganz einfach: Ralf hat sich halt ziemlich kritisch und ziemlich offen gegenüber Michael geäußert, hat das auch nachweislich wirklich genau so getan. Als es dann raus war, hat es ihm wahrscheinlich doch irgendwie leid getan, aber im Endeffekt ist alles genau dokumentiert, dass er es wirklich genau so gesagt hat. Jetzt sollte er besser dazu stehen. Vielleicht hat er es sich inzwischen ja wieder anders überlegt."

"Im Moment haben beide wirklich andere Sorgen"

Frage: "Michael Schumacher hat aber auch gleich nachgestichelt und gemeint, dass Ralf ja nur der kleinere Bruder sei und ohnehin etwas Besseres zu tun haben müsste. Reden die nicht mehr miteinander?"
Schumacher: "Das kann ich nicht beurteilen. Die reden sicher miteinander, glaube ich. Nur: Das Schlimmste, das der Michael dem Ralf antun kann, ist, dass er sagt, dass Ralf halt nur der kleinere Bruder ist. Aber ich glaube, dass man es bei diesem Wortgeplänkel wirklich belassen soll, denn im Moment haben beide wirklich andere Sorgen. Hoffentlich geht es Ralf so gut, dass er das Rennen fahren kann. Der Rest ist nicht so wichtig."

Frage: "Auf wen würdest du hier vor dem Qualifying tippen?"
Danner: "Räikkönen - und nachher auch! Ich tippe immer auf Räikkönen, weil das die schnellste Kombination ist, die im Moment im Feld ist. Wenn sie sich nicht wieder selbst ein Bein stellen, was sie dieses Jahr schon ein paar Mal hingekriegt haben, müsste Kimi wieder der Mann sein, den es hier zu schlagen gilt."

Frage: "Das heißt, Renault und Fernando Alonso müssen sich warm anziehen?"
Danner: "In Montréal war der Renault mindestens genauso stark wie der McLaren-Mercedes. Ob das hier der Fall ist, kann man jetzt noch nicht absehen, weil momentan noch experimentiert wird. Der Trend geht im Moment wieder dorthin, mit leichteren Autos zu fahren, um im Qualifikationstraining weiter vorne zu stehen."

Dreistoppstrategie laut Danner wieder im Kommen

"Der Erste, der das probiert hat, war der Nick Heidfeld am Nürburgring. Das hat bei ihm funktioniert. Dann kamen Button und Schumacher, die es probiert haben. Bei einem hat es funktioniert, beim anderen nicht. Aber auch bei Button hätte es funktioniert, wenn er nicht rausgeflogen wäre. Ich glaube, diese Lektion haben sich alle hinter die Ohren geschrieben: Die werden alle mit weniger Sprit fahren und leichter ins Rennen gehen. Und dann ist wieder alles gleich, dann sind wieder die Mercedes und Renaults vorne."

Frage: "Die FIA hat neue Regeln für 2008 vorgeschrieben, unter anderem Einheitsreifen und eine manuelle Schaltung. Da müssten die Jungs ja richtig arbeiten, nicht wahr?"
Danner: "Fantastisch! Ja! Schalten gehört zum Autofahren. Das finde ich ganz wunderbar. Es ist ein ganz entscheidender Punkt beim Rennautofahren, auch zu schalten. Dass das nicht über irgendwelche elektronischen Hilfsmittel geregelt wird, halte ich für eine sehr gute Idee. Allerdings würden manche Piloten auch riesige Schwierigkeiten bekommen, denn David Coulthard sagt beispielsweise, dass er sich das gar nicht mehr zutraut, mit einem Schaltknüppel zu schalten. Ich sage: Dann muss er es halt wieder lernen!"