Danner: Sauber kann Rennen gewinnen
Ex-Formel-1-Rennfahrer Christian Danner über die Chancen der elf Formel-1-Teams in der Saison 2002
(Motorsport-Total.com) - Während die Teams in diesen Tagen ihre letzten Testfahrten vor dem Saisonstart am 3. März im australischen Melbourne absolvieren, können die Formel-1-Fans in aller Welt den Start der 53. Formel-1-Saison kaum noch abwarten. Wird Ferrari erneut die Formel 1 dominieren oder rücken McLaren-Mercedes und BMW-Williams dem Weltmeisterteam aus Maranello auf die Pelle? Was kann das Sauber-Petronas-Team mit dem C21 alles erreichen und zu was ist Heinz-Harald Frentzen im Arrows-Cosworth in der Lage?

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Danner freut sich auf die am 3. März beginnende Formel-1-Saison
In einem Interview mit der Fachzeitschrift 'motorsport aktuell' erklärte Ex-Formel-1-Rennfahrer Christian Danner, was er von den elf Formel-1-Teams in diesem Jahr erwartet. Der Münchener, der heute als Fernsehkommentator tätig ist, bestritt in der Zeit von 1985 bis 1989 insgesamt 35 Formel-1-Rennen und belegte 1989 beim Grand Prix der USA in Phoenix mit seinem Rial-Ford Platz vier.
"Bei McLaren hat sich die Reifensituation gebessert"
Weltmeister Michael Schumacher wird die 2002er-Saison mit dem Vorjahresauto beginnen. Da es am F2002 offenbar Getriebeprobleme zu beklagen gibt, entschied Ferrari, beim Saisonstart auf das neue Auto zu verzichten, was Christian Danner jedoch nicht als Nachteil sieht. "Was die Zeitenverbesserung angeht, so steckt die Hauptentwicklung seit dem Zweikampf Michelin gegen Bridgestone zu 85 Prozent in den Reifen", erklärte der ehemalige Formel-1-Rennfahrer dem Fachmagazin. "Ferrari hat das vernünftig gemacht und ist mit dem alten Auto so viele Kilometer wie möglich Reifentests gefahren. Die Tatsache, dass das alte Auto dabei so konkurrenzfähig war, zeigt, dass die Entwicklungsrichtung stimmt." Deshalb sorgt sich der ehemalige Rennfahrer nicht um die Konkurrenzfähigkeit von Ferrari in Melbourne.
McLaren-Mercedes hat für die neue Saison den Reifenpartner gewechselt und fährt nun zusammen mit BMW-Williams auf Michelin-Reifen. Obwohl sich ein Team in der Regel zunächst an den neuen Reifen gewöhnen muss, fuhr McLaren-Mercedes bei den Wintertests regelmäßig Bestzeiten. "Langsam waren sie nicht", hat auch Christian Danner beobachtet, der den Wechsel von Bridgestone- auf Michelin-Reifen für richtig hält. "McLaren muss sich gesagt haben: Lieber gleichwertig mit Williams bei Michelin als Nummer zwei bei Bridgestone. So gesehen hat sich die Reifensituation für McLaren zum besseren gewendet."
Danner freut sich auf das Duell Ralf-Montoya
Auch das BMW-Williams-Team will in diesem Jahr mit um den WM-Titel kämpfen und hat dazu mit Ralf Schumacher und Juan-Pablo Montoya zwei Grand-Prix-Sieger unter Vertrag, dessen Duell in diesem Jahr mit Spannung erwartet wird. "Auch ich freue mich total auf dieses Duell", gab der 43-jährige Münchener zu. "Endlich mal wieder eine Auseinandersetzung zwischen Teamgefährten, wo ein wenig Pfeffer drin ist. Alle Zutaten dieses Zweikampfs sind einfach perfekt: Die Grundeinstellung im Team, einer solchen Rivalität freien Lauf zu lassen, die Aussagen der Chefs, die unterschiedlichen Charaktere der beiden Fahrer und deren Begabung. Sprich: sie sind gleich schnell. Das alles macht dieses Duell zu einem Leckerbissen."
Das Sauber-Petronas-Team überraschte in der Winterpause mit verblüffend guten Testzeiten. Bei einigen Tests konnten Nick Heidfeld und Neuling Felipe Massa sogar die BMW-Williams-Fahrer hinter sich halten. "Anhang der Tests und anhand der Leistungen 2001 schätze ich Sauber als extrem stark ein", hofft der WM-18. von 1986 auf einige Überraschungen der Hinwiler. "Hier und heute sind die Schweizer mit Heidfeld in der Position, Williams und McLaren Paroli zu bieten. Ich halte ihn (Heidfeld; d. Red.) sogar schon 2002 für einen potenziellen Sieger", wenn die Top-Teams Probleme haben.
Einige Zweifel hat der Ex-Grand-Prix-Fahrer unterdessen bei Felipe Massa. Der 20-jährige Brasilianer machte bei den Testfahrten immer noch einige Fehler. "Das liegt nicht daran, dass ich dem Brasilianer nichts zutrauen würde", erklärte Christian Danner seine Bedenken. "Der kann das wie vor ihm Button oder Räikkönen schaffen. Aber was, bitte, ist der Bursche bisher gefahren? Die Italienische Formel 3000, da fuhr er sehr ordentlich. Und einige Formel-1-Tests, da flog er außergewöhnlich oft raus. Ob das was wird oder nicht ? ich weiß es nicht", wartet der Bayer mit einem Urteil für den Formel-1-Debütanten noch ab.
"Wo will Honda BAR im Chassisbereich helfen?"
Eine neue Fahrerpaarung hat das Jordan-Honda-Team für 2002 verpflichtet. Neben Giancarlo Fisichella wird der Japaner Takuma Sato seine ersten Runden in einem Formel-1-Grand-Prix absolvieren. Doch ob es für die "Gelben" in diesem Jahr weit nach vorne geht, glaubt Christian Danner nicht. "Fisichella und Sato kamen mit dem alten Auto problemlos zurecht. Es gab auch einige Bestzeiten, zugegeben ohne Sprit, aber trotzdem. Seit die beiden im Neuen fahren, sind sie weit weg von Bestzeiten", erklärte der Fernsehkommentator.
Auch bei BAR-Honda ist noch kein richtiger Aufwärtstrend zu erkennen. Vielmehr scheint es bei den beiden Honda-Werksteams um den gemeinsamen Motorenpartner und einen möglichen Nummer-1-Status zu gehen. "Jordan und BAR versuchen doch, sich für Motorenpartner Honda als die attraktivere Braut darzustellen", erklärte der Ex-Rennfahrer. "Jordan hat einen japanischen Fahrer geholt, BAR versucht es mit einem japanischen Testfahrer und einer Chassiskooperation, in einer für mich nicht nachvollziehbaren Form. Denn wie soll denn Honda einem englischen Formel-1-Team im Chassisbereich helfen?"
"Renault hat das Rad nicht neu erfunden"
Wenn es nach Christian Danner geht, so wird das Renault-Team in diesem Jahr nicht die eigenen Ziele erreichen und am Saisonende um Siege kämpfen: Die Konkurrenzfähigkeit "hängt in erster Linie daran, wie eine Kombination von Technikern à la Ferrari ein Auto baut, das zuverlässig und schnell ist. Ob da die Köpfe bei Renault dafür die richtigen sind, da habe ich meine Zweifel." Auch von dem Renault-V10-Motor mit einem Zylinderwinkel von 110 Grad erwartet sich der ehemalige Formel-1-Rennfahrer keine Wunder: "Ich glaube nicht, dass Renault das Rad neu erfunden hat. Ein Motorenhersteller kann viel beitragen, aber nicht alles."
Schon zu Beginn der Testfahrten stellte das Jaguar-Racing-Team am neuen R3 ein grundsätzliches Problem am Frontflügel fest, was nach Meinung von Christian Danner auf den von Jaguar Racing verwendeten Swift-Windkanal in Kalifornien zurückzuführen ist. "Ich habe über den Swift-Windkanal mit befreundeten Ingenieuren aus den USA detailliert gesprochen und aus unabhängigen Quellen erfahren, man sollte von diesem Windkanal die Finger lassen", warnt der ehemalige Arrows-BMW-Fahrer vor dem Windkanal, weil der falsche Daten ausspuckt.
Danner hält Frentzen für stärker als Verstappen
Das Arrows-Cosworth-Team geriet vor allem durch die Verpflichtung von Heinz-Harald Frentzen Anfang Februar in die Schlagzeilen, da man so Jos Verstappen, der einen Vertrag für 2002 in der Tasche hatte, vor die Tür setzte. "Wenn Teamchef Tom Walkinshaw einen ehemaligen Grand-Prix-Sieger unter Vertrag nehmen kann, der auch in schlechten Autos ? siehe Prost ? gezeigt hat, dass er weiterhin mit Biss und Einsatz fährt, so ist seine Entscheidung völlig logisch", befürwortet Christian Danner die Entscheidung. "Ich halte Frentzen auf alle Fälle für stärker als einen Verstappen. In dem (Frentzen; d. Red.) brennt wirklich noch Feuer!"
Minardi-Asiatech hat mit Alexander Yoong und Mark Webber praktisch zwei Grand-Prix-Neulinge verpflichtet. Während der Malaysier im vergangenen Jahr drei Rennen bestritt, gibt Mark Webber in diesem Jahr sein Debüt in der Königsklasse. "Dass Webber noch keinen Grand Prix gefahren hat, beunruhigt mich nicht", stellte Christian Danner klar. "Er war in der Formel 3000 einer der Allerschnellsten und ist viele Formel-1-Test gefahren." Doch ob es dadurch mit dem kleinen italienischen Team in diesem Jahr aufwärts geht, glaubt der ehemalige Rennfahrer nicht. "Stoddarts Problem hier ist, dass sein Team zwar besser wird, die anderen Grand-Prix-Teams aber leider auch."
Danner hätte an Toyotas Stelle Wurz und Frentzen verpflichtet
Mit Spannung wird das Debüt von Toyota am 3. März in Melbourne erwartet. Während die Japaner sich für das Rennen qualifizieren wollen, sehen andere den in Köln beheimateten Rennstall als Geheimfavoriten. "Die werden einen soliden Auftritt zeigen", glaubt Christian Danner, der zwar Allan McNish die Formel-1-Chance gönnt, als Teamchef aber andere Fahrer verpflichtet hätte. "Gewiss hat ein Alexander Wurz auf eine Chance bei McLaren-Mercedes gelauert, aber so einen Mann hätte ich geholt. Und den Heinz-Harald Frentzen gleich dazu."

