Coulthard: Positives Zeugnis für neue Regeln

Wieso David Coulthard froh ist, dass das Überholspektakel in Melbourne ausblieb und warum er keinen Durchmarsch Vettels erwartet

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 wird immer komplizierter. Durch die neuen Regeln müssen die Zuschauer Überholhilfen wie KERS und den verstellbaren Heckflügel verstehen, die Pirelli-Reifen sorgen zudem für viele Boxenstopps und weniger Übersicht. David Coulthard hält dies nicht grundsätzlich für eine schlechte Sache, wie er in seiner Kolumne im 'Telegraph' erklärt: "Selten zuvor haben die technischen Änderungen an den Formel-1-Autos für so eine breite Diskussion gesorgt wie im Vorfeld dieser Saison. Das ist großartig. Wenn diese Fans die Formel 1 aber auch weiterhin verfolgen sollen, dann müssen die neuen Regeln funktionieren und die Show verbessern."

Titel-Bild zur News: David Coulthard

David Coulthard sieht Potenzial im neuen Reglement und rechnet mit Spannung

War das der Fall? Coulthard ist jedenfalls nicht der Meinung, dass der Grand Prix von Australien 2011 zu den spannendsten Rennen in der Geschichte des Albert Parks zählt: "Es war nicht typisch Down Under, obwohl es kein schlechtes Rennen war." Damit erteilt er den neuen Regeln aber keineswegs eine Absage: "Ich habe genug gesehen, um davon auszugehen, dass es dieses Jahr noch einige tolle Rennen geben wird. Was die drei großen Veränderungen - Reifen, KERS und Heckflügel - angeht, würde ich vorsichtig den Daumen hoch halten."

Heckflügel sorgt für mehr Zweikämpfe

Die Angst vor Boxenstopp-Orgien und enormem Reifenverschleiß hat sich nicht bewahrheitet. Coulthard ist darüber froh: "Das hätte es für die Zuschauer unmöglich gemacht, dem Rennverlauf zu folgen." Doch die Leistung von Sergio Perez, der völlig überraschend mit nur einem Stopp über die komplette Distanz kam, erteilt den Teams nun einen Denkzettel: "Das ist jedem aufgefallen und alle müssen sich jetzt noch einmal zusammensetzen. Entgegen aller Erwartungen könnte es bei gewissen Rennen nur einen Stopp geben."

Über den verstellbaren Heckflügel, der in Melbourne seine Premiere feierte, möchte der Mercedes-DTM-Pilot noch kein finales Urteil abgeben: "Er hat nicht so viele Überholmanöver verursacht, wie wir uns erwartet hatten. Das war aber vielleicht besser, als hätten wir viele gehabt." Der Schotte argumentiert: "In der ersten Kurve im Albert Park ist es sehr schwierig zu überholen. Ich rechne in der ersten Kurve in Malaysia mit mehr Überholmanövern. In Sepang werden wir insgesamt ein repräsentativeres Rennen sehen."

"Ich rechne in der ersten Kurve in Malaysia mit mehr Überholmanövern." David Coulthard

Coulthard ist aber der Meinung, dass sich das System zumindest als leichter Fortschritt erwiesen hat: "Ein paar Mal hat es auf jeden Fall funktioniert. Auch wenn ein Fahrer nicht wie erhofft überholen konnte, kam er zumindest so nahe ran, dass es für einen Zweikampf gereicht hat."

Coulthard kein KERS-Fan

Ein durchwachsenes Zeugnis stellt er dem wiedereingeführten Energie-Rückgewinnungs-System KERS aus: "Das war vielleicht die am wenigsten erfolgreiche der drei Neuerungen. Sieger Red Bull hat das System an diesem Wochenende nicht einmal verwendet, daher ist ganz klar kein Muss. Es wird eher eine strategische Entscheidung, ob man es einsetzt." Dieser Ausgangssituation kann er wenig abgewinnen: "Ich verstehe Fans, die sich beim Gedanken unwohl fühlen, dass unterschiedliche Autos mit unterschiedlichen Abstimmungen fahren."

Abschließend gibt es noch Lob für seinen Red-Bull-Nachfolger Sebastian Vettel, auch wenn er nicht mit einem Durchmarsch des Weltmeisters rechnet: "Er war in unbändiger Form. Wenn man aber die kürzliche Auferstehung von McLaren bedenkt, dann wird es nicht immer so laufen. Auch Ferrari hat seine wahre Stärke nicht gezeigt. Das verspricht eine spannende Saison. Hoffen wir, dass die neuen Regeln dazu einen zusätzlichen Beitrag leisten werden."

"Wenn man die kürzliche Auferstehung von McLaren bedenkt, dann wird es für Vettel nicht immer so laufen." David Coulthard