Coulthard: "Das erinnert mich an Mansell und Senna"

Auf welches Team man in China achten sollte, was Coulthard an die 1980er Jahre erinnert und wieso er glaubt, dass Alonso Hamilton bei der Rennleitung verraten hat

(Motorsport-Total.com) - David Coulthard sieht die Formel 1 seit diesem Jahr aus einem anderen Blickwinkel. Gemeinsam mit Martin Brundle kommentiert er die Rennen für die 'BBC', wodurch seinem wachsamen Auge noch weniger entgeht als in den vergangenen Jahren. Das ist auch notwendig, denn die Rennen der Saison 2011 verlaufen bisher um einiges turbulenter als in der Vergangenheit.

Titel-Bild zur News: David Coulthard

Coulthard ist auch nach seiner Formel-1-Karriere Stammgast im Fahrerlager

"Die Formel 1 2011 hat uns bisher gelehrt, dass in diesen Rennen unglaublich viel passiert", fällt auch Coulthard auf. "Vielleicht zu viel für den normalen Betrachter, aber für uns Hardcore-Fans ist es großartig, denn man muss das Geschehen wirklich genau verfolgen, um es so richtig genießen zu können."

Coulthard führt hektische Rennverläufe wie in Malaysia aber auch darauf zurück, dass die Teams noch nicht herausgefunden haben, wie man mit den neuen Reifen und Regeln am besten umgeht. "Im Laufe der Saison wird das Muster der Strategien immer klarer werden", vermutet der ehemalige Red-Bull-Pilot. "Ich habe aber kein Problem mit all diesen Boxenstopps, aber manche Leute kann man nie zufrieden stellen - sie finden, dass es jetzt zu viele Stopps sind."

Erinnerungen an die 1980er Jahre werden wach

Dem Vize-Weltmeister 2001 ist auch aufgefallen, dass die Rundenzeiten im Rennen enorm schwanken - ein Phänomen, das ihm bekannt vorkommt: "Es erinnert mich an die 1980er Jahre, als Nigel Mansell oder Ayrton Senna an die Box kamen und neue Reifen abholten, damit extrem viel Zeit gutmachten und ihre Rivalen wieder überholten. Es fühlt sich so an, als hätten wir einen Schritt in der Zeit zurück gemacht. Dadurch ist das Rennen nach den Boxenstopps noch lange nicht vorbei, was früher oft der Fall war."¿pbvin|512|3596||0|1pb¿

"Es fühlt sich so an, als hätten wir einen Schritt in der Zeit zurück gemacht." David Coulthard

Der Grand Prix von Malaysia geizte auch nicht mit Zwischenfällen - einer der Höhepunkte war die Kollision der ehemaligen Stallrivalen Fernando Alonso und Lewis Hamilton. "Es sah so aus, als hätte Fernando einfach ein bisschen Abtrieb verloren. Als er rechts an Lewis vorbeigehen wollte, driftete er nach links", schildert Coulthard seine Sicht des Unfalls. "Fernando hat beim Heranfahren einen Berechnungsfehler gemacht", urteilt er. "Du willst so lange wie möglich im Windschatten bleiben, aber du riskierst dabei, deinen Frontflügel kaputt zu machen."

Am Ende brummten die Rennkommissare beiden Piloten eine 20-Sekunden-Strafe auf - Hamilton soll angeblich davor mehrmals die Spur gewechselt haben. "Ich muss zugeben, dass ich Lewis' zweifaches Spurwechseln nicht gesehen habe", gesteht Coulthard. "Aber ich muss annehmen, dass es für die Rennkommissare ausgereicht hat, um dieses Urteil zu fällen. Und dass sie Fernando darauf hingewiesen hat. Er und Lewis sind bekanntlich nicht die besten Freunde."

Coulthard von Renault-Starts begeistert


Fotos: Großer Preis von China


Beeindruckt zeigt sich der nunmehrige DTM-Pilot vor allem von den tollen Starts der Renault-Piloten, die sich in Sepang bis zur ersten Kurve beinahe an die Spitze gesetzt hatten. "Darauf sollte man auch in Schanghai wieder achten", sagt Coulthard und erinnert sich: "In diesem Bereich waren sie historisch gesehen dank ihrer hecklastigen Gewichtsverteilung schon immer gut. Die Regeln haben sich aber geändert und dieses Schlupfloch wurde geschlossen. Es könnte also an der Charakteristik des Drehmoments ihres Motors liegen, vielleicht ist das Auto auch mechanisch sehr weich eingestellt und hat eine günstige Niveauregulierung, wenn sich die Geschwindigkeit erhöht."

"Heidfeld hat den Ruf, gut aber nicht großartig zu sein." David Coulthard

Auch von der Leistung Nick Heidfelds zeigte sich Coulthard angetan: "In Melbourne ist er nicht aufgefallen und er hat den Ruf, gut aber nicht großartig zu sein. Das war aber mit Sicherheit eine großartige Leistung von ihm." Der Abflug von Heidfelds Teamkollegen Witali Petrow wirft beim Schotten hingegen Fragen auf: "Ich verstehe nicht, warum er bei dieser hohen Geschwindigkeit so eine weite Linie gefahren ist. Das war das Risiko doch nicht wert. Das ist doch blindes Vertrauen, solange man die Auslaufzone nicht genau kennt. Und er hat den größten Hügel auf dem Kurs gefunden."

Mercedes: Heckflügel als Vorteil?

Mercedes bleibt für Coulthard ein unberechenbares Team. Angesichts der langen Gegengerade müsste die Truppe um Teamchef Ross Brawn aufgrund des äußerst effizient angelegten verstellbaren Heckflügels einen Vorteil haben, aber der Mercedes-DTM-Fahrer hat Zweifel: "Man hört, dass ihr Flügel viel aggressiver funktioniert als bei den Rivalen und dass sie damit eine enorme Höchstgeschwindigkeit herausholen können. Sie haben aber das Problem, dass der Luftstrom nicht schnell genug auf den Flügel geleitet wird, wenn man ihn wieder steiler stellt."

"Man hört, dass der Mercedes-Heckflügel viel aggressiver funktioniert als bei den Rivalen." David Coulthard

Ganz allgemein rechnet er in China mit geringeren Abständen zwischen den Autos als in Malaysia: "Die Strecke ist in vielen Bereichen einfacher als Malaysia, und ich rechne damit, dass sich das Feld nicht so stark ausdehnt. Wenn deine Balance in Sepang nur leicht daneben liegt, dann verlierst du gleich irrsinnig viel Rundenzeit. Das liegt daran, dass man in den Kurven beim Bremsen gleichzeitig lenkt."