Calado: Monza als Beginn der Formel-1-Karriere?

In Monza bekommt James Calado an diesem Wochenende die Chance, sein Können im Force India zu zeigen: Weitere Einsätze und ein Renncockpit nicht ausgeschlossen

(Motorsport-Total.com) - Für James Calado bricht in Monza ein stressiges Wochenende an. Neben seinen Aktivitäten in der GP2, wo sich der ART-Pilot noch mitten im Meisterschaftskampf befindet, soll der Brite auch am Freitag für Force India im Einsatz sein. Im ersten Freien Training wird der Brite aller Voraussicht nach im VJM06 Platz nehmen und sein Debüt im Rahmen eines Formel-1-Wochenendes geben. Dass er ausgerechnet in Monza seinen ersten Einsatz haben darf, findet er dabei sogar von Vorteil.

"Es ist ein guter Start für mich, weil die Formel 1 dort sehr niedrige Abtriebslevel fährt - ähnlich wie in der GP2. Also wird der Sprung nicht ganz so groß sein, wie in Silverstone oder Monaco", erklärt der 24-Jährige gegenüber 'Sky Sports F1'. Dabei weiß Calado eigentlich schon, wie es ist, mit einem Formel-1-Boliden um den traditionsreichen Kurs von Silverstone zu heizen, denn dort gab der Brite in diesem Jahr sein Testdebüt für die Truppe von Vijay Mallya.

"Es war ziemlich nervenaufreibend", erinnert sich Calado an den Young-Driver-Test, "denn es war das erste Mal, dass ich wirklich ein Formel-1-Auto gefahren bin. Aber am Ende des Tages denke ich, dass ich einen einigermaßen guten Job gemacht habe und sie beeindrucken konnte. Kurz darauf wurde entschieden, dass ich ihr Reservefahrer sein werde." Der Deal als dritter Fahrer bei Force India gilt erst einmal nur für die laufende Saison.

Weitere Einsätze in Planung

Die Ausfahrt in Monza soll daher nicht die einzige bleiben. Doch ob und wo der GP2-Pilot noch einmal zum Einsatz kommt, steht derzeit noch nicht fest. Viel hänge auch vom Kampfverlauf gegen McLaren ab, meint Calado. Force India kämpft schon das ganze Jahr gegen die Chrompfeile um den fünften Platz bei den Konstrukteuren. Seit dem Rennen in Spa-Francorchamps hat die Truppe aus Woking die Nase wieder leicht vorne - und wenn es eng zugeht, dann brauchen wohl die Stammfahrer am Freitag ihre Einsatzzeit.

James Calado

In Silverstone konnte der Brite das Team von seinem Talent überzeugen Zoom

"Aber ich hoffe auf Abu Dhabi, Brasilien und Südkorea - Orte wie diese", schaut sich der aktuell Fünfte der GP2-Serie nach weiteren Einsätzen um. Lediglich in Singapur und Abu Dhabi hält die Nachwuchsserie nach dem Europafinale noch Rennen ab, bei allen anderen Grands Prix könnte sich der 24-Jährige voll auf die Arbeit in der Formel 1 konzentrieren, denn dort folgt nach einem Training in der Regel eine ordentliche Analyse. Da aber 30 Minuten nach den Formel-1-Boliden auch die GP2-Autos in ihr Training starten, bleibt da wohl kaum Zeit für.

Fraglich ist, ob sich Calado mit der Ablenkung im Titelkampf der GP2 einen Gefallen tut, denn laut Reglement haben die Nachwuchspiloten nur 30 Minuten Zeit, sich auf die Qualifikation einzuschießen - und auch der Brite weiß, dass zwischen den beiden Formelserien ein gewaltiger Sprung herrscht. "Die Autos sehen gleich aus und haben ähnliche Power, aber die Formel 1 ist rund acht bis zehn Sekunden pro Runde schneller. Vieles davon kommt vom schieren Abtrieb und den Kurvengeschwindigkeiten."

Formel 1 vs. GP2: Der Unterschied ist gewaltig

Doch Calado selbst sieht die Sache als persönlichen Vorteil: "In der heutigen Zeit brauchst du so viel Zeit in einem Auto wie möglich, und wenn du gut genug bist, dann kannst du dich auch schnell genug anpassen", hält er die Umgewöhnung auf den GP2-Boliden für machbar. "Ich bin sicher, dass es nach zwei oder drei Runden kein Problem mehr sein wird und ich gleich wieder auf Pace bin." Andersherum hat es für den Teamkollegen von Daniel Abt aber deutlich länger gebraucht, bis er sich an die Geschwindigkeiten der Formel 1 gewöhnt hat. "Während der ersten drei Runden konnte ich nicht glauben, was ich da fahre", lacht er. "Ich war komplett außerhalb meiner Komfortzone."

James Calado

Nach seinem Sieg in Spa ist der Titelkampf für Calado in der GP2 wieder offen Zoom

Für Leute, die sich das Gefühl nicht vorstellen können, beschreibt es der Force-India-Testfahrer mit einer Situation aus dem Straßenverkehr: Wenn man nicht mehr auf sein Umfeld achtet, und plötzlich der Verkehr vor einem zum Stehen kommt und man eine Vollbremsung hinlegt. "In der Formel 1 ist es das gleiche Gefühl. Doch anstatt gleich auf die Bremse zu treten, zählt man bis zwei, bevor man es tut. So viel Grip haben diese Fahrzeuge." Am Ende des Testtages haben ihm nur zwei Zehntelsekunden auf die Zeit von Paul di Resta gefehlt - und die Testanstellung war besiegelt.

Für 2014 hofft Calado, dass er den nächsten Schritt gehen kann und als Stammfahrer in die Fußstapfen von Adrian Sutil oder Paul di Resta treten darf. Dafür muss der 24-Jährige auch in der GP2 noch beweisen, dass er das Zeug dazu hat. Als Fünfter befindet er sich punktemäßig noch innerhalb eines Rennsieges zum aktuell Führenden. Der GP2-Titel würde den Formel-1-Ambitionen noch einmal Auftrieb verleihen, doch dass das keine Garantie für die Königklasse ist, musste in dieser Saison Davide Valsecchi einsehen.

Calados Vorteil: Mallyas Fahrerpolitik

Der Italiener wurde 2012 Meister in der höchsten Nachwuchsserie, fand aber nur eine Anstellung als Testfahrer bei Lotus. "Um ehrlich zu sein, war es aber schon Valsecchis viertes Jahr, also wurde der Sieg von ihm erwartet", will sich Calado, der in seinem zweiten Jahr unterwegs ist, keinem Vergleich unterziehen. "Wenn man so lange braucht: Ist man dann gut genug? Das ist die Frage..."

"Die Idee ist, dass sie mich evaluieren können, und wir dann unsere Optionen für 2014 besprechen." James Calado

"Letztendlich ist jemand wie Valsecchi ein sehr guter Fahrer, der wahrscheinlich einen Platz in der Formel 1 verdient", glättet der Brite noch einmal die Wogen. "Aber es ist alles sehr politisch und geldorientiert. Man muss schon außergewöhnlich sein, um es allein mit Talent zu schaffen." Da kommt dem ART-Piloten bestimmt zugute, dass sich Force-India-Teamchef Vijay Mallya jüngst dahingegen geäußert hat, dass er weiterhin auf Talent statt einem dicken Sponsorenpaket setzen will.

Als dritter Fahrer beim Team aus Silverstone befindet sich Calado in einer guten Position. Von dort aus haben alle seine Vorgänger bislang den Sprung in die Königsklasse geschafft - egal ob Vitantonio Liuzzi, Paul di Resta, Nico Hülkenberg oder Jules Bianchi. Calado möchte der nächste in der illusteren Runde werden, die Rolle als Freitagstester kommt da gerade recht: "Die Idee der Sache ist, dass sie mich evaluieren können, und wir dann unsere Optionen für 2014 besprechen."

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