• 05.11.2010 17:42

  • von Britta Weddige

Button: "Natürlich bin ich noch hungrig"

Jenson Button und die Bilanz seiner ersten McLaren-Saison: Von neuer Selbstsicherheit, wichtigen Siegen und dem Spa-Rammstoß von Sebastian Vettel

(Motorsport-Total.com) - São Paulo wird für Jenson Button immer eine besondere Rennstrecke bleiben. Im vergangenen Jahr holte er dort mit Brawn seinen ersten Weltmeistertitel. Und nun, ein Jahr später, könnten ausgerechnet auf der brasilianischen Strecke seine Hoffnungen auf die Titelverteidigung ein Ende finden. Der McLaren-Pilot hat zwar noch rechnerische Chancen, aber je nach Rennausgang könnte am Sonntag alles für ihn vorbei sein. Natürlich hofft er, dass er weiter im Rennen um die Krone bleibt - und zieht derweil eine Bilanz des vergangenen Jahres.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button will 2011 wieder angreifen, wenn es dieses Jahr nicht klappt

Gerne erinnert sich Button an das Brasilien-Wochenende 2009, bei dem ihm in fünfter Platz zum vorzeitigen Titelgewinn reichte. "Es war voller Emotionen. Und mein Teamkollege war Brasilianer! Ich glaube, dass es jeder Fahrer mit einem brasilianischen Teamkollegen hier in Brasilien schwer hat. Die Fans sind sehr patriotisch, sie stehen voll hinter ihren Lokalmatadoren", wird Button von 'Autosport' zitiert. "Von daher hatte ich nicht viel Unterstützung. Aber das Schöne war, dass die brasilianischen Fans mir nach dem Rennen applaudiert haben. Sie lieben ihren Sport, und ich verstehe, dass sie ihre Fahrer unterstützen."

Der Titelgewinn habe ihn wesentlich selbstsicherer gemacht, so Button. Etwas zu erreichen, was man sich seit seiner Kindheit wünscht, verändere einen Menschen: "Ich habe viel mehr Vertrauen in meine Fähigkeiten, und ich traue mir auch eher zu, Entscheidungen zu treffen - und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Im vergangenen Jahr wäre ich vielleicht noch nicht so selbstsicher gewesen. Außerdem glaube ich, dass die Leute viel mehr auf deine Meinung hören, wenn man erreicht hat, was ich erreicht habe."

Eine wichtige Entscheidung traf er dann im Winter, nämlich von Brawn zu McLaren zu wechseln. Dafür steckte er einiges an Kritik ein, begab er sich doch direkt in die Höhle des Löwen rund um Lewis Hamilton. Dort könne er nur den Kürzeren ziehen, wurde ihm prophezeit. Doch Button konnte sich schnell in das Team integrieren, schneller, als er selbst erwartet hatte.

Jenson Button, Lewis Hamilton

In die Höhle des Löwen: Button nach seinem Wechsel zu McLaren Zoom

"Es ist ein tolles Team, das seine Fahrer enorm unterstützt. Damit hätte ich gar nicht so gerechnet, als ich dort hin gewechselt bin", bekennt er. "Sie hören wirklich auf das, was der Fahrer zu sagen hat, und das ist unheimlich wichtig." Seine frühen Siege bei schwierigen Bedingungen in Australien und China hätten zudem dazu beigetragen, seine Position im Team zu festigen: "Manche mögen sagen, dass ich bei meinem Sieg in Australien Glück hatte. Aber drei Wochen später in China ist mir das wieder gelungen - so viel Glück kann man gar nicht haben!"

Zu seinen Saisonhighlights zählt Button auch sein Heimrennen in Silverstone: "Ich habe es zwar nicht auf das Podium geschafft. Aber es hat mir Spaß gemacht, auf einer Strecke, auf der man nur schwer überholen kann, von Platz 14 bis auf Rang vier zu fahren. Das war definitiv ein Britischer Grand Prix, an den ich mich erinnern werde."

Dagegen sei Barcelona das Rennen gewesen, das ihn am meisten frustriert hat: "Das Qualifying war nicht so toll, und dann hing ich hinter Michael Schumacher fest, was mein Rennen komplett ruiniert hat. Ich wurde nur Fünfter und hätte wesentlich weiter vorn landen können, unser Pace war sehr gut."

¿pbvin|512|3256||0|1pb¿Über einen anderen Deutschen musste sich Button dann in Spa ärgern: Sebastian Vettel beförderte ihn mit einem Rammstoß aus dem Rennen. "Spa war frustrierend, weil ich selbst nicht den geringsten Fehler gemacht habe. Sondern es war ein Gegner, der den Fehler gemacht hat. Es war noch nicht einmal ein Überholversuch, der uns aus dem Rennen geworfen hat - und er konnte weiterfahren! Dort habe ich viele Punkte verloren."

Er selbst habe dagegen in den Rennen keine groben Fehler gemacht. "Im Qualifying schon manchmal, was mich Zeit gekostet hat. Und mit dem Setup haben wir manchmal die falsche Richtung eingeschlagen. Aber was die Rennen angeht - nein, ich denke, da habe ich keine Fehler gemacht", bilanziert Button. Er weiß auch um die Kritik, dass er manchmal mehr pushen sollte. Doch er betont, dass er mit seiner Herangehensweise 2009 den Titel gewonnen hat: "Und ich denke, dass Fernando Alonso mir zustimmen würde, dass auch er über die Konstanz Weltmeister geworden ist."

Jenson Button, Sebastian Vettel

In Spa wurde Button von Sebastian Vettel aus dem Rennen geworfen Zoom

Man müsse das richtige Maß zwischen Risiko, Angriff und Umsicht finden, so Button: "Wenn sich eine Möglichkeit zum Überholen bietet, nutze ich sie. Aber man muss seine Manöver trotzdem abwägen. Wenn du denkst, dass du daneben fährst und sich vielleicht die Räder berühren, versuchst du es. Wenn du aber denkst, dass du dem Auto vor dir in die Seite fährst, lässt du es. Du kennst deine Grenzen. Du wirst nicht plötzlich verrückt und sagst: 'Alles oder nichts'. Deshalb sind wir gut, in dem was wir tun."

Und Button glaubt, dass konstantes Punktesammeln auch in dieser Saison der Schlüssel zum Titel sein wird. Da die Autos zuverlässiger werden und die Topfahrer weniger Fehler machen, kann einen jede Nullnummer enorm zurückwerfen. "Wenn Red Bull die Pace, die sie im Qualifying haben, in Ergebnisse umgesetzt hätten, dann hätten sie schon vor drei Rennen 150 Punkte mehr als alle anderen gehabt. Das zeigt, dass es selbst mit dem schnellsten Auto manchmal schwierig ist, Weltmeister zu werden. Wenn du einen Fehler machst, verlierst du so viele Punkte", gibt der McLaren-Pilot zu bedenken.

Für ihn selbst könnte das Titelrennen am Sonntag gelaufen sein - doch dann will er sich 2011 zurückmelden. Im McLaren stecke noch viel Potenzial erklärt er. Und Button selbst will sich nicht auf den Lorbeeren seiner WM-Krone von 2009 ausruhen. "Ich bin entspannt, aber nicht auf eine negative Art. Ich bin entspannt, weil ich mein Ziel erreicht habe. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht mehr hungrig auf Siege bin", betont er. "Wir alle wollen gewinnen. Das ändert sich nie. Ich denke, wenn man nicht mehr hungrig ist, ist es an der Zeit, aufzuhören. Denn dann kann es gefährlich werden."