• 16.03.2010 08:58

  • von Stefan Ziegler & Dieter Rencken

Boullier: Die Geschwindigkeit macht Mut

Renault verpasste die Punkteränge in Bahrain nur mit viel Pech: Teamchef Eric Boullier schöpft aus der Leistung in der arabischen Wüste reichlich Zuversicht

(Motorsport-Total.com) - In der Qualifikation zum Großen Preis von Bahrain zählte das Renault-Team zu den großen Überraschungen, konnte tags darauf aber nicht von der guten Ausgangslage profitieren: Robert Kubica wurde schon in Kurve eins in einen Zwischenfall verwickelt und fiel zurück, Vitaly Petrov musste sein Auto bereits nach wenigen Runden mit einer kaputten Vorderrad-Aufhängung abstellen.

Titel-Bild zur News: Eric Boullier

Briatore-Nachfolger: Eric Boullier ist der neue Teamchef bei Renault

Teamchef Eric Boullier zieht aus diesem Grund ein eher gemischtes Fazit, ist aber durchaus angetan von der Geschwindigkeit des Renault-Pakets. "Das stimmt und natürlich zufrieden, vom Rennverlauf sind wir hingegen sehr enttäuscht", gibt der Franzose zu Protokoll. "Der Crash in der ersten Kurve hat sämtlichen Erwartungen von Robert ein jähes Ende gemacht. Dennoch hat er nicht aufgegeben."#w1#

"Er hat anschließend ein starkes Rennen hingelegt und hatte eine gute Geschwindigkeit. Es ist eine tolle Leistung, sich von ganz hinten noch auf den elften Rang nach vorne zu arbeiten", findet Boullier, dem auch der Auftritt von Formel-1-Debütant Petrov gefallen hat - auch wenn dieser in Anbetracht der Umstände sehr kurz ausfiel. "Sein Rennen war insgesamt gesehen natürlich ebenfalls frustrierend."

Doch Boullier hat bereits auf den ersten Metern einige wichtige Beobachtungen gemacht: "Vitaly hatte einen sehr guten Start. Am meisten hat mich an ihm aber beeindruckt, dass er die Geschwindigkeit hatte. Er konnte mit Barrichello mithalten und war schneller als die beiden Sauber-Autos. Damit war ich sehr zufrieden", so das französische Teamoberhaupt. Die Zwischenbilanz ist also positiv.


Fotos: Renault, Großer Preis von Bahrain


Die Entwicklung wird nochmals forciert

Das Fahrerduo scheint sich gut zu verkaufen und auch die Basis des R30 ist offenbar recht gut - sind das die ersten Früchte der veränderten Entwicklungsrichtung? Boullier bejaht: "Wir haben im Winter eine etwas andere Herangehensweise gewählt. Wir haben uns viel mehr auf die Zuverlässigkeit konzentriert und auch auf die Rennbasis", erläutert der Teamchef des Renault-Rennstalls.

"Uns war klar, dass wir unsere Aerodynamik nicht rechtzeitig bereit haben würden. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschlossen, den Fokus auf andere Dinge zu legen", so Boullier. "Jerez lief recht gut für uns, aber als die anderen Teams ihre Updates an die Teststrecke brachten, waren wir in Barcelona etwas weiter unten im Klassement. Ich bin aber dennoch sehr zufrieden."

"Uns war klar, dass wir unsere Aerodynamik nicht rechtzeitig bereit haben würden." Eric Boullier

"Im Hinblick auf 2009 ist es uns nämlich gelungen, die Lücke zu den Top-4-Teams zu schließen", findet Boullier und nimmt die Hackordnung von Bahrain unter die Lupe: "Ferrari und Red Bull liegen klar vor uns, McLaren hingegen nicht zu sehr. Mercedes ist ebenfalls nicht weit weg", sagt der Franzose und gibt weitere Top-10-Platzierungen als Zielsetzung für die kommenden Rennen aus.

Renault will am Motor nachbessern

"Wir haben uns einer aggressiven Entwicklungspolitik verschrieben, denn wir wollen konstant in die Punkteränge fahren. Wir möchten in der ersten Saisonhälfte im Abstand von einem oder zwei Rennen einige Updates bringen", kündigt Boullier an. Dazu gehören auch gewisse Modifikationen an den Motoren im Heck des R30 - Renault hat diesbezüglich bereits bei den FIA-Vertretern vorgesprochen.

"Die meisten unserer Anfragen wurden positiv beantwortet", hält Boullier fest und fügt an, dass man als Motorenhersteller ohnehin stets darum bemüht sei, die Aggregate an die neuen Gegebenheiten im Auto anzupassen - im Rahmen der Möglichkeiten, die das Reglement einem biete. Neue Wege wurden den Teams in Bahrain auch in Bezug auf den "Schnorchel" des McLaren-Teams aufgezeigt.

"Die meisten unserer Anfragen wurden positiv beantwortet." Eric Boullier

Nachdem die FIA diese Konstruktion für legal befunden hat, will sich auch Renault mit einer solchen Anlage beschäftigen, wie Teamchef Boullier erläutert: "Wir haben nun ein paar neue Ideen, die wir uns anschauen können. Wir werden sicherlich die eine oder andere Nachforschung im Windkanal anstellen", sagt Boullier, der das Urteil der Rennkommissare anstandslos akzeptiert.

Die Formel-1-Show auf dem Prüfstand

"Dazu muss man festhalten: Regeln werden aufgestellt, damit man sie interpretieren kann", erklärt das französische Teamoberhaupt und fügt an: "Jedes Team interpretiert das anders. Unserer Ansicht nach ist eine solche Modifikation nicht legal. Die FIA hat aber die Sporthoheit und ihrem Urteil fügen wir uns. Damit haben wir keinerlei Probleme", so Boullier. Und wie ist es um das Rennformat bestellt?

Nach dem Großen Preis von Bahrain waren nicht alle Formel-1-Funktionäre zufrieden damit, wie sich das Spektakel auf der Strecke gestaltet hat. Boullier bittet um Verständnis: "Es ist nicht einfach, eine perfekte Show aufzuziehen. Dabei muss man auch das jeweilige Streckenlayout berücksichtigen. Das kann eine Hilfe sein oder auch nicht", gibt der Renault-Teamchef diesbezüglich zu Protokoll.

"Es ist nicht einfach, eine perfekte Show aufzuziehen." Eric Boullier

"Es wird jedenfalls interessant sein, wie sich diese Geschichte entwickelt", so Boullier. Ob zwei Pflicht-Boxenstopps das Allheilmittel sind, weiß er nicht zu sagen: "Ich bin nicht so sicher, ob das dem Spektakel wirklich helfen würde", meint der Franzose. "Vielleicht könnte man sich überlegen, einen größeren Unterschied bei den Reifenmischungen zu haben. Das könnte die Show verbessern."