• 15.03.2010 18:14

  • von Roman Wittemeier

Head: Der Flug als Fluch

Williams-Urgestein Patrick Head mal ganz anders: Die lästigen Flüge, die langweiligen Rennstrecken, die langsamen Autobahnfahrten

(Motorsport-Total.com) - Patrick Head wird oft als grantelnder Teamverantwortlicher dargestellt, der den Charme des früheren Fußballtrainers Ernst Happel zu Glanzzeiten noch unterbieten könnte. Doch der Brite kann auch anders. Head ist seit 1977 an der Seite von Frank Williams im Motorsport aktiv, nachdem er sich ursprünglich für Schiffsbau interessiert hatte. In den vielen Jahren im Formel-1-Zirkus hat sich der 63-Jährige stets durchgebissen, auch wenn es offenbar manchmal schwer fiel.

Titel-Bild zur News: Patrick Head (Teammitbesitzer)

Jede Menge Erfahrung: Patrick Head ist ein echtes Urgestein im Formel-1-Zirkus

"Am liebsten hätte ich Teleportation", sagt der erfahrene Formel-1-Techniker, der in seiner Karriere mehr Bonus-Flugmeilen gesammelt hat als die Spieler des FC Bayern München zusammen. "Für mich ist das Fliegen ein lästiges Übel. Ich mag keine Wartezeiten und noch weniger mag ich die Gepäckaufgabe. Am schlimmsten wird es immer dann, wenn ich einen neuen Flügel im Handgepäck mitnehmen muss. Aber das gehört eben manchmal dazu."#w1#

Selbst die nette Versorgung durch hübsche Stewardessen während der Flüge könne ihn kaum begeistern. "Ich habe kein Auge für so etwas", sagt Head im unterhaltsamen Williams-Podcast. "Für mich geht es immer nur darum, den Flug irgendwie zu überleben." Der 63-Jährige wird demnach ein hartes Jahr erleben. Abgesehen von Silverstone (für Head per Auto erreichbar) drohen ihm 18 Flüge zu den Formel-1-Rennen.

Die Reisen an sich wären für Head weniger ein Problem, wenn wenigstens die Attraktivität der Schauplätze gegeben wäre. "Die Strecken gleichen sich doch immer mehr", so der Williams-Teilhaber. "Wir waren früher an Orten wie Mosport, Watkins Glen oder Anderstorp. Das waren einfach unterschiedliche Orte mit wirklich einzigartigen Layouts und besonderem Flair."

"Hermann Tilke hat auch einen Boss und bekommt seine Anweisungen von dort." Patrick Head

"Es ist alles ein bisschen langweiliger geworden", sagt der Brite. Aber er fügt auch hinzu: "Wahrscheinlich können die Streckenlayouts bei unseren heutigen Sicherheitsansprüchen gar nicht großartig anders sein. Aber ich finde trotzdem, dass manchmal Kleinigkeiten viel ausmachen können. Früher waren die Motorhomes in Silverstone alle dicht an dicht auf einer Wiese und man konnte abends mal auf ein Bier zu anderen herübergehen. Das ist leider nicht mehr so."

"Dass sich die Streckenführungen und auch die gesamten Anlagen immer mehr ähneln ist negativ", stellt Head klar. Man könne nicht den deutschen Streckendesigner Hermann Tilke allein für diesen Trend verantwortlich machen: "Hermann Tilke hat auch einen Boss und bekommt seine Anweisungen von dort. Ich spreche dabei von Bernie Ecclestone. Der macht die Vorgaben."

Eben diese Vorgaben beim Bau der neuen Rennstrecken seien die Wurzel für ein großes Übel, sagt der Williams-Teilhaber. "Die neuen Strecken sollen auf einer begrenzten Fläche möglichst lang sein. Das führt dazu, dass sich der Kurs mäanderartig schlängelt, sich meist Rechts- und Linkskurven abwechseln, ohne wirkliche Gerade zwischendurch. Wenn ein Fahrzeug immer diesem Weg folgt, kann ein anderes Auto kaum überholen."

"Die neuen Strecken sind Bernies Schwachstelle", kritisiert der Brite seinen Landsmann, der in Zukunft unter anderem in Indien, Russland und Rom Rennen sehen möchte. Nicht nur Ecclestone bekommt sein Fett weg, sondern auch Journalisten ("Die müssten sich mehr bemühen") und britische Autofahrer: "Als ich mit dem Autofahren anfing, gab es nur wenige Autos und die wurden nur am Sonntag ausgeführt. Heutzutage ist es der Horror. Was mich am meisten aufregt sind die Gaffer, die mich nur dadurch aufhalten, dass sie auf der Gegenfahrbahn einen Unfall anschauen möchten. Furchtbar!"