• 21.10.2002 14:49

BMW pokert mit eigenem Formel-1-Auto

BMW will abwarten, ob der neue Williams wirklich ein Quantensprung ist und dann eine Entscheidung treffen

(Motorsport-Total.com/sid) - BMW pokert mit dem Trumpf eines eigenen Formel-1-Autos um einen neuen Vertrag mit Williams. Motorenchef Mario Theissen bezeichnete Berichte über einen kompletten BMW-Rennwagen ab 2005 zwar als "Spekulation", stellte dem Rennstall von Sir Frank Williams aber etliche Bedingungen für eine weitere Zusammenarbeit. Dazu gehören ein kompletter Datenaustausch und die Nutzung von Versuchsanlagen. Die endgültige Entscheidung könnte möglicherweise erst im Januar 2003 fallen, wenn Williams den als "Revolution und nicht Evolution" angekündigten FW 25 vorstellt.

Titel-Bild zur News: Heckansicht des FW24

Vielleicht baut BMW in Zukunft ein komplett eigenes Auto

"Im Winter wird sich der BMW-Vorstand entscheiden, wie es mit dem Ende 2004 auslaufenden Vertrag weitergeht. Die Optionen sind der Eigenbau eines Formel-1-Autos, die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Williams in geeigneter Form oder der Ausstieg aus der Formel 1", sagte Theissen dem Sport-Informations-Dienst (sid).

Der Motorenchef und BMW-Motorsportdirektor Gerhard Berger sollen ihre Empfehlung für den Vorstand bereits abgegeben haben. Von der Entscheidung in seinem Sinne macht Berger auch die Verlängerung seines auslaufenden Vertrages abhängig.

Wegen der seit dem Einstieg in die Königsklasse rasant gestiegenen BMW-Verkaufszahlen dürfte das Ende des Formel-1-Experiments unwahrscheinlich sein. Wenn es weitergeht, muss sich im Verhältnis von BMW und Williams allerdings Grundsätzliches ändern. "Der Rückstand zu Ferrari ist zu groß. Schließlich wollen wir bis 2004 Weltmeister werden", sagt Theissen unmissverständlich: "Nur mit perfekter Zusammenarbeit in allen Bereichen - das beinhaltet einen kompletten Datenaustausch und die gemeinsame Nutzung von Computersimulationen und Versuchsanlagen - können wir Michael Schumacher schlagen."

Der BMW-Rekordmotor mit fast 900 PS und über 19.000 Umdrehungen wurde in der abgelaufenen Saison vom Williams-Rennstall in ein eher hausbackenes Chassis verpackt. "BMW hat alles Recht der Welt, enttäuscht zu sein", meint der von BMW bisher jährlich mit 25 Millionen Euro Sponsorengeld belohnte Frank Williams kleinlaut: "Aber sie könnten bei uns in Zukunft Teilhaber werden."

Die für viele Millionen erkaufte Machtübernahme auf diesem Weg - nach dem Vorbild von Mercedes und McLaren - scheint vielen Experten derzeit die wahrscheinlichste Variante. Gerhard Berger jedenfalls will "nicht behaupten, dass es nicht passiert".

BMW möchte allerdings noch abwarten, wie sich Williams in Sachen Datenaustausch verhält und ob der Bolide für 2003 wirklich so revolutionär ist. Vom 26. bis 30. November könnte es bei den ersten Testfahrten mit neuen Fahrzeugteilen in Valencia darüber schon Aufschlüsse geben. Theissen: "Williams hat ja angekündigt, dass der FW 25 einen Quantensprung darstellen wird."

Wenn nicht, traut sich BMW nach dem Vorbild von Ferrari auch den kompletten Eigenbau eines Formel-1-Renners zu. Zweifellos ist das gegenüber einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Williams die teurere Variante, aber die Münchner Autobauer wollen fast um jeden (Milliarden)-Preis mit Ralf Schumacher oder Juan-Pablo Montoya Weltmeister werden. Zweifel am Soloprojekt äußerte Frank Williams in der Bild am Sonntag: "Ich kann BMW jetzt schon sagen, dass ihr Auto nicht so gut sein wird wie unseres."