• 04.12.2001 19:29

  • von Fabian Hust

BMW: Milberg gibt überraschend das Steuer ab

Bernd Pischetsrieders Nachfolger Joachim Milberg hat völlig überraschend bei BMW das Handtuch geworfen

(Motorsport-Total.com/dpa) - So überraschend wie Joachim Milberg auf den BMW-Chefsessel gekommen ist, so überraschend scheidet er nun wieder aus. Nach drei turbulenten Jahren, in denen er den weiß-blauen Autobauer aus der Rover-Krise zu neuen Rekordgewinnen führte, wird der 58-Jährige im Mai auf der Hauptversammlung in den Aufsichtsrat wechseln. Arbeitnehmer und Aufsichtsrat bedauerten seine Entscheidung.

Titel-Bild zur News: Joachim Milberg

Joachim Milberg hat seinen Posten als BMW-Chef abgegeben

Der BMW-Aufsichtsrat war eigentlich nur zu einer turnusgemäßen Sitzung im BMW-Vierzylinder-Hochhaus zusammengekommen. Als Milberg das Wort ergriff, traf die Nachricht die Aufsichtsräte wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es sei ein sehr bewegender Moment gewesen, berichtete einer von ihnen. Der 58-Jährige habe geweint, als er seinen Rücktritt ankündigte. Einst als vermeintlicher Übergangskandidat angetreten, gilt Milberg mittlerweile als anerkannter und unumstrittener Konzernlenker.

Die Berufung kam überraschend. Zwar galt der Westfale weltweit als ausgewiesener Fertigungsexperte. Doch wirkte Milberg eher im Hintergrund. In den Medien war damals vor allem Entwicklungsvorstand Wolfgang Reitzle präsent. Doch Kronprinz Reitzle zog am "Schwarzen Freitag" im Februar 1999 im Streit um das richtige Vorgehen bei Rover den Kürzeren und verließ den Konzern. Mittlerweile ist er für die Luxussparte bei Ford zuständig. Pischetsrieder wird fast zeitgleich an die VW-Spitze rücken, wenn sein BMW-Nachfolger Milberg abtritt.

Als BMW-Chef versuchte Milberg, die britische Rover-Tochter an die kurze Leine zu nehmen und die Fabriken auf Produktivität zu trimmen. Angesichts von Milliardenverlusten musste er aber ein Jahr später die Reißleine ziehen. Er setzte auch gegen internen Widerstand die Trennung von Rover durch. Eine Zeit lang wurde in der Folge über einen Rücktritt Milbergs spekuliert. Mittlerweile sitzt Milberg aber fester im Sattel denn je. "Er hat als leiser, nicht vorlauter Mensch Gigantisches geleistet", sagt ein Aufsichtsrat. Mit Kompetenz und einem entschiedenen Auftreten habe Milberg es geschafft, die Grüppchenbildung im BMW-Vorstand zu beenden und ein Team zu schweißen.

Milberg hatte seinen Berufsweg 1959 mit der Ausbildung zum Maschinenschlosser begonnen und arbeitete sich über Studium und Promotion 1981 zum Professor für Produktionstechnik an der Technischen Universität München hoch. Dort blieb er zwölf Jahre und wechselte 1993 als Produktionsvorstand zu BMW.

Den Aktionären wird Milberg bei der Hauptversammlung noch einmal eine Erfolgsbilanz vorlegen können. Trotz der weltweiten Autoflaute will BMW 2001 erstmals mehr als 900.000 Autos verkaufen und ein Rekordergebnis einfahren. Bei BMW heißt es nun, Milberg habe die Chance genutzt, aus einer Position der Stärke heraus seine Nachfolge mit zu gestalten.

Milberg macht damit den Weg frei für den Weggefährten Helmut Panke. Der bisherige Finanzvorstand gilt als Wunschkandidat Milbergs. Dennoch wurde über die Motive Milbergs am Dienstag in Branchenkreisen viel spekuliert. Möglicherweise spielten auch gesundheitliche Gründe eine Rolle. Im vergangenen Jahr musste sich Milberg an der Bandscheibe operieren lassen. BMW will er künftig als Aufsichtsrat treu bleiben.

Dass sich die Personalveränderung auf das Formel-1-Projekt auswirken wird, gilt als sehr unwahrscheinlich ? zumindest kurz- bis mittelfristig. Die Bayern eroberten die Formel 1 in den vergangenen zwei Jahren im Sturm und angesichts der Erfolge und gestiegenen Verkaufszahlen scheint das einst von Pischetsrieder eingeleitete Formel-1-Comeback Früchte zu tragen.