• 11.11.2015 16:12

  • von Bernd Mayländer

Bernd Mayländer: Anekdoten aus dem Land des Samba

Wie ihr dem Safety-Car-Fahrer dabei helfen könnt, Niki Lauda in den Hintern zu treten, und warum er mit "DC" schon mal bis in den frühen Morgen gefeiert hat

Titel-Bild zur News: Safety-Car vor Nico Rosberg, Lewis Hamilton

Stimmungsvoller Tag: Einsatz des Safety-Cars beim Grand Prix von Mexiko Zoom

Bom dia, liebe Leser,

bevor wir uns intensiver mit Mexiko auseinandersetzen (was für ein Volksfest!), muss ich meine Kolumne heute ausnahmsweise mal für einen Hinweis in eigener Sache "missbrauchen". Und zwar findet, wie ihr sicher wisst, am 12. Dezember in der Mercedes-Benz-Arena in Stuttgart Stars & Cars statt, der alljährliche Abschluss der Motorsport-Saison von Mercedes-Benz. Da gibt's diesmal einiges zu feiern: beide WM-Titel in der Formel 1 und den neuen DTM-Champion Pascal Wehrlein, unter anderem.

Stars & Cars ist diesmal aber nicht nur eine reine Demoveranstaltung, sondern im Zentrum des Events steht eine Art "Race of Champions" im Stadion. Für das Achtelfinale sind zehn Fahrer gesetzt, darunter natürlich die Herren Hamilton, Rosberg und Wehrlein. Aber sechs Plätze für das Achtelfinale werden nicht an aktuelle Mercedes-Fahrer vergeben, sondern an Legenden (etwa Klaus Ludwig oder Mika Häkkinen), an solche, die es noch werden wollen (Mick Schumacher), und an, sagen wir, ältere Herren, die auch schon mal Autorennen gefahren sind. Zum Beispiel ein gewisser Bernd Mayländer.

Voten, welche sechs Fahrer zusätzlich mitfahren dürfen, könnt ihr unter starsandcars.mercedes.me. So, wie es momentan aussieht, wird das für mich eine ganz enge Kiste, also bitte, bitte, bitte votet für mich! :-) Ich würde nämlich ganz gern dem lieben Niki Lauda mächtig in den Hintern treten - am liebsten erst im Halbfinale, wo ich quasi "Heimvorteil" hätte. Denn nach dem Achtelfinale im Mercedes-AMG A 45 4MATIC und dem Viertelfinale im C 63 S ist der GT S das designierte Fahrzeug für das Halbfinale. Und das ist bekanntermaßen auch mein Safety-Car in der Formel 1.

Votet für eine zusätzliche Kolumne!

Und weil ihr ja auch was davon haben sollt, wenn ihr mich schon ins Feld wählt, verspreche ich hiermit: Wenn ich im 16er-Feld dabei bin, dann gibt's nach Stars & Cars eine zusätzliche Sonderkolumne von mir, in der ich ausführlich darüber berichte, wie es war, mal wieder als echter Rennfahrer im Einsatz zu sein. Und Niki Lauda von der Strecke zu fegen. Hoffentlich! ;-)

Zuerst einmal müsste ich aber der Lufthansa in den Hintern treten, denn die ist mit ihrem Streik wieder einmal dafür verantwortlich, dass mein Flug gecancelt wurde. Also stattdessen Umweg über Lissabon, erst von da aus nach Sao Paulo. Ich finde es ehrlich gesagt ein bisschen verstörend, was die Lufthansa da macht. Wie oft die in den letzten Monaten gestreikt haben, das ist für mich als regelmäßigen Kunden ein großes Ärgernis. Du kannst dich ja nicht mehr drauf verlassen, dass dein Flieger geht.

Aber bevor mir deswegen der Kragen platzt, schreibe ich lieber über etwas Erfreuliches: Mexiko. Ich war mal vor 25 Jahren in Yukatan, aber das kann man mit Mexico City gar nicht vergleichen. Es ist eine Riesenmetropole auf über 2.200 Metern, mit Vulkanen rundherum, weißen Schneegipfeln - und mittendrin eine Stadt mit 20 Millionen Einwohnern. Sehr beeindruckend. Die Rennstrecke war, habe ich mir sagen lassen, früher mal am Stadtrand. Inzwischen ist sie mittendrin - so rasant ist Mexico City gewachsen.

Atmosphäre noch greifbarer als in Hockenheim

Am beeindruckendsten fand ich das Baseball-Stadion. Ich schätze mal 100 Reihen nach oben hin, alles bis auf den letzten Platz voll besetzt mit tosenden Mexikanern, ein echter Hexenkessel! Ja, ein bisschen wie das Motodrom in Hockenheim, aber das Motodrom ist so ein großer Topf, da siehst du von der einen Seite die andere nicht.

In Mexiko sind die Tribünen viel näher dran - dort könnte man sich von der einen Seite auf die andere einen Ball zuwerfen! Weil der Streckenabschnitt dort auch extrem langsam ist und es die Sicherheitsauflagen der FIA dann erlauben, die Tribünen so nahe zur Strecke zu bauen. Jedes Mal, wenn "Checo" Perez durchgefahren ist, konnte man das auf dem ganzen Areal hören.

Sergio Perez

Die Stimmung im Baseball-Stadion von Mexiko-Stadt war einfach gigantisch Zoom

Wenn du ins Stadion fährst, gerammelt voll bis zum letzten Platz, die Welle La Ola geht durch - so etwas habe ich in der Form noch nirgendwo sonst erlebt. Gänsehaut pur! Sie haben "Checo" gefeiert wie einen Nationalhelden, man konnte den Nationalstolz richtig spüren. Man kann das am ehesten mit einem großen Fußballspiel vergleichen. Selbst mir haben die Mexikaner zugewunken, als ich am Donnerstag meinen Track-Test gefahren bin. Als ich im Rennen zum Einsatz kam, wartete ich vor Turn 1. Dort sind die Fans aufgestanden und haben applaudiert. Total geil!

Chaotisch organisiert, aber alles funktioniert

Die Menschen in Mexiko sind extrem gastfreundlich, verbreiten ein richtiges Strahlen - bis hin zu den landestypischen Mariachi-Bands am Sonntag im Paddock. Es war chaotisch-mexikanisch organisiert, was die Straßenverkehrsordnung betrifft, aber es hat alles funktioniert. Irgendwie. Also eine rundum gelungene Veranstaltung. Auch wenn das unser neuer und alter Weltmeister, Lewis Hamilton, vielleicht nicht ganz so sieht.

Ich glaube, dass bei Lewis nach dem WM-Gewinn der Dampf ein bisschen raus ist. Nico hingegen will unbedingt noch WM-Zweiter werden, vor Sebastian Vettel, und vielleicht hat es ihn auch befreit, dass der Deckel jetzt schon drauf ist, wie ich letztes Mal geschrieben habe. Klar will er in den verbleibenden Rennen zeigen: "Hallo, hier bin ich, ich habe dieses Jahr viel Pech gehabt - aber das kann schnell wieder anders laufen!" Und da hat er in Mexiko einen guten Anfang gemacht.


Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in Brasilien

Rosberg fährt schon für 2016

Klar ist auch: Die Rivalität zwischen den beiden ist nach wie vor greifbar. Ich glaube, es ist für Nico im Hinblick auf 2016 gut, wenn er jetzt wieder Oberwasser bekommt - und ich weiß nicht, ob es für Lewis gut ist, wenn er sich hängen lässt. Du kannst dich jetzt ein Stück weit auf nächste Saison einfahren, dir positive Energie für den Saisonauftakt in Melbourne erarbeiten. Da reden wir vom berühmten Momentum. Dieses Duell geht am Wochenende in Sao Paulo mit Sicherheit weiter.

Aus Sao Paulo kennen wir diverse Schauergeschichten bezüglich der hohen Kriminalitätsrate. Ich hatte da immer Glück. Einmal saß ich im Taxi, als am Straßenrand versucht wurde, jemandem eine Uhr vom Handgelenk zu reißen. Mein Taxifahrer fuhr daran ganz locker vorbei, für den war das ganz normal. Ich bin früher auch mal allein weggegangen in der Stadt, aber das ist viele Jahre her. Würde ich heute ehrlich gesagt nicht mehr tun.

Jenson Button

Jenson Button wurde in Sao Paulo schon einmal mit Maschinengewehren attackiert Zoom

Heute gehe ich in bekannte Restaurants, in denen ich schon öfter war. Da weiß man, dass es dort sicher ist. Ja, man muss aufpassen, man muss sich an die Spielregeln halten, die in solchen Städten eben gelten. Aber sonst kenne ich die Geschichten zum Glück nur vom Hörensagen. Jenson Button fällt mir ein, der vor ein paar Jahren ganz übel angegriffen wurde, und bei Kai Ebel war glaube ich auch mal was. Man muss aufpassen, die teure Uhr zu Hause lassen und immer ein paar Rial extra in der Hosentasche haben - als "Trinkgeld", wenn mal was passieren sollte.

2008: Party bis ins Morgengrauen

Ich habe aber auch sehr schöne Erinnerungen an Sao Paulo. Da fällt mir spontan die Abschiedsfeier nach dem letzten Formel-1-Rennen von David Coulthard ein, im Jahr 2008. Michael Schumacher war dabei, Mario Illien war dabei, viele andere Fahrer - und es war ein sehr lustiger Abend in dem Club, der erst endete, als die Sonne schon wieder aufging. Obwohl noch kein Karneval war, war es eine typisch brasilianische Fete mit leicht bekleideten Mädels (die mich übrigens, Ehrenwort, alle nicht interessiert haben, weil ich mit meiner damaligen Partnerin dort war), Caipis und Mojitos.

Das Essen ist in Brasilien nicht ganz so scharf wie in Mexiko, dafür sind die Steaks größer. Ich gebe zu, dass ich mich darauf freue, denn Fleisch essen in Brasilien ist ein absoluter Genuss. Und das Flair in Sao Paulo ist einfach toll. In den letzten Jahren hatte ich kaum Zeit, nach dem Restaurantbesuch auch mal in einen Club zu gehen, aber weil ich diesmal noch ein paar Tage in Südamerika bleibe, möchte ich am Sonntagabend ein Weilchen losziehen. Mal sehen, wen ich dafür gewinnen kann!


Lewis Hamiltons Vorschau auf Brasilien

Der Weltmeister von 2015 Lewis Hamilton wirft einen Blick auf den vorletzten Grand Prix der Formel-1-Saison in Interlagos, Brasilien Weitere Formel-1-Videos

Bus im Stau: Verspätung am Sonntagmorgen

Ich erinnere mich auch an ein Jahr, in dem wir am Sonntag zu spät ins Fahrerlager kamen, ganz einfach wegen des chaotischen Verkehrs in Sao Paulo. Der komplette FIA-Mannschaftsbus stand im Stau und kam zum Meeting zu spät, das hatte aber zum Glück keine Auswirkungen. Nur der arme Charlie Whiting, der immer separat anreist, stand alleine da und hatte keine Ahnung, wo wir alle waren.

Sonst hat Brasilien eine vergleichbare Latino-Atmosphäre wie Mexiko. Die leben die Formel 1, die tanzen auf den Tribünen, die sorgen für gute Stimmung. Zu Senna-Zeiten war das sicher noch eine Spur extremer, aber auch wenn Felipe Massa etwas gelingt, stehen die alle von den Plätzen auf und jubeln. Da kommen wir dann übrigens ganz schnell zum legendären WM-Finale von 2008, als Felipe für 20 Sekunden Weltmeister war, sozusagen.

Autodromo José Carlos Pace

Die Stimmung im Autodromo Jose Carlos Pace ist stets lateinamerikanisch Zoom

Ich saß mit meinem Beifahrer im Safety-Car. Felipe fährt über die Linie, gewinnt das Rennen. Der Kameraschwenk zu seiner Familie, die ausgelassen tanzen und den WM-Titel feiern. Dann das Bild, als Lewis Timo Glock überholt - und auf einmal jubeln die bei McLaren-Mercedes. Die Regie kann man nicht besser schreiben - das hätte selbst Hollywood nicht besser hinbekommen.

Herzzerreißendes WM-Drama um Massa

Einige TV-Kommentatoren haben im ersten Moment gar nicht sofort begriffen, wer denn nun Weltmeister ist. Wir wussten es schon, denn Peter Tibbett, mein Beifahrer, ist Engländer. Der hatte ganz genau auf dem Zettel, wo Lewis landen muss, um Weltmeister zu werden, und wir hatten die Split-Times bei uns auf dem Monitor. Wir haben schon kommen sehen, dass es noch funktionieren kann, wenn Timo weiter so viel Zeit auf Lewis verliert. Ein grandioses Rennen.

Übrigens: Man würde es nicht glauben, aber nach Mexiko war tatsächlich mal kurz Zeit, ein bisschen durchzuatmen. Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen, also bin ich in der Zeit direkt in die Planung der ersten vier Formel-1-Rennen 2016 reingegangen. Und habe ein bisschen Zeit mit Freunden verbracht, Sport gemacht, mich erholt. Zweimal noch Grand-Prix-Wochenende, drei Wochen auf Achse.

Felipe Massa

Herzschlagfinale: Um ein Haar wäre Felipe Massa 2008 Weltmeister geworden Zoom

Nach Sao Paulo fliege ich ja im Gegensatz zu den meisten anderen nicht zurück, sondern für mich geht's weiter nach Santiago de Chile, zu einem Mercedes-AMG-Fahrlehrgang. Ich treffe auf einer kleinen Rennstrecke in der Nähe von Santiago auf einige AMG-Kunden, denen ich zeigen soll, was sie mit ihrem Auto alles anstellen können. Freu ich mich drauf, schließlich war ich noch nie in Chile!

Euer

Bernd Mayländer

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