• 21.10.2015 17:51

  • von Bernd Mayländer

Bernd Mayländer: Anekdoten aus dem Cowboy-State

Die Kolumne des Safety-Car-Fahrers vor Austin: Was in den USA anders ist als in Russland und warum DTM-Champion Pascal Wehrlein direkt in die Formel 1 gehört

Howdy, liebe Leser,

Titel-Bild zur News: Safety-Car in Austin

Bernd Mayländer im Einsatz beim Grand Prix der USA in Austin, Texas, 2014 Zoom

wenn ihr diese Zeilen lest, lande ich wahrscheinlich gerade irgendwo in Texas. Der Grand Prix der USA steht vor der Tür, in Austin, der Hauptstadt des "Lone-Star-States". Zwei Wochen nachdem Lewis Hamilton auf dem Podium in Sotschi eine russische Uschanka getragen hat (finde ich übrigens extrem cool, so eine muss ich mir auch besorgen!), gibt's diesmal also einen Cowboy-Hut für die Top 3 des Rennens. Nur ein kleines Detail, zeigt aber, dass der Kontrast zwischen Russland und den USA größer kaum sein könnte.

Austin ist für mich keine klassische Großstadt, sondern ein schmuckes Country-Juwel mitten in Texas. In der sympathischen City kann man wirklich viel machen: ein gutes Steak essen, Country-Musik hören, bis in die frühen Morgenstunden Party machen. Ganz besonders freue ich mich diesmal auf den Sonntagabend, denn ein paar Leute werden sicher noch da bleiben und wie ich erst am Mittwoch nach Mexiko weiterfliegen. Da darf's dann ohne schlechtes Gewissen auch mal ein bisschen später werden.

Ich übernachte in einem tollen Hotel am Colorado River, mit Ausblick auf die Skyline von Austin. Das traumhafte Panorama am frühen Morgen, wenn die Sonne aufgeht und diese sich auf dem Fluss spiegelt, ist phänomenal. Das genießt man umso mehr, wenn es zu Hause im deutschen Herbst langsam kühl und früher dunkel wird. Ich freue mich jedenfalls drauf, zwischen Texas und Mexiko noch ein bisschen Sport zu machen und die Seele baumeln zu lassen, bevor es dann weitergeht.

Parallelen zu Suzuka

Die Rennstrecke ist sehr spektakulär, mit tollen Passagen, guten Überholmöglichkeiten und einem sensationellen Überblick, wenn man oben auf dem inzwischen zum Markenzeichen gewordenen Turm steht. Aus Fahrersicht ist jener Sektor überragend, in dem eine recht schnelle Kurve in die nächste mündet, fast ein bisschen wie die "Esses" in Suzuka. Wenn man die Einfahrt perfekt trifft und ein gutes Auto hat, macht das richtig Spaß. Wenn nicht, dann weniger.


Fotostrecke: Triumphe & Tragödien in den USA

Dort braucht es fahrerisches Können, aber auch eine gute Aerodynamik und Power. Der Circuit of The Americas kommt bei allen Fahrern gut an, nicht nur wegen den angesprochenen Kurven 3 bis 9. Es gibt mehrere Stellen, in denen man sich am Limit befindet und in denen die Fahrer richtig arbeiten müssen. Nicht zu vergessen die schwer einsehbare Kurve 1, in der es leicht bergauf geht und die unterschiedliche Linien zulässt.

Sportlich ist die Formel-1-WM 2015 wohl durch. Lewis kann in Austin schon Weltmeister werden - und selbst wenn nicht, wird da nichts mehr anbrennen. Ich sehe aber einen spannenden Kampf um Platz zwei zwischen Sebastian Vettel und Nico Rosberg. Nico ist da für mich Favorit. Erstens weil er in den letzten paar Rennen wirklich nicht vom Glück gesegnet war, und zweitens weil ich ihn immer noch im besseren Fahrzeug sehe.

Hülkenberg unter Druck

Wenn wir im Feld ein bisschen weiter nach hinten schauen, bringt Force India ein kleines Update. Wäre schön, wenn Nico Hülkenberg damit nochmal aufzeigen könnte, um seinem Teamkollegen Sergio Perez etwas entgegenzusetzen. Nico hat im Duell der beiden 16 Punkte Rückstand, und nach Austin geht's weiter zu Perez' Heimrennen in Mexico City. Es wäre wichtig, das noch umzudrehen - was nach Perez' Podium in Sotschi nicht einfach wird.


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Bei Williams ist die Saison 2015 bisher erfreulich verlaufen. Zwar fehlen die ganz großen Highlights, aber sie haben - was manchmal übersehen wird - mehr Punkte gesammelt als im vergangenen Jahr zu diesem Zeitpunkt. Damit sind sie ganz klar zweite Mercedes-Kraft, unmittelbar hinter Ferrari. Ferrari ist weniger streckenabhängig und insgesamt konstanter aufgestellt, aber Valtteri Bottas und Felipe Massa sind immer für eine Überraschung gut.

Red-Bull-Ausstieg: Chance für neuen DTM-Champion?

Apropos streckenabhängig: Das gilt auch für Red Bull, deren Performance bisher extrem schwankend war. Sie haben sich seit der Sommerpause ein bisschen stabilisiert, sind aber noch lange nicht auf dem Niveau der Vergangenheit. Derzeit haben sie andere Sorgen als den Blick auf die WM-Tabelle, weil sie immer noch keinen Motor für 2016 haben. Es wäre eine Schande, deswegen zwei der gesünderen Formel-1-Teams zu verlieren - auch wenn ich an das Positive glaube und hoffe, dass uns Red Bull erhalten bleibt.

Falls nicht, rücken die drei Autos pro Topteam einen Schritt näher. Das würde meinen Landsmann Pascal Wehrlein freuen, der in Hockenheim am vergangenen Wochenende DTM-Champion geworden ist. Pascal ist ein würdiger Meister und hat auch würdig gefeiert, wie es sich gehört! Schließlich war es für Mercedes der erste DTM-Fahrertitel seit 2010 - und Pascal ist der jüngste Champion aller Zeiten.

Er verdient es, direkt in ein Formel-1-Cockpit einzusteigen, denn er hat riesiges Potenzial - auch wenn ich an die drei Silberpfeile für 2016 nicht glauben kann und mag. Dafür kommen zwei neue Autos auf den Grid, nämlich die des neuen amerikanischen Haas-Teams. Die werden in Austin sicher präsent sein und vielleicht sogar ihren zweiten Fahrer neben Romain Grosjean bekanntgeben. Der Termin würde passen. Und die vielen US-Fans auf den Tribünen, die jedes Jahr für tolle Stimmung sorgen, hätten einen Grund mehr zur Freude.

Euer

Bernd Mayländer

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