• 28.08.2003 11:27

  • von Marcus Kollmann

Barrichello: Zum Passagier zu werden ist beängstigend

Der Ferrari-Pilot über seinen Unfall in Ungarn, seine Enttäuschung über die Streckenposten und Ferraris Chancen in den letzten Rennen

(Motorsport-Total.com) - Die Startplätze 3 (Hockenheimring) und 5 (Hungaroring) brachten Rubens Barrichello in den letzten beiden Weltmeisterschaftsläufen kein Glück. Beim Deutschland-Grand Prix endete das Rennen des Brasilianers wenige Meter nach dem Start, als er in eine Kollision zwischen Ralf Schumacher und Kimi Räikkönen verwickelt war. Beim Ungarn-Grand Prix überstand er zwar den Start, schied aber mit einem Aufhängungsbruch Ende der Start-Ziel-Geraden in Runde 20 spektakulär aus.

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

War in Ungarn über das Verhalten der Streckenposten enttäuscht

"Mit geht es gut, abgesehen von etwas Rückenschmerzen, die wohl von dem Einschlag stammen. Bedenkt man die Heftigkeit des Unfalls, dann ist das ziemlich gut zu verkraften. Denn während des Unfalls dachte ich einen Moment lang, dass es ein schwerer Unfall sein könnte. Das Auto wurde auf dem Asphalt zwar gut abgebremst, jedoch hatte ich eigentlich keine Bremswirkung. Für einen Moment war es sehr beängstigend, denn ich wusste nicht was passiert war und spürte wie sich das Bremspedal durchdrücken ließ ohne dass sich dadurch das Tempo besonders veränderte. In so einer Situation schießen einem zahlreiche Gedanken durch den Kopf", schilderte Barrichello die Situation des Abflugs nun aus seiner Sicht.

Unfreiwilliger Test der Auslaufzone in der ersten Kurve

Noch im Vorfeld des Rennens hatten sich die Piloten auf der Fahrerbesprechung über die am Hungaroring vorgenommenen Veränderungen unterhalten und ein Thema war dabei auch die erste Kurve gewesen. "Wir hatten das Gefühl, dass die Kurve jetzt hinsichtlich des Überholens besser ist. Wir waren aber auch der Meinung, dass man die Auslaufzone größer hätte machen sollen", erklärt Barrichello, dem bei seinem Unfall durch den Kopf schoss, dass er jetzt der erste Rennfahrer ist der unfreiwillig die Auslaufzone testen wird.

Dass er selbst mit so geringen Verletzungen davonkam, verdankt der 31-Jährige seiner Meinung nach den Reifenstapeln und dem robusten Ferrari, dessen Frontpartie beim Einschlag die ganze Energie absorbierte. Während sich der Ferrari-Pilot im Nachhinein natürlich darüber ärgerte das zweite Rennen in Folge nicht beendet zu haben, war er direkt nach dem Ausfall aber über eine noch ganz andere Sache sauer. Die ihm gewidmete Aufmerksamkeit direkt nach dem Unfall hatte sich nämlich stark in Grenzen gehalten.

Barrichello beklagt sich über das Verhalten der Streckenposten

"Ich war verärgert, denn es war niemand da der mir geholfen hätte. Tatsache ist, dass beim Unfall von Ralph Firman tags zuvor niemand versuchte seinen Nacken zu stabilisieren, was eigentlich die normale Vorgehensweise ist. Ich dachte, dass ich besser nicht sofort aus dem Auto steigen sollte. Einfach weil es ein sehr heftiger Einschlag war. Ich war wirklich sauer, denn niemand kam zu mir ans Auto und erkundigte sich ob es mir gut geht. Deshalb habe ich auch das Lenkrad weggeschleudert."

"Gegen so etwas müssen wir Fahrer was tun", fordert Barrichello seine Kollegen dazu auf, dass man vor dem nächsten Grand Prix noch einmal die Vorgehensweise der Streckenposten im Falle eines Unfalls ansprechen sollte. "Ich habe mich dann selbst durchgecheckt. Meine Füße waren in Ordnung und in den Beinen verspürte ich keine Schmerzen. Dann stellte ich fest, dass ich eigenständig aus dem Auto aussteigen sollte, denn als ich hinter mich schaute sah ich jede Menge Trümmerteile von meinem Auto. Ein anderes Auto hätte sehr leicht in mich hineinfahren können."

Unfall in Ungarn bereits aus dem Gedächtnis gelöscht

"Nachdem ich dann ausgestiegen war, hatte ich einen langen Weg zurück an die Box und niemand hat mir seine Hilfe angeboten. Nur ein Fotograf hat mir gesagt, dass ich unter der Tribüne durch müsste, doch ich realisierte, dass er nur versuchte ein Foto von mir zu schießen."

Auch wenn ihm das Verhalten der Streckenposten vor Ort missfallen hat und ihn im Augenblick des Abflugs der Schock in den Gliedern saß, möchte Barrichello nun aber so schnell wie möglich wieder fahren. "Das einzige Verlangen das ich habe ist wieder im Auto zu sitzen. Ich hoffe, dass ich am ersten Tag der Monza-Tests dazu Gelegenheit habe. Den Unfall habe ich schon aus meinen Gedanken gelöscht. Das einzig Beängstigende in der Formel 1 ist, wenn man zum Passagier wird und genau das war für ein paar Sekunden in Ungarn der Fall. Das war unheimlich, doch die Reifenstapel haben gut funktioniert."

Barrichello: In Monza kann es auch ziemlich heiß werden...

"In Budapest gab es keine Chance, dass ich Alonso geschlagen hätte, doch ich wäre dicht hinter den Williams angekommen", ist sich der Ferrari-Pilot sicher. "Wir sahen aber nicht sehr konkurrenzfähig aus. Das Wetter hat dort aber eine große Rolle gespielt, denn es war für die anderen ein Vorteil. In Monza kann es auch ziemlich heiß werden, weshalb wir eine gute Reifenwahl treffen und eine gute Abstimmung finden müssen. Wir rechnen aber auch mit ein paar neuen Teilen für das Auto", verrät Barrichello, der beim Heimspiel in Italien noch einmal mit Schwierigkeiten rechnet, für die letzten beiden Grand Prix der Saison aber zuversichtlicher ist.

"Indianapolis und Suzuka müssten uns entgegenkommen, denn die Temperaturen sind dort grundsätzlich niedriger. Ich habe mich in den letzten Rennen immer gut qualifiziert. Aus diesem Grund ist es wirklich eine Schande, dass ich die letzten beiden Rennen nicht beenden konnte, denn sonst hätte ich in der Meisterschaft noch eine Chance", erklärt der Brasilianer abschließend, dass er seine Titelchancen bereits abgeschrieben hat.

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