• 09.06.2005 21:18

Barrichello: "Noch ist die Weltmeisterschaft nicht vorbei"

Bei der heutigen Pressekonferenz in Montréal zeigte sich Ferrari-Pilot Rubens Barrichello zuversichtlich für die bevorstehenden Rennen

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Rubens, war das gute Resultat am Nürburgring eine Ermutigung für dich?"
Rubens Barrichello: "Ja, ich denke schon. Wir wussten, dass das Auto im Rennen gut gehen würde. Das Qualifying war eine Schwäche, wie man mit beiden Autos gesehen hat, aber als sich das Rennen entwickelte, kam ich zu meinen Chancen, denn ich hatte zumeist eine freie Strecke vor mir. Wegen der Dreistoppstrategie konnte ich attackieren. Das war schon ganz nett."

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Rubens Barrichello bei der heutigen Pressekonferenz in Montréal

Frage: "Wie sind die Tests seither gelaufen? Siehst du Licht am Ende des Tunnels, was die Reifenperformance angeht?"
Barrichello: "Naja, wir haben uns verbessert. Es ist nicht wie Tag und Nacht, sondern es sind kleine Schritte, aber ich bin gespannt darauf, wie sehr wir uns im Qualifying steigern können. Wir haben derzeit am Ende der Rennen den besten Reifen, aber wie viel davon ist man bereit zu opfern, um im Qualifying zuzulegen? Wenn man im Qualifying besser wird und gleichzeitig die Pace im Rennen halten kann, dann ist es okay, aber wenn nicht, dann nicht. Man muss die richtige Balance finden."#w1#

"Wir denken, dass wir ein schnelles Auto haben"

"In Silverstone war es letzte Woche zu kalt, um sich eine echte Meinung zu bilden, also haben wir nicht speziell für Kanada getestet. Es war wahrscheinlich unser letzter Test in Silverstone, daher haben wir in erster Linie andere Dinge als Reifen ausprobiert. Wir hatten zwei Autos dort, ein weiteres in Monza, wo mehr in Hinblick auf Kanada gearbeitet wurde. Die Dinge stehen besser. Wir denken, dass wir ein schnelles Auto haben. Es liegt nur an den Reifen. Da müssen wir schauen, wo wir jetzt stehen."

Frage: "Man muss aber einen Kompromiss eingehen und kann nicht alles haben, nicht wahr?"
Barrichello: "Zu Beginn der Saison schien Renault alles zu haben. Sie waren im Qualifying voran und sie waren im Rennen voran, was dann unter dem Strich natürlich genügt. Jetzt hat die Konkurrenz zugelegt - nicht nur wir, sondern auch McLaren, manchmal das BMW WilliamsF1 Team. Diese Teams kämpfen jetzt um die Siege, und da ist es nicht mehr möglich, in beiden Disziplinen dominierend zu sein. Man muss einen Kompromiss finden, mit dem man sich vorne qualifizieren kann, mit dem man aber auch im Rennen schnell genug ist, was am allerwichtigsten ist."

Frage: "Was sagst du zur Diskussion um Kimi Räikkönens Unfall am Nürburgring? Findest du, dass die Fahrer nicht in eine so heikle Situation gebracht werden sollten?"
Barrichello: "Ich will auf dieses Problem nicht allzu detailliert eingehen, aber wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, hätte ich den Reifen gewechselt - nicht aus Angst, sondern weil es nie funktionieren konnte. Es hätte am Ende trotzdem reichen können, obwohl man den Reifen nicht gleichzeitig mit dem Tankstopp hätte wechseln dürfen. Manchmal ist es klüger, einen Schritt zurück zu machen, um nachvorne zu kommen. Daher wäre es besser gewesen, acht sichere Punkte mitzunehmen."

"Die Stimmung ist ziemlich gut, um ehrlich zu sein"

Frage: "Wie ist nach so vielen Jahren des Siegens und diesen vergangenen schwierigen Monaten die Atmosphäre in eurem Team?"
Barrichello: "Die Stimmung ist ziemlich gut, um ehrlich zu sein. Als ich zu Ferrari kam, haben wir dieses und jenes probiert, und nach drei oder vier Rennen begannen wir zu gewinnen. Von da an war ein Lächeln im Team, wir haben Rennen gewonnen, die Konstrukteurs-WM in allen Jahren seit 2000. Da passt auch die Atmosphäre. Jetzt sind wir wieder im Versuchsmodus, weil wir noch nicht gewonnen haben, aber wir wissen, dass das Potenzial vorhanden ist."

"Wir wussten von Anfang an, dass es schwierig werden würde, Weltmeister zu werden, wenn Alonso bei allen Rennen ins Ziel kommt. Aber noch ist die Weltmeisterschaft ja nicht vorbei, es kann noch einiges passieren. Man weiß nie. Was die Konstrukteurswertung angeht, müssen wir uns nur ein bisschen verbessern und mehr Punkte sammeln, dann sind wir wieder dabei. Die Stimmung ist daher gut. Das erste Meeting an der Rennstrecke war am Donnerstag immer ziemlich ermutigend, denn dabei haben wir stets die Fortschritte der letzten Testfahrten analysiert. Am Sonntagnachmittag sah es leider zumeist anders aus, weil wir noch nie einen Pokal dabei hatten, aber das kann sich ja noch ändern."

Barrichello findet die Show momentan recht gut

Frage: "Nach dem Rennen am Nürburgring hat man McLaren-Mercedes beschuldigt, Kimi Räikkönens Leben aufs Spiel gesetzt zu haben. Findest du, dass euch die Reifenjungs in eine gefährliche Situation bringen?"
Barrichello: "Es ist definitiv keine Teamentscheidung, sondern es ist die eigenständige Entscheidung des Fahrers, denn der spürt am besten, wie gefährlich die Situation ist oder auch nicht. Durch die neuen Regeln haben wir ein paar Überholmanöver gesehen, auch wenn die so ablaufen, dass ein Fahrer um zwei bis drei Sekunden schneller ist als der andere, weil er noch bessere Reifen hat. Ich glaube, dass das vom Publikum ganz gut angenommen wird, denn seit wir das zweite Qualifying abgeschafft haben, ist die Show recht gut. Ich habe schon vor Saisonbeginn angekündigt, dass es mit alten Reifen so laufen würde, denn ich weiß das aus meiner Zeit im Kartsport - damals hatte ich nämlich nie das Geld, um mir neue Reifen zu kaufen..."

Frage: "Wie nahe seid ihr an einer Wiederholung des Doppelsieges vom Vorjahr dran?"
Barrichello: "Schwer zu sagen. Die Strecke wurde neu asphaltiert, und das wird einen Unterschied ausmachen. Das ist eine Herausforderung für die Reifenhersteller, die sich auf die veränderten Bedingungen einstellen müssen. Ich habe auch schon gehört, dass es dieses Wochenende regnen soll, daher kann man wirklich noch nichts sagen. Ich denke nicht so weit, aber sagen wir es so: Wir sind noch nicht die Schnellsten, aber allzu weit sind wir von einem Doppelsieg nicht entfernt."

Spannungen bei Ferrari sind aus der Welt

Frage: "Wie kommst du nach den Zwischenfällen in Monaco mit Michael Schumacher klar? Hat sich das wieder beruhigt?"
Barrichello: "Es ist kein Problem. Ich bin aus dem Auto gestiegen und habe ihm gesagt, was ich dachte. Das Team hat mich daraufhin ein wenig beruhigt. Am Donnerstag am Nürburgring hat dann die Presse Dinge behauptet, die weder ich noch Michael so gesagt haben. Aber das ist schon okay, damit können wir leben. Ich bin dazu berechtigt, eine eigene Meinung zu haben, und damit hat es sich. Aber wir haben kein Problem miteinander."

Frage: "Machst du dir Sorgen, dass ein Zwischenfall wie mit Kimi Räikkönen am Nürburgring noch einmal passieren könnte?"
Barrichello: "Prinzipiell finde ich, dass man in dem Moment, in dem man ein Rennen reifenschonend angehen muss, schon eine falsche Entscheidung getroffen hat. Ich konnte am Nürburgring nach Herzenslust attackieren. Es war ein tolles Rennen. Natürlich kann es aber in einem Formel 1 schon einmal passieren, dass man auf einer Bodenwelle ein Rad stehen lässt und sich dabei einen Bremsplatten einhandelt. Räikkönen und Alonso haben sich am Nürburgring verbremst, aber das ist insofern okay, als dadurch ja auch andere einmal eine Chance bekommen."

Frage: "Die TV-Zuschauerzahlen sind in den letzten beiden Jahren zurückgegangen, auch die Zeitungen sind nicht mehr so voll wie früher. Wer ist dafür verantwortlich zu machen?"
Barrichello: "Das wusste ich gar nicht. Ich hatte eher den Eindruck, dass zumindest hier mehr Fans sind als im Vorjahr. Auch in Barcelona kam es mir so vor. Alonso zieht viele Leute an, man sieht die Flaggen auch überall. Und soweit ich weiß, ist Brasilien auch schon ausverkauft, und dort werden wir bestimmt kein schlechtes Publikum haben."