Barcelona keine Tortur für die Formel-1-Motoren

Der 'Circuit de Catalunya' beansprucht die Aerodynamik stark, die Motoren sind dort hingegen weniger gefordert als sonst

(Motorsport-Total.com) - Nach den beiden Hitzeschlachten von Malaysia und Bahrain sowie dem Stop-and-Go-Kurs von Imola wartet nun in Spanien auf die Formel-1-Motoren eine weniger anspruchsvolle Bewährungsprobe. Der 'Circuit de Catalunya' in der Nähe der Millionenmetropole Barcelona gilt zwar als aerodynamisch schwierig, stellt für die gut 900 PS starken V10-Triebwerke aber keine allzu extreme Belastung dar.

Titel-Bild zur News: Renault-Motor

Die Motoren stehen in Barcelona unter keinen allzu hohen Belastungen

"Barcelona ist keine Motorenstrecke", bestätigt Rémi Taffin, der Zuständige für den Renault-Motor im Auto von Fernando Alonso. "Die aerodynamische Performance gibt den Ton an, während der Motor kaum aus dem niedrigen Drehzahlbereich auf Volllast beschleunigen muss. Die Fahrer verbringen nur 58 Prozent der Runde in Volllaststellung, also um vier Prozent weniger als in Imola." Die Belastungen sind daher gleichmäßiger als etwa in Imola und schlichtweg weniger extrem als in der malaysischen oder arabischen Hitze.#w1#

Drehmoment wichtiger als maximale Leistung

Entscheidendster Faktor in Sachen Motor ist in Barcelona die Leistungsentfaltung, denn in den lang gezogenen Kurven ist eine berechenbare Fahrzeugbalance entscheidend, damit der Fahrer möglichst früh wieder auf das Gaspedal steigen kann. Besondere Bedeutung kommt diesem Faktor auch aufgrund des neuen Reifenreglements zu: "Eine weniger brutale Entfaltung der Leistung und des Drehmoments hilft beim Schonen der Reifen", erklärt Taffin. Auch die Traktionskontrolle spiele dabei eine Rolle.

Ein "delikates Geschäft" sei außerdem das Festlegen der Getriebeübersetzungen, "vor allem für den höchsten Gang", so Taffin: "Auf der langen Geraden steht der Motor lange Zeit unter Volllast, weshalb wir einen kleinen Spielraum nach oben benötigen, um die Zuverlässigkeit gewährleisten zu können - zum Beispiel auch, wenn die Drehzahlen von Rückenwind nach oben getrieben werden. Außerdem braucht man diesen Spielraum beim Überholen aus dem Windschatten, wenngleich Überholmöglichkeiten auf dieser Strecke rar sind."

Das Bestimmen dieses Spielraums für den höchsten Gang ist in der Tat eine kritische Angelegenheit: Geht ein Team zu nahe an die Maximaldrehzahl heran, so könnte der Fall eintreten, dass das Auto im Windschatten oder bei Rückenwind an das Drehzahllimit stößt und nicht mehr weiter an Geschwindigkeit zulegen kann, was Überholmanöver praktisch unmöglich machen würde. Eine zu konservative Übersetzung wiederum ermöglicht bei alleiniger Fahrt keinen idealen Top-Speed am Ende der Geraden.

Teams kennen Barcelona in- und auswendig

Prinzipiell sollten die Teams diesbezüglich aber auf ausreichend Anhaltspunkte zurückgreifen können, schließlich wird nirgendwo sonst so viel getestet wie in Barcelona. Und dennoch: "Obwohl Barcelona eine Strecke ist, die alle gut kennen, bedeuten die höheren Temperaturen und anderen Gripniveaus als bei den Tests, dass wir alle Einstellungen für das Rennwochenende neu kalibrieren müssen. Außerdem müssen wir bei Renault unser Motorenmapping verifizieren, da wir erstmals die B-Spezifikation des RS25 in beiden Autos einsetzen werden", sagt Taffin.

Auswirkungen auf den Verlauf des Spanien-Wochenendes könnte außerdem das neue Motorenreglement haben, wonach die V10-Triebwerke erst nach zwei Renneinsätzen gewechselt werden dürfen. Diejenigen, die schon in Imola mit ihrem aktuellen Motor fahren mussten, sind naturgemäß leicht gehandicapt, während alle anderen Fahrer mehr oder weniger voll angreifen können, weil nach Barcelona der für die Motoren völlig unproblematische Monaco-Grand-Prix auf dem Programm steht.