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  • 02.11.2011 16:52

  • von Christian Sylt & Caroline Reid

Bambino: Ecclestones "größter Fehler"

Bernie Ecclestone, Gerhard Gribkowsky und der Bambino-Trust: "Von all den Fehlern, die ich auf dieser Welt gemacht habe, war das wahrscheinlich der größte"

(Motorsport-Total.com) - Bernie Ecclestone bezeichnet es als seinen "größten Fehler", seine Anteile am Formel-1-Imperium einem Treuhand-Trust für seine Ex-Frau Slavica und seine beiden Töchter Tamara und Petra überschrieben zu haben, denn die vier Milliarden US-Dollar, die aus dem Verkauf lukriert wurden, seien nicht intelligent angelegt worden.

Titel-Bild zur News: Bernie und Slavica Ecclestone

Bernie Ecclestone in Bahrain 2008 mit seiner Ex-Ehefrau Slavica

Die Transaktion hat eine Kettenreaktion von Ereignissen ausgelöst, die unter anderem dazu führte, dass Ecclestone diesen Monat in Deutschlands größtem Korruptionsprozess seit dem Zweiten Weltkrieg aussagen muss. Der Prozess hat vergangenen Montag begonnen und dreht sich um eine 44-Millionen-Dollar-Zahlung von Ecclestone und dem Trust an den deutschen Banker Gerhard Gribkowsky. Laut Ecclestones Darstellung wurde die Summe bezahlt, nachdem ihm Gribkowsky gedroht habe, den britischen Steuerbehörden Anschuldigungen mitzuteilen, wonach in Wahrheit Ecclestone selbst den Trust kontrolliere.

Die Staatsanwaltschaft München wirft Gribkowsky Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung vor. Demnach soll das Geld von Ecclestone eine Gegenleistung dafür gewesen sein, dass Gribkowskys damaliger Arbeitgeber, die Bayerische Landesbank (BayernLB), ihre 47,2 Prozent Anteile an der Formel 1 an die derzeitigen Eigentümer, die Investmentfirma CVC Capital Partners, verkauft hat.

1997 in Liechtenstein gegründet

Weder Ecclestone noch CVC sind angeklagt, doch sowohl Ecclestone wie auch Donald Mackenzie, geschäftsführender Teilhaber von CVC, werden während des Prozesses als Zeugen aussagen.

Der Trust (läuft unter dem Namen Bambino) wurde im Dezember 1997 in Liechtenstein gegründet. Damals war Ecclestone noch mit seiner Ehefrau Slavica, einem kroatischen Ex-Model, das 28 Jahre jünger ist als er, verheiratet. Slavica hatte damals noch nicht lang genug in Großbritannien gewohnt, um dort als ansässig zu gelten. Wäre ihr Mann gestorben, hätte sie also 40 Prozent von einem möglichen Erbe versteuern müssen. Die Anteile dem Trust zu überschreiben, sollte dies umgehen, denn dadurch mussten Ecclestone Frau und Kinder gar nicht erst erben - und weil der Trust im Ausland registriert ist, waren keine Steuern fällig.

Ecclestone feierte am vergangenen Freitag seinen 81. Geburtstag. Schon in den späten 1990er-Jahren hatte er bei einer Operation am offenen Herzen einen dreifachen Bypass eingesetzt bekommen. Das war seinen Angaben nach der Antrieb hinter der Erschaffung von Bambino.

"Mir wurde geraten, die Anteile abzugeben, denn damals war Slavica noch nicht ansässig, weil du 18 Jahre hier leben musst, um als ansässig zu gelten", erklärt der Formel-1-Geschäftsführer. "Wenn ich in dieser Zeit gestorben wäre, könnte die Ehefrau das Erbe normalerweise steuerfrei übernehmen, aber in diesem Fall hätte sie Steuern zahlen müssen. Also war der einfachste Weg, ihr die Anteile zu überschreiben."

¿pbvin|512|4216||0|1pb¿Das Geld und sonstige Vermögenswerte des Trusts werden durch Treuhänder verwaltet. Weil Ecclestone in Großbritannien Steuern zahlt, darf er selbst kein solcher sein. Würde sich herausstellen, dass er den Trust kontrolliert, wäre das Betrug und er müsste Steuern nachzahlen. "Ich kann nicht einmal mit dem Trust sprechen. Mir wurde ganz klar gesagt: 'Wenn du mit dem Trust sprichst, dann sind das schlechte Neuigkeiten für deine Einkünfte'", sagt er.

Der Grund dafür ist eine Klausel im britischen Einkommens- und Unternehmenssteuergesetz von 1988, die ins neue Einkommenssteuergesetz des Jahres 2007 übernommen wurde. Darin steht sinngemäß: Wenn ein britischer Bürger Vermögenswerte an eine nicht in Großbritannien ansässige überträgt und Auszahlungen stattfinden, dann darf der Transferierende (also Ecclestone) selbst zu keinem Zeitpunkt Gelegenheit haben, das Vermögen zu nutzen, weil es ansonsten als sein eigenes angesehen wird.

Jetzt sagt Ecclestone: "Von all den Fehlern, die ich auf dieser Welt gemacht habe, war wahrscheinlich der größte, dass ich alles über den Trust meiner Ex gegeben habe, denn die Treuhänder sind keine Geschäftsleute, also sitzen sie auf einem Haufen Geld. Sie hätten damals viele Dinge um kleines Geld kaufen können. Sie haben nichts gekauft. Das hat mich von all den Fehlern in meinem Leben am meisten geärgert, denn ich hätte das Geld investieren können."

Wie viel Einfluss hat Ecclestone bei Bambino?

Er ergänzt, dass er "niemals Kontrolle über Bambino" hatte, und obwohl Gribkowsky das gewusst hat, habe der Banker versucht, diese Situation zu seinen Gunsten zu nutzen. 2004 hat die BayernLB Bambino verklagt, weil sie behauptete, Bambino kontrolliere eine wichtige Formel-1-Holdingfirma, weil deren Vorstandssitze mehrheitlich durch Bambino-Repräsentanten besetzt waren, einschließlich Ecclestone selbst.

Die Bank gewann das Verfahren, aber Ecclestone wurde nicht als Bambino-Repräsentant eingestuft. Trotzdem habe Gribkowsky nach dem Verfahren zu ihm gesagt: "Ich hätte viel weiter gehen und tiefer bohren können, aber ich habe es nicht getan. Ich frage mich, was ich sagen würde, wenn es jemals wieder so weit kommen sollte." Später habe Gribkowsky auch noch damit gedroht, den britischen Steuerbehörden mitzuteilen, dass Ecclestone Bambino leitet - eine Behauptung, die schwerwiegende Folgen hätte haben können, denn Ecclestone war zum damaligen Zeitpunkt ohnehin schon Gegenstand einer Untersuchung der Steuerbehörden.

"Alles, was er tun musste, war, den Steuerfahndern in England einen Brief zu schreiben und zu behaupten, dass er glaubt, der Trust sei ein Betrug, weil Herr Ecclestone alles kontrolliert. Das ist alles, was er hätte tun müssen", sagt Ecclestone. Der Brite ergänzt, dass ihn Gribkowsky um einen Kredit gebeten habe, um die BayernLB verlassen zu können. Dem soll der Formel-1-Geschäftsführer zugestimmt haben, um Gribkowskys Drohgebärden zu entschärfen.

Gerhard Gribkowsky und Bernie Ecclestone

Bild aus besseren Tagen: Gerhard Gribkowsky und Bernie Ecclestone Zoom

"Wenn er für unseren Trust Schwierigkeiten begonnen hätte, wären ein paar Milliarden auf dem Spiel gestanden", sagt Ecclestone. Im Gegensatz dazu kostete es nur 44 Millionen Dollar, Gribkowsky zum Schweigen zu bekommen - ungefähr der Gegenwert von einem Prozent des gesamten Trusts.

Ecclestones Gründe, warum er den Banker bezahlt hat, und sein Verhältnis zum Trust waren Schlüsselpunkte der Befragung durch die Staatsanwaltschaft München im April. "Ich habe viel Zeit mit den Staatsanwälten verbracht. Ich habe ihnen alle Informationen gegeben. Sie wissen das alles", sagt der 81-Jährige.

Ecclestone findet nicht, dass er erpresst wurde, weil er Gribkowsky eigenen Angaben nach gern bezahlt hat und der Banker nie direkt damit gedroht habe, die Steuerbehörden zu kontaktieren, sollte er nicht bezahlt werden. Gribkowsky streitet alle Vorwürfe ab und behauptet, die Zahlungen seien für Beratertätigkeiten gewesen.

Der Prozess wurde am Montag in München mit der Aussage des früheren BayernLB-Vorsitzenden Werner Schmidt fortgesetzt.

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