Bahrain: Webber bricht das Schweigen der Pilotenriege

Red-Bull-Pilot Mark Webber gibt als einziger Pilot Einblicke, wie er mit der Bahrain-Debatte umgeht: Er würde beim Wüstenrennen fahren, aber nicht ohne Bauchweh

(Motorsport-Total.com) - Eine mögliche Stellungnahme zum Thema Bahrain löst bei manchen Fahrern offenbar mehr Angst aus als das wegen der blutigen Zusammenstöße umstrittene Rennen im Insel-Königreich am Golf in der kommenden Woche. Die meisten Piloten vermeiden es in Schanghai, ihre Meinung zu äußern, ob die Formel 1 in Bahrain Gefahr laufe, zum politischen Spielball zu werden.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber versuchte als einziger Pilot nicht, das Thema Bahrain zu vermeiden

Die Bandbreite der Antworten geht von "Kein Kommentar" über "Ja" oder "Nein" bis zu "Ich mache das, was das Team mir sagt". Auch Weltmeister Sebastian Vettel gibt sich diesbezüglich zugeknöpft und drückt sich mit etwas Humor davor, Position beziehen zu müssen. Der 24-Jährige meint, die Bilder von demonstrierenden Menschen in Bahrain seien ihm fremd.

Vettel bezieht nicht Position

"Ich habe ein Jahr lang nichts gesehen", so der Red-Bull-Pilot. "Vielleicht sehe ich nicht genug fern. In Deutschland gibt es genug Probleme, da bleibt keine Zeit..." Auf die Frage, ob er Informationen von Bernie Ecclestone hätte, ob das Rennen stattfindet, grinst er: "Ich habe nicht gefragt, deswegen hat er auch nichts gesagt."

Er selbst will dazu nicht Stellung beziehen: "Ich glaube, Bernie und andere machen sich da schon genug Gedanken. Ich denke, wenn es heißt, dass wir fahren - und im Moment heißt es das glaube ich -, dann fahren wir dort. Und wenn nicht, dann nicht. Sollten wir fahren, dann ist glaube ich alles in Ordnung, und wenn nicht, dann gibt es Gründe, die dagegen sprechen."

Nimmt sich die Formel 1 zu wichtig?

Gewohnt offen und direkt präsentiert sich hingegen Teamkollege Mark Webber - als einziger Fahrer im Feld. Überraschenderweise spricht er sogar selbst das im Fahrerlager derzeit allgegenwertige Thema an und meint, dass die Formel 1 sich nicht zu wichtig nehmen sollte: "Am Ende ist es ein Autorennen. Es gibt jede Menge Leute auf der ganzen Welt, die keine Ahnung davon haben, dass am kommenden Wochenende ein Grand Prix in Bahrain stattfindet. Daher sollten wir uns in unserer eigenen Blase nicht zu sehr in die Sachen hineinsteigern und es überbewerten. Das Ganze kann blitzartig abgesagt werden."

Der 35-Jährige gibt offen zu, dass auch er große Schwierigkeiten hat, die Situation richtig einzuschätzen, da unterschiedliche Meldungen aus Bahrain durch die Medien geistern: "Man will natürlich zu Bahrain fair und korrekt Position beziehen. Das bezieht die Position des Teams und meine Position mit ein. Man will es richtig machen, denn es handelt sich nicht um ein normales Thema. Die Situation ist ungewöhnlich für einen Grand-Prix-Piloten."

Webber möchte in Bahrain fahren

Webber macht keinen Hehl daraus, dass ihn die diffuse Situation in Bahrain in der letzten Zeit "abgelenkt" hat. "Ich habe versucht, die Nachrichten zu verfolgen, damit ich mir eine Meinung bilden kann, die so ausgewogen wie nur möglich und nicht zu sehr von Fehlinformationen verdorben ist", sagt er.

Während der Red-Bull-Pilot im Vorjahr gegen das Rennen Position bezog, meint er dieses Jahr: "Wenn wir eine Wahl haben... möchte ich fahren. Ich möchte dorthin fahren und es tun. Aber man kann die Tatsache nicht ignorieren, dass es in unserem Sport viele gute Leute gibt, und alle haben im Hinterkopf, dass die Sache so problemlos wie möglich über die Bühne gehen sollte und wir uns nicht in die Situation einmischen wollen, die sich dort abspielt."

Der Mann aus Down Under hat leichtes Bauchweh, wenn er an das Rennen denkt, zumal nicht alle Menschen wie sein Red-Bull-Team von extra engagierten Securitys geschützt werden: "Ich verstehe, dass das nicht jeder haben kann, und dadurch fühle ich mich nicht unbedingt wohler."

Webber weiß auch, dass die Situation für Ecclestone und FIA-Boss Jean Todt nicht leicht ist: "Große Entscheidungen müssen getroffen werden, und hoffen wir mal, dass alles gut geht." Am Ende müsse aber auch er sich auf das Urteil der FIA verlassen: "Reden wir nicht um den heißen Brei herum: Die Sache ist heikel, wir erhalten von dort unterschiedliche Sichtweisen - von beiden Seiten. Ich werde daran ständig auf Twitter erinnert. Es würde mich interessieren, wie die Situation ohne soziale Netzwerke wäre. Wir müssen uns aber darauf verlassen, wie die FIA die Lage einschätzt."

Welche Rolle spielt das Geld?

Doch viele im Fahrerlager stellen sich die Frage, inwiefern finanzielle Interessen den Entscheidungsprozess beeinflussen: Bahrain ist bei der FIA eine der einflussreichsten Nationen, eine Staatsholding besitzt 50 Prozent des McLaren-Rennstalls - und dann wäre da noch die Renngebühr in Höhe von rund 30 Millionen Euro, die der Formel 1 entgehen würde, wenn das Rennen abgesagt wird. Vor allem in Anbetracht der schwierigen finanziellen Situation mancher Teams eine beträchtliche Summe.

"Wir erhalten viel finanzielle Unterstützung und Finanzen aus Abu Dhabi und Bahrain und dem Mittleren Osten", weiß Webber. "Sie begeistern sich sehr für die Formel 1 und wollen es noch einmal probieren. Schauen wir mal, ob es funktioniert." Daran hätte das in Bahrain herrschende Königshaus großes Interesse. Nachdem man bereits enorme PR-Summen ausgegeben hat, um das zuletzt stark in Mitleidenschaft gezogene Image des Landes wieder aufzubessern, dient auch der Grand Prix diesem Zweck.

Bernie Ecclestone

Bernie Ecclestone sieht keinen Grund, Bahrain abzusagen Zoom

Auch Horner vertraut der FIA

Auch Webbers Teamchef Christian Horner vertraut darauf, dass die FIA die richtige Entscheidung treffen wird und die Situation den Tatsachen entsprechend einschätzt. "Alle verfolgen derzeit gespannt die Nachrichten, und man wartet darauf, dass man von dort Nachrichten erhält", gibt der Brite zu. "Die FIA ist aber der Dachverband dieses Sports und sie handeln nicht nur im Interesse unseres Teams, sondern auch im Interesse des Sports, der Medien und von allen, die an der Formel 1 beteiligt sind. Es ist ihr Urteil, auf das wir uns verlassen, denn sie beschäftigen sich mit der Sache viel genauer als wir. Wir halten uns an ihre Updates und an ihren Rat."

Er rechnet damit, dass der Grand Prix ganz normal über die Bühne gehen wird: "Wir nehmen an einer Weltmeisterschaft teil, um alle Rennen zu bestreiten. Bahrain ist offensichtlich immer noch im Kalender, und wir planen, von diesem Rennen hier direkt nach Bahrain zu reisen. Die Fracht wird direkt dorthin geliefert - außer jemand vom Dachverband sagt, dass alles anders ist."