• 17.01.2002 20:58

  • von Reinhart Linke

Badoer: "Habe 2002 noch mehr Arbeit"

Luca Badoer sprach in Madonna di Campiglio über seine Aufgaben im Team, seine Zukunft, die Reifen und vieles mehr

(Motorsport-Total.com) - Ferrari-Testfahrer Luca Badoer bestreitet in diesem Jahr seine fünfte Saison bei Ferrari. Bereits seit 1998 zählt der Italiener zum Ferrari-Team und fühlt sich dort sichtlich wohl. "Insgesamt bin ich sehr glücklich mit dem, was ich bei Ferrari mache", ließ der ehemalige Minardi-Fahrer auf einer Pressekonferenz bei der Ferrari-Skiwoche in Madonna di Campiglio wissen, wo sich das Ferrari-Team derzeit die letzten Tage Winterurlaub gönnt. "Vielleicht würde ich den Job mit einem anderen Team nicht so mögen. Aber hier bin ich glücklich."

Titel-Bild zur News: Luca Badoer

Auf Ferrari-Testfahrer Luca Badoer kommt in diesem Jahr noch mehr Arbeit zu

Obwohl der 30-Jährige im vergangenen Jahr nicht ein einziges Rennen bestritten hat, legte er mehr als 64 Renndistanzen zurück. Das war 1998, als er bei Ferrari angefangen hat, nicht so: "In den letzten fünf Jahren haben sich die Dinge ständig entwickelt", resümiert der Testfahrer. "In meinen ersten paar Jahren bei Ferrari fuhr ich zwischen 2.000 und 3.000 Kilometern pro Jahr. Ich meine, dass ich nur eine kleine Rolle bei der Entwicklung des Rennautos spielte. Ich musste die weniger wichtigen Aufgaben erledigen, die wichtigen Tests wurden von den Rennfahrern durchgeführt. Im letzten Jahr fuhr ich jedoch über 20.000 Kilometer und arbeitete ungefähr an jedem Aspekt des Autos, von der Aerodynamik bis hin zur mechanischen Seite."

"Bin voll ins Entwicklungsprogramm integriert"

Obwohl Luca Badoer nur Testfahrer ist und letztlich die Stammfahrer Michael Schumacher und Rubens Barrichello den Ferrari auf ihre Bedürfnisse einstellen müssen, ist der Testfahrer heute voll in das Entwicklungsprogramm des Rennautos integriert. "Ich werde in die Entwicklung des Autos voll mit eingebunden, während die Rennfahrer immer weniger und weniger testen", fuhr der 49-fache Grand-Prix-Teilnehmer fort. "Jetzt bin ich in meinem fünften Jahr und es gibt zuviel Arbeit, als dass ich sie alleine erledigen könnte. Schon letztes Jahr gab es für uns drei zu viel Arbeit, weshalb wir jetzt einen vierten Fahrer haben."

Luciano Burti wurde von Ferrari in der Winterpause als zweiter Testfahrer verpflichtet. Trotzdem bedeutet dies nicht weniger Arbeit für den Italiener. "Ich habe gedacht, dass ich mit seiner Verpflichtung etwas weniger Arbeit haben würde", erklärte der Wahlmonegasse. "Aber in Wahrheit erhöht sich die Arbeitsbelastung, also tue ich dasselbe wie im letzten Jahr." Vor allem, weil McLaren-Mercedes für dieses Jahr auf Michelin-Reifen gewechselt hat, muss Luca Badoer mehr testen. "Wir testen mehr, weil wir das Nummer-1-Team von Bridgestone sind und die Aufgabe des Reifenentwickelns hauptsächlich meine ist", fügte er an. "Die Reifentests ziehen eine große Kilometerzahl mit sich und ich denke, dass ich sie zum größten Teil erledigen werde. Ich habe bereits am Barcelona-Test teilgenommen. Ich denke, dass Luciano andere Aufgaben vom Programm absolviert."

Reifenwechsel von McLaren laut Badoer ein Vorteil für Ferrari

Trotz der größeren Arbeit glaubt der Meister der Italienischen Formel-3000-Meisterschaft von 1992, dass der Wechsel der Reifenmarke von McLaren-Mercedes für Ferrari ein Vorteil ist. "Wie in jeder Situation gibt es Vor- und Nachteile", erklärte der Mann aus Montebelluna. "Das Problem könnte sein, dass es keinen Bezugspunkt gibt. Aber ich sehe es mehr als Vorteil, weil die Autos ohnehin alle auf die eine und andere Weise unterschiedlich sind. Wir haben die Möglichkeit, die Reifen spezifisch für unser Auto zu entwickeln, da wir das Nummer-1-Team sind, was ein Plus sein kann. Wir haben mehr Arbeit zu erledigen, aber wir haben einen Nutzen davon."

Die Testzeiten aus Barcelona, wo McLaren-Mercedes überwiegend schneller als die Ferrari-Fahrer war, beunruhigen Luca Badoer nicht. "Letztes Jahr hatten wir das schnellste Auto", so der Hobbytennisspieler weiter. "Obwohl uns McLaren beim Barcelona-Test geschlagen hat, bedeutet dies nicht, dass sie uns letztes Jahr mit den Reifen, die sie jetzt haben, geschlagen hätten. Es ist schwierig, das Potenzial eines Autos beim Testen zu beurteilen, da man zum Beispiel nie weiß, wie viel Kraftstoff sie verwendet haben. Wir wissen, dass unsere Reifen auf einigen Strecken gut, auf einigen sogar besonders gut funktionieren. Michelin war auf schnellen Strecken, auf Geraden und in den Schikanen besser, während Bridgestone einen Vorteil auf Strecken wie Ungarn und in langsamen Kurven hatte. Am Ende hängt es von der Strecke ab. Jetzt ist es Michelins Aufgabe, den Unterschied auf langsamen Strecken zu verringern und wir müssen uns an schnellen Strecken verbessern."

"Vermisse das Rennen fahren nicht"

Der letzte Grand Prix von Luca Badoer datiert auf den 31. Oktober 1999, als er im Minardi am Japan-Grand-Prix teilnahm. Seitdem hat der Italiener kein Formel-1-Rennen mehr bestritten. Vermisst er nicht langsam die Rennen? "Ich vermisse sie nicht sehr", antwortete der 1,71 Meter große Mann. "Ich fuhr 50 Grand Prixs in der Formel 1, aber ich fuhr nie für ein konkurrenzfähiges Team, welches mir die Möglichkeit gab, Punkte einzufahren. Ich vermisse den Wettbewerb in der Formel 1 nicht. Jedoch vermisse ich die Emotionen bei einem Rennsieg. Wenn ich in der Formel 3000 konkurrenzfähig war, kämpfte ich um Siege. Wenn man in der Formel 1 nicht für Ferrari, McLaren oder Williams fährt, hat man praktisch keine Chance, ein Rennen zu gewinnen, solange es keine außergewöhnlichen Umstände gibt."

Deshalb sieht der Wahlmonegasse seine Zukunft auch bei Ferrari. "Um ehrlich zu seine werde ich nicht mehr in einer anderen Formel fahren", erklärte der Popmusikfan. "Ich würde zum Beispiel nicht in Amerika fahren wollen. Meine Arbeit mit Ferrari beschäftigt mich auf Dauer, ich habe keine Zeit für etwas anderes. Es würde besonders schwierig vorstellbar, in die Staaten zu gehen und dort in einer anderen Serie ernsthaft zu fahren. Letztes Jahr habe ich über hundert Tage getestet, was eine wirklich große Belastung ist."

Als Michael Schumacher 1999 verunfallte und für einige Rennen ausfiel, verpflichtete Ferrari Mika Salo anstatt den Testfahrer zu befördern. Trotzdem ist Luca Badoer heute bereit, einzuspringen, falls einer der Stammfahrer ausfällt. "Wie Michael schon oft gesagt hat, gibt es in unserem Team keine Nummer eins, zwei, drei oder vier", unterstreicht der ehemalige Grand-Prix-Fahrer. "Der Beste für die Weltmeisterschaft fährt und so würde auch der dritte oder vierte Fahrer fahren, wenn es notwendig ist. Letztes Jahr gab es das Gerücht, ich würde für Michael im letzten Rennen fahren. Michael war verständlicher Weise durch einige Ereignisse durcheinander und ich war bereit, seinen Platz einzunehmen. Doch am Ende fasste er den richtigen Entschluss und ich war nicht erforderlich."

Luca Badoer ist für 2002 optimistisch

Für dieses Jahr gibt es nur einige wenige Änderungen am Reglement der Formel 1 geben. Der Motorsportweltverband FIA hat jedoch erlaubt, dass Telemetriedaten nicht nur vom Auto zur Box, sondern auch umgekehrt von der Box zum Auto gesendet werden dürfen. Doch davon hat Luca Badoer noch nichts ausprobiert. "Ich habe es noch nicht versucht", erklärte er. "Es ist ein Hilfsmittel, welches außerhalb des Autos ist. Es ist ein System, welches von den Boxen aus oder durch den Fahrer im Cockpit aktiviert werden kann. Aber es ändert nichts daran, dass man das Auto fahren muss."

Und wie schätzt Luca Badoer in diesem Jahr das Formel-1-Feld ein? "Es ist schwierig, die Hackordnung zwischen den Topteams vorherzusagen", meint er. "Die Topteams sind mit Vorjahresautos in Barcelona gefahren. Ich denke, dass der Leistungsunterschied zwischen den Teams ähnlich wie im letzten Jahr sein wird. Ich denke, dass McLaren und Williams unsere Hauptrivalen sind, aber stark sein kann jeder. Wir müssen bis zu den letzten Tests vor dem ersten Grand Prix warten. Ich glaube, dass unsere Ingenieure sehr gute Arbeit erledigt haben und ich bin hinsichtlich unseres neuen Autos sehr zuversichtlich. Es ist sehr stark. Wie müssen sehen, wie stark die Konkurrenz ist."