Aston Martin: Teilen Alpines Bedenken wegen Alonsos Alter nicht

Aston-Martin-Teamchef Mike Krack spricht erstmals über Fernando Alonso, der nun auch bei seinem einstigen Lieblingsteam verbrannte Erde hinterlassen hat

(Motorsport-Total.com) - Mike Krack macht sich offenbar keine Sorgen darüber, dass Fernando Alonso ab 2023 zum heimlichen Chef bei Aston Martin werden könnte. Der Luxemburger, der das operative Geschäft des Formel-1-Teams von Eigentümer Lawrence Stroll vor Saisonbeginn 2022 von Otmar Szafnauer übernommen hat, geht davon aus, dass Aston Martin mit Alonso "die perfekte Wahl" getroffen hat.

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso hat bei Aston Martin einen mehrjährigen Vertrag unterschrieben Zoom

Dass Alonso aus Sicht seiner früheren Arbeitgeber in der Vergangenheit oftmals ein schwieriger Charakter war, ist an Krack nicht vorbeigegangen. Er unterstreicht aber: "Es gibt einen Grund dafür, warum die großen Champions da sind, wo sie sind."

"Weil sie Fragen stellen, weil sie ehrgeizig sind, weil sie ihre Teams antreiben. Das ist uns bewusst. Aber das ist auch das, was wir von diesen Fahrern wollen. Wir wollen uns als Team weiterentwickeln, und dafür brauchen wir solche Fahrer."

Alonsos unrühmliche Vergangenheit ...

"Für uns hätte es keine bessere Wahl geben können. Ja, das ist einer der Aspekte", räumt Krack ein. "Aber wir dürfen auch die anderen Aspekte nicht vergessen: seinen Speed, seine Erfahrung, dass er super hungrig ist. Für uns ist er die perfekte Wahl."

Wie schwierig Alonso sein kann, davon kann Ron Dennis ein Liedchen singen. Alonsos Rolle in der "Spygate"-Affäre rund um McLaren im Jahr 2007 ist unvergessen. 2015 blamierte er Honda, als er den Motor der Japaner vor Heimpublikum am Boxenfunk als "GP2-Engine" verteufelte. Und jetzt hat er auch in Enstone verbrannte Erde hinterlassen.

Als Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer unmittelbar nach dem für ihn völlig überraschenden Wechsel zu Aston Martin behauptete, dass er noch nicht mit Alonso sprechen habe können, weil der gerade auf einer Jacht vor Griechenland Urlaub mache, postete Alonso auf Social Media demonstrativ ein Foto mit Grüßen aus seiner Heimatstadt Oviedo.

Bei Alpine hinterlässt der Spanier jetzt einen Scherbenhaufen. In der Annahme, dass Alonso bleiben würde, hat man offenbar den Vertrag mit Oscar Piastri nicht ausreichend festgezurrt. Der wird 2023 aller Voraussicht nach bei McLaren fahren. Über den genauen Ablauf dieser Transfers sind allerdings noch wenig Fakten öffentlich bekannt.

Klar ist, dass die Gespräche mit Alpine, zumindest aus Szafnauers Sicht, an der Vertragsdauer gescheitert sind: "Ich dachte, wir hätten uns geeinigt und es sei alles okay", gibt der Alpine-Teamchef zu. "Aber Fernando wollte wohl einen etwas längeren Vertrag und wir einen etwas kürzeren."

Szafnauer macht's konkret: "Wir haben ihm einen 1+1-Vertrag angeboten. Weil es schwierig ist, die Zukunft vorherzusehen. Ich habe Fernando erklärt: 'Wenn du nächstes Jahr um diese Zeit immer noch auf diesem Level performst, dann werden wir mit dir weitermachen.' Aber er wollte mehr Sicherheit, unabhängig von seiner Leistung."

Warum Alonso Alpine abgesagt hat

Was Szafnauer nicht dazusagt: Esteban Ocons Vertrag läuft bis einschließlich 2024. Dass Alpine einen Franzosen vor die Tür setzt, gilt als unwahrscheinlich. Piastri noch länger hinzuhalten, wäre aber undenkbar gewesen. Insofern wären die Chancen, dass Alpine die Option auf Alonso für 2024 gezogen hätte, womöglich gering gewesen.

Aus Teamsicht ist die Argumentation eine andere: "Es kommt immer der Zeitpunkt, an dem ein Rennfahrer körperlich nachlässt und er nicht mehr die gleichen Fähigkeiten hat wie früher, als er noch jünger war. Selbst Michael Schumacher ist das so gegangen. Er war mit 42 nicht mehr der gleiche Rennfahrer wie mit 32 oder 35", findet Szafnauer.

Sorgen, die sich Alonsos neuer Arbeitgeber Aston Martin "überhaupt nicht" macht: "40 ist das neue 30!", lacht Krack. "So gesehen ist er ein sehr junger Fahrer. Das bereitet uns kein Kopfzerbrechen. Er beweist, dass er super schnell ist, und wir gehen nicht davon aus, dass seine Leistung abfallen wird."

Ganz im Gegenteil: Aston Martins Masterplan ist darauf ausgelegt, 2026 um Siege und WM-Titel kämpfen zu können. Dann wird Alonso 45 Jahre alt sein. Aber Krack würde es "nicht überraschen, wenn er noch länger fährt".

Dass er 2023 wohl nicht ganz vorn mitfahren wird, ist Alonso bewusst. Krack erklärt: "Wir haben ganz offen über unsere Struktur und unsere Infrastruktur gesprochen und über unsere Pläne, wie wir die nächsten Jahre angehen wollen. Ich denke, das hat ihn ausreichend überzeugt."

Krack: Alonsos Netzwerk hat eine Rolle gespielt

"Fernando ist klug. Er beobachtet die Formel 1 und weiß dank seines Netzwerks aus so vielen Jahren, was bei den Teams los ist. Wir müssen ihn nicht von uns überzeugen. Er weiß aus seinen Quellen ganz genau, wo wir stehen, und er scheint davon überzeugt zu sein, dass er hier was bewirken kann."

"Warum ist er zu uns gekommen? Weil er Potenzial sieht, weil er daran glaubt, was wir tun, wie wir unsere Infrastruktur ändern, wie wir Personal anwerben. Wir sind nicht hier, um Alpine zu schlagen - sondern wir wollen alle schlagen und die Besten sein. Dass Fernando zu uns wechselt, ist ein großer Vertrauensbeweis."

Interessant: Welche Rolle Krack beim Alonso-Wechsel von Alpine zu Aston Martin gespielt hat, ist unklar. Der ehemalige BMW-Motorsportchef behauptet, dass er den genauen Ablauf, wann wer mit wem gesprochen und was verhandelt hat, nicht kenne. Das suggeriert, dass er nicht der Chefverhandler war.


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Laut Krack entscheiden Eigentümer Lawrence Stroll, Group-CEO Martin Whitmarsh, CTO Andrew Green, Performancedirektor Tom McCullough und er selbst gemeinsam. "Dann bestimmen wir, wer die Verhandlungen führt. Jemand wie Martin Whitmarsh kennt fast jeden in der Formel 1. Es geht darum, wer den besten Zugang zu einem Manager oder einem Fahrer hat", so Krack.

Whitmarsh und Alonso, muss man dazu wissen, kennen sich von McLaren. Das könnte eine Rolle dabei gespielt haben, dass sich die beiden Seiten schnell einig waren: "Fernando hat immer gesagt, wenn zwei Parteien etwas gemeinsam machen wollen, dann dauert es zehn Minuten, sich zu einigen", lacht Krack. Letztendlich habe es dann "ein paar" solche Gespräche gegeben.

Wann genau Alonso zu Aston Martin stößt, ist allerdings noch offen. Ein Test unmittelbar nach dem letzten Rennen ist zumindest derzeit nicht geplant. Krack erklärt: "Ich kenne seinen Alpine-Vertrag nicht. Stand heute gehe ich vom 1. Januar aus." Ein früherer Test "wäre schön. Aber darüber hat es noch keine Gespräche gegeben."