Analyse erstes WM-Drittel: Vier aus 22

Nach sechs von 18 Rennen haben noch vier von 22 Piloten realistische Chancen auf den WM-Titel - Analyse mit Experte Marc Surer

(Motorsport-Total.com) - Sechs von 18 Formel-1-Rennen 2008 sind absolviert, das erste Saisondrittel ist also gelaufen. Rein rechnerisch haben noch alle 22 gestarteten Teilnehmer Chancen auf den WM-Titel, praktisch ist der Kreis der Favoriten aber schon deutlich eingeengt. Im Grunde genommen gibt es nach dem Grand Prix von Monaco noch vier ernsthafte Kandidaten.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa vor Lewis Hamilton

Der Titelkampf 2008 scheint sich wieder auf ein rot-silbernes Duell zuzuspitzen

Dabei handelt es sich um Monaco-Sieger Lewis Hamilton (38 Punkte), Kimi Räikkönen (35), Felipe Massa (32) und eventuell Robert Kubica (32). Schon ein wenig Rückstand haben die zwei übrigen Fahrer aus den drei Topteams, Nick Heidfeld (20) und Heikki Kovalainen (15). Interessant außerdem: Nur die Top 3 haben bisher Rennen gewonnen, allerdings ist es noch niemandem gelungen, für einen Doppelschlag zu sorgen.#w1#

Trendwende pro Massa

Spannend ist auch die Rechnung ab dem dritten Saisonrennen, also nach Massas beiden Nullrunden in Australien und Malaysia. Kalkuliert man nämlich nur die vergangenen vier Grands Prix, dann würde es folgendermaßen stehen: Massa (34) vor Räikkönen, Hamilton und Kubica (je 24) sowie Red-Bull-Punktehamster Mark Webber (13). Daraus lässt sich zumindest mal der Trend ableiten, dass Massa momentan der Mann ist, den es zu schlagen gilt.

"Ich habe Massa einfach so in Erinnerung, dass er seine Highlights hat und dann wieder einbricht." Marc Surer

Von den jüngsten Performances des Ferrari-Piloten überrascht ist auch 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer: "Im Moment hält seine Form länger an als andere Jahre, aber ich habe ihn einfach so in Erinnerung - ob bei Sauber oder Ferrari -, dass er seine Highlights hat und dann wieder einbricht", so der Schweizer, der in Monaco seinen 200. Grand Prix für 'Premiere' kommentiert hat. "Die Frage ist natürlich: Wie kann Kimi kontern?"

"Ich glaube, der Schlüssel ist Kimi, denn Kimi hat es in der Hand, Massa nervös zu machen, indem er ihm wieder Punkte wegnimmt. Für Massa ist Kimi im Moment nämlich der wichtigere Gegner als Hamilton", analysiert Surer, der im internen Konkurrenzkampf bei den Roten aus Maranello keinen Vorteil erkennen kann: "Ferrari hat nach wie vor das Problem, dass sie nicht auf einen Fahrer setzen können."

Ferrari schneller als McLaren-Mercedes

Weitgehend Einigkeit herrscht darüber, dass der Ferrari F2008 im ersten Saisondrittel das schnellste Auto seines Jahrgangs war, schließlich hat er vier von sechs Rennen gewonnen. Zuletzt in Monaco hatte allerdings Hamilton im McLaren-Mercedes MP4-23 die Nase vorne - zwar mit ein bisschen Glück, aber in Summe doch verdient: "Er ist einfach schneller gefahren als die anderen. McLaren waren im Rennen stärker als Ferrari", stimmt Surer zu.

"McLaren war im Rennen in Monaco stärker als Ferrari." Marc Surer

Tendenziell war Hamilton keineswegs der dominante Mann der ersten sechs Rennen, aber trotzdem führt er momentan die Weltmeisterschaft an. Genau das könnte am Ende der Schlüssel zum WM-Titel sein: dass McLaren-Mercedes die kleine Schwächephase zu Beginn schadlos überstanden und sogar mehr Punkte als Ferrari geholt hat, obwohl Räikkönen und Massa vom Speed her die besseren Voraussetzungen hatten.

Das bringt Surer zu folgendem Schluss: "Du musst alle Punkte mitnehmen, die du kriegen kannst", so der 56-jährige Schweizer. "Ich habe dieses Punktesystem schon 100 Mal angezweifelt, denn es belohnt nicht zwingend den, der am öftesten gewinnt, sondern den, der immer Punkte sammelt. Dadurch könnte es die komische Situation geben am Ende, dass Ferrari dominiert, aber jemand anderer Weltmeister wird."

Nimmt Kovalainen Hamilton Punkte weg?

Allerdings könnte auch bei McLaren-Mercedes noch ein teaminterner Konkurrenzkampf aufkeimen, der Hamilton das Leben bestimmt schwer machen würde: "McLaren wird Kovalainen gewinnen lassen, wenn er mal die Chance dazu bekommt", ist unser 'Motorsport-Total.com'-Experte überzeugt. "Kovalainen kann für Hamilton durchaus zum Problem werden. Er ist nämlich so schnell, dass er ihm Punkte wegnehmen kann."

Heikki Kovalainen

Heikki Kovalainen war ein bisschen der Pechvogel des ersten Saisondrittels Zoom

Und dann ist da noch der polnische Underdog Kubica, den niemand wirklich auf der Rechnung hat. Aber: Still und heimlich hat der BMW Sauber F1 Team Pilot seit Malaysia nur um zwei Punkte weniger gesammelt als die beiden Ferrari-Stars und sogar um vier mehr als WM-Leader Hamilton. Kubicas F1.08 ist zugegeben derzeit das langsamste der drei Topautos, aber die Designmannschaft um Willy Rampf hat im Winter schon einmal ein kleines Wunder vollbracht.

Stellt sich die Frage: Ist das noch einmal möglich, sodass Kubica ernsthaft in den WM-Kampf eingreifen kann? "Es wird schwierig, diese Lücke zu schließen", zeigt sich Surer skeptisch. "Man hat eher das Gefühl, dass BMW in Bahrain schon dran war, aber dann mussten sie erkennen, dass doch noch ein Stück fehlt. Von daher kann ich mir fast nicht vorstellen, dass sie während der Saison aufschließen können."