Allison: Boliden werden nie nach Fahrstilvorlieben designt

Lotus-Technikchef James Allison räumt mit der Mär auf, dass ein Team beim Design des Boliden auf einen Fahrer eingehen kann und der Teamkollege somit im Nachteil ist

(Motorsport-Total.com) - Der eine mag Untersteuern, der andere ein loses Heck. Welcher Weg um einen Grand-Prix-Kurs der schnellste ist, ist daher nicht so leicht zu beantworten - oft gibt es unterschiedliche Wege, die zu einer Spitzenzeit führen. Immer wieder ist in der Formel 1 davon zu hören, dass Piloten eine unterschiedliche Fahrzeugcharakteristik bevorzugen, was auch schon zu internen Machtkämpfen geführt haben soll. Wer demnach das Team auf seine Seite zieht, kann auch die Entwicklung des Boliden in seine Richtung lenken.

Titel-Bild zur News: James Allison

Lotus-Technikchef Allison erklärt, welche Rolle der Fahrer beim Design spielt Zoom

Doch diese Theorie ist umstritten - zumindest wenn man Technikchef James Allison vom Lotus-Rennstalls Glauben schenkt. Der Brite ist mit Kimi Räikkönen und Romain Grosjean mit einer Fahrerpaarung konfrontiert, die bei der Fahrzeugausrichtung unterschiedliche Vorlieben hat. Der Finne hasst Untersteuern und verlangt ein sehr direktes Auto, während der Franzose eher ein klassisches Setup mit einem Hang zum Untersteuern bevorzugt.

Fahrervorlieben bei Designprozess bedeutungslos

Auf das Design des Autos wirkt sich dies laut Allison gar nicht aus: "Man darf sich das nicht so vorstellen, dass man das Fahrzeug nach der Charakteristik eines bestimmten Fahrers designt, um es an dessen Fahrstil anzupassen - so etwas macht man nicht." Stattdessen versuche man, ein flexibles Auto mit einer großen Bandbreite von Möglichkeiten zu bauen - dies sei alleine schon wegen der unterschiedlichen Streckentypen notwendig.

Romain Grosjean, Kimi Räikkönen

Allison behauptet, dass beim Design kein Fahrer bevorteilt werden kann Zoom

Der Bolide müsse "an einem bestimmten Tag mit einem bestimmten Fahrer und bei bestimmten Streckenbedingungen so ausbalanciert werden können, wie es der Fahrer gerne hätte. Der Umfang an Einstellungsmöglichkeiten ist viel größer als das - man stimmt das Aufhängungssetup beim Designprozess nicht auf einen Menschen ab."

Bei der Aerodynamik ist der Faktor Mensch laut Allison sogar noch unwichtiger: "Man beachtet den Fahrer dabei gar nicht. Und die Aerodynamik ist der entscheidende Faktor, wenn es um die Geschwindigkeit eines Autos geht."

Fahrstil wird überbewertet

Immer wieder hört man auch, dass es ein Vorteil ist, wenn ein Fahrer länger für einen Rennstall fährt, da das Team im ersten Jahr die Vorlieben des Piloten in punkto Fahrstil noch nicht kennt. Doch auch damit räumt Allison gegenüber 'redbull.com' auf. "Es ist absolut der Fall, dass Kontinuität bei den Fahrern ein Vorteil ist", erklärt er. "Aber dabei geht es eher um die Steuerung und den Sitz, als um das Auto."

Während die Charakteristik des Autos in Hinblick auf den Fahrstil laut Allison überschätzt wird, ist die Sitzposition von größerer Bedeutung als eigentlich angenommen. "Den Sitz so hinzukriegen, dass der Fahrer wirklich glücklich ist, ist wirklich arbeitsintensiv", gibt er interessante Einblicke. "Man setzt ihn in eine glitschige Substanz, muss dann warten, dann scannt man es, dann speist man diese chaotischen Daten in das CAD-System, glättet es zu einer schönen Oberfläche, bereitet das Werkzeug vor, und erst dann wird es gegossen. Das ist wirklich langweilig."

Bremspedal sorgt für rauchende Köpfe

Robert Kubica

Robert Kubica machte dem Team aus Enstone 2009 das Leben schwer Zoom

Auch das Bremspedal ist eine heikle Angelegenheit, verrät der Technikchef: "Fernando Alonso mag ein sehr weiches Pedal, aber als Robert Kubica zu uns kam, wollte er, dass das Pedal so steif ist, dass man es sich kaum bewegte."

Diese Extrawünsche können ein Team an die Grenzen bringen, wie diese Saison Räikkönens langwierige Probleme mit der Servolenkung gezeigt haben, schließlich handelt es sich dabei auch um einen Kostenfaktor. Allison verweist noch einmal auf Kubicas Probleme mit dem Bremspedal: "Wir haben so viel probiert, damit wir die Bremszangen nicht wegwerfen mussten - dabei handelt es sich um sehr teure Teile, die eine lange Lebensdauer haben." Ein Plan, der nicht aufging: "Am Ende gingen uns die Teile aus, die wir ändern konnten, und wir mussten für einen neuen Satz bezahlen. Das kostete uns eine Stange Geld, viel Zeit und jede Menge verlorene Mühen und Schweiß."