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  • 12.07.2001 15:20

  • von Marcus Kollmann

Alex Yoong im Interview

Der junge Malaie spricht ausführlich über die Tests letzte Woche im Minardi PS01 in Mugello

(Motorsport-Total.com) - Malaysias Formel-1-Nachwuchs Alex Yoong bestritt letzte Woche am 5. und 6. Juli mit dem Minardi-F1-Team in Monza seinen ersten Test in der Königsklasse überhaupt. Nach der Umgewöhnung an das Bremsen mit dem linken Fuß und dem Kennenlernen der Strecke fuhr der Malaie seine schnellste von insgesamt 67 Runden in 1:29.991 Minuten und war damit schneller als Minardis offizieller Testfahrer Andrea Piccini, welcher in seiner schnellsten von 65 Runden 1:31.260 Minuten benötigt hatte.

Titel-Bild zur News: Alex Yoong

Nächste Woche wird Alex Yoong erneut im Minardi testen

Nächste Woche soll der Malaie Yoong erneut einen Test für das Team in Faenza bestreiten und hofft, dass die FIA ihm die benötigte Superlizenz erteilt und er darüber hinaus auch die Sponsorengelder zusammenbekommt, sodass er eventuell schon ab dem Großen Preis von Ungarn neben Fernando Alonso im Minardi sitzen könnte.

Nach seinem ersten Test mit dem Minardi-Rennstall sprach Yoong ausführlich in einem Interview über seine Eindrücke.

Frage: "Nach deinem Test mit Minardi in Mugello hast du gesagt, dass du mit dem linken Fuß bremsen musstest, warum?"
Alex Yoong: "Der Minardi PS01 wurde so konstruiert, sodass sich das Bremspedal auf der linken Seite der Lenkungssäule befindet. Selbst wenn ich mit dem rechten Fuß hätte bremsen wollen wäre das nicht möglich."

Frage: "Sind alle Formel-1-Boliden so konstruiert und war es für dich deshalb beim Test besonders schwierig?"
Yoong: "Nein, nicht alle Autos sind so konstruiert. Wir hätten das auch ändern können, sodass die Funktion der Pedale vertauscht worden wäre, jedoch wollte ich mich von Beginn an daran gewöhnen, weil es für mich später nur von Vorteil sein wird. Natürlich war es schwierig für mich, da ich im linken Fuß nicht genauso viel Kraft besitze wie im rechten. Aber mit mehr Erfahrung und mehr Runden in dem Auto konnte ich mich schnell daran gewöhnen, den auszuübenden Druck auf das Pedal besser einschätzen und besser auf die Situation reagieren. Die meisten Formel-1-Piloten benutzen heutzutage den linken Fuß zum Bremsen, also gewöhne ich mich besser gleich von Anfang an daran."

Frage: "Worin liegen die größten Unterschiede zwischen einem Formel-3000-Auto und einem Formel-1-Boliden?"
Yoong: "Die Hauptunterschiede sind der generierte Abtrieb und die Power. Durch den höheren Abtrieb kann man die Kurven viel schneller fahren. Der Leistungsunterschied eines 800 PS starken F1- zu einem 470 PS starken F3000- und einem 530 PS starken Formel-Nippon-Auto ist schon groß, man kann sich das sicher gut vorstellen."

Frage: "Du hast in der Vergangenheit gesagt, dass die Formel Nippon eine gute Schule für Fahrer ist, welche in die Formel 1 gelangen wollen. In welchen Bereichen sind sich die in der Formel Nippon und in der Formel 1 eingesetzten Autos ähnlich?"
Yoong: "Es gibt keine bedeutsamen Ähnlichkeiten, da ein Formel-1-Auto wirklich etwas spezielles ist. Der Schritt von der Formel Nippon in die Formel 1 ist vergleichbar mit dem von der F3 in die F3000 oder Formel Nippon. Wie dem auch sei, meine persönliche Erfahrung aus der Formel Nippon hat mir geholfen alles genau zu verstehen, was mit der Konstruktion und dem Rennfahren auf dieser Ebene zu tun hat. Ich bin so mittlerweile immer gut vorbereitet und weiß, wie ich mit meinen Ingenieuren und Mechanikern arbeiten muss, damit wir das Auto schneller machen. Wenn es irgendeine Gemeinsamkeit gibt, dann würde ich sagen, dass die Anstrengungen einen Minardi-F1 zu fahren nicht größer sind als die in einem Formel-Nippon-Boliden."

Frage: "Kannst du uns verraten, was du aus dem Cockpit eines Formel-1-Autos heraus beim Fahren siehst? Siehst du genau das Bild, welches die Zuschauer im Fernsehen in der Cockpitansicht sehen?"
Yoong: "Nein. Es ist wegen der Vibrationen des Autos ein anderes Bild. Man kann die Strecke beim Fahren über die Unebenheiten und Curbs kaum sehen. Aber die Onboard-Kameras sind heutzutage so hoch entwickelt, sodass sie die Erschütterungen wahrscheinlich total kompensieren/absorbieren können. Zu Beginn gab es nur ein verwaschenes und verwackeltes Bild wenn die Autos über eine Unebenheit gefahren sind, jedoch heute nicht mehr. Als Fahrer sieht man die Strecke in solchen Momenten jedoch nur verschwommen. Die Vibrationen in einem Formel-1-Boliden sind viel größer als die eines Formel-Nippon-Autos, was mit den hochdrehenden Motoren und der leichten Konstruktion zusammenhängt. Man muss einfach die Strecke kennen und sie aus dem Gedächtnis fahren, wann immer man den Kurs nur noch verschwommen wahrnimmt."

Frage: "Wie sieht es mit dem Platz im Cockpit aus, vergleichen zu dem in deinem Reynard-Boliden?"
Yoong: "Im Minardi PS01 habe ich mit den Ellbogen ein wenig mehr Bewegungsfreiheit und das Lenkrad ist mir näher. Ich habe deshalb mehr Hebelkraft beim Kontrollieren des Lenkrads. Jedoch habe ich jetzt meinen Bizeps und Trizeps meiner Arme weiterentwickelt, da man mit gestreckten Armen in einem Formel-Nippon-Auto weniger den Nacken und die Schultern belastet. Ich bin konditionell sehr gut vorbereitet und wüsste nicht, in welchem Bereich ich noch fitter sein müsste."

Frage: "Heutzutage gibt es so viele Dinge die in einem Formel 1 vom Fly-by-wire-System kontrolliert werden. Kamst du mit den vielen Funktionen des Lenkrads zurecht?"
Yoong: "Ich hatte keine großen Probleme in dieser Hinsicht. Es war nur eine Sache, sich daran zu gewöhnen. Das einzige kleine Problem das ich hatte war jenes, dass ich immer auf rechten Seite bei der Fahrt aus der Box heraus nach meinem Schalthebel gesucht habe. Das war wirklich lustig, denn obwohl ich ja wusste, dass der Schalthebel nicht da ist, wollte mein Körper immer noch diesen benutzen. Das elektronische Lenkrad ist schon erstaunlich umfangreich."

Frage: "Wie schätzt du deine Leistung in Mugello selbst ein? Sei so kritisch zu dir selbst wie möglich."
Yoong: "Ich habe professionell gearbeitet und alles gemacht was das Team wollte. Ich glaube, dass das, was ich getan habe, mehr war als alle von mir erwartet hatten."

Frage: "Und wie geht es jetzt weiter?"
Yoong: "Als Nächstes werde ich jetzt am 18. und 19. Juli in Monza testen. Dann muss mein Management die Unterstützung durch die Sponsoren sicherstellen. Soweit ich weiß wird Minardi einen vertraulichen Bericht an unseren Minister für Jugend und Sport gleich nach diesem Test senden. Ich hoffe, dass jeder meine Bemühungen sieht und mir wie die Regierung von Malaysia und der Magnum Corporation Vertrauen entgegenbringt. Wenn das geschieht, werde ich hoffentlich schon bald mein erstes Formel-1-Rennen für meine Unterstützer, mein Land, meine Fans und mich selbst bestreiten. Ich kann es kaum noch erwarten."

Frage: "Zum Abschluss vielleicht noch ein Rat für die dir sicherlich nacheifernden Malaien?"
Yoong: "Ich möchte allen jungen malaysischen Fahrern mit dem Ziel Formel 1 sagen, dass es möglich ist, dieses zu erreichen und die dafür zu bringenden Opfer es wert sind. Bleibt zielstrebig, arbeitet hart und es wird dann eines Tages klappen. Ich möchte natürlich auch meinem Sponsor und der Magnum Corporation sowie der Regierung Malaysias und meinen Fans danken, dafür, dass sie all die Jahre an meiner Seite gestanden haben, um mich dahin zu bringen, wo ich heute stehe."