• 07.01.2007 14:21

  • von Pete Fink

Adrian Sutil im großen 'F1Total.com'-Interview (2)

Der deutsche Spyker-Pilot Adrian Sutil im zweiten Teil des großen 'F1Total.com'-Interviews - am morgigen Montag folgt der dritte und letzte Teil

(Motorsport-Total.com) - Adrian Sutil erinnert sich im zweiten Teil des großen 'F1Total.com'-Interviews an seinen Auftritt im Formel-3-Klassiker in Macao, der anfangs nicht ganz nach Wunsch lief und dem dann doch noch ein Happy End folgte. Er erzählt, wie aus dem Rennen ein wichtiger Baustein für sein Formel-1-Engagement wurde und gibt eine persönliche Einschätzung seiner Chancen in der Saison 2007.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Adrian Sutil ist nicht auf den Kopf gefallen

Mit Sutil stösst ein Fahrer in die Formel 1, der weder auf den Kopf gefallen ist, noch ein Blatt vor den Mund nimmt, sondern der seine eigene Meinung präzise zu artikulieren weiß. Außerdem verrät der sportlich vielseitige Münchner, dass er seit neuestem neben dem Piano noch ein weiteres, wesentlich gefährlicheres Hobby hat. #w1#

Das Macao-Rennen und die Folgen

Frage: "Adrian, wie war das in Macao? Nur Startplatz 15 und dann ein dritter Platz im Rennen?"
Sutil: "Ja, das war ein super Wochenende. Ich bin gut zurechtgekommen, ich bin gleich sehr schnell gewesen, nur in den Qualifyings habe ich es vielleicht etwas übertrieben. Ich wollte sofort ganz nach vorne, und wenn du da nur einmal ein bisschen zuviel pushst oder einmal von der Ideallinie weg bist, dann geht es sofort in die Mauer. Das ist sogar noch extremer als in Monaco, weil dort überall sehr schnelle Kurven sind. Und wirklich: Beide Male im Qualifying habe ich das Auto versenkt, beide Male noch mit alten Reifen, das war natürlich doof. Aber trotzdem ist noch ein 15. Platz im Qualifying herausgesprungen, und dann ging es nach vorne."

Frage: "Was natürlich nicht die schlechteste Performance war."
Sutil: "Auf jeden Fall. Manchmal wird es auch vielmehr geschätzt, von ganz hinten zu starten und dann vorne zu landen. Und ich war der einzige Toyota-Fahrer da vorne, mit denen hat sowieso keiner gerechnet."

Frage: "Warum hat keiner damit gerechnet? Wegen der schweren Maschine?"
Sutil: "Ja, genau. Die letzten Jahre hat Mercedes dort dominiert, Toyota hatte letztes Jahr keine Chance. Dieses Jahr sind die Mercedes-Motoren noch besser geworden, Toyota ist eher gleich geblieben, so dass jeder gedacht hat: 'Das wird überhaupt nichts.' Aber es war ein großer Erfolg, denn nach sieben Jahren stand Toyota zum ersten Mal wieder auf dem Podium."

Frage: "Aber dieses hervorragende Macao-Ergebnis war nicht in erster Linie ausschlaggebend für das, was dann später passiert ist?"
Sutil: "Nein, es war bestimmt ein Puzzlestück, was dann im weitesten Sinne dazu beigetragen hat. Es war natürlich schon vorher das Interesse von Spyker da und es wurden viele Gespräche geführt. Geplant war eigentlich ein Testfahrerjob, und so wurde auch verhandelt. Aber dann kam Macao, und es war für Colin Kolles schon sehr wichtig, dass ich auch da gut abschneide, denn es standen ja viele auf der Liste bei Spyker. Alle wollten dorthin, es war einer der letzten Plätze und deswegen hat mir das bestimmt auch einiges gebracht."

"Macao ist noch extremer als Monaco" Adrian Sutil

Ausblick auf die neue Formel-1-Saison

Frage: "Und jetzt in 2007 Formel 1. Wir haben als Rookie einen Heikki Kovalainen, wir haben einen Lewis Hamilton und auch einen Adrian Sutil. Wie hört sich das an?"
Sutil: "Super! Es sind gute Leute, die jetzt ihr Debüt geben werden, und es ist schön, einer von denen zu sein."

Frage: "Speziell Lewis Hamilton kennst du gut. Habt ihr noch Kontakt?"
Sutil: "Ja, ich kenne ihn gut, schätze ihn sehr. Wir haben auch immer noch Kontakt und telefonieren ab und zu. Lewis ist ein hervorragender Rennfahrer, und ich glaube, Fernando Alonso sollte ihn nicht auf die leichte Schulter nehmen."

Frage: "Mike Gascoyne wird das neue Auto bauen?"
Sutil: "Ja, es ist keine Weiterentwicklung des alten Autos, es wird ein komplett neues Auto, ein neues Chassis. Im Laufe des Jahres wird dann ein weiteres neues Auto entwickelt. Man plant ab dem Türkei-Rennen das Auto einzusetzen, und davon erhofft man sich sehr viel."

Sutil über das Thema Kundenchassis

Frage: "Wie ist deine Meinung zur Diskussion über die Kundenchassis?"
Sutil: "Ich bin nicht der Meinung, dass das gut ist, auch nicht für die Formel 1. Die Formel 1 steht einfach für Eigenbauten, jeder sollte sein Auto selber bauen und entwickeln. Es ist einfach unfair gegenüber den anderen Teams, insbesondere gegenüber den kleineren Teams, die sowieso genug Probleme haben. Und wenn jetzt ein paar Teams ihr Chassis für - sagen wir mal - wenig Geld einfach kaufen können... Ein Team wird immer irgendwo hinten herumkrebsen und einfach nicht hinterherkommen. Da sollte es schon für alle die gleichen Chancen geben. Und wenn das irgendwann einmal ein Thema sein sollte, dann sollte man das planen. Vielleicht in einem Zeitraum über drei Jahre, damit dann auch jeder Zeit hat, sich irgendetwas zu suchen. Aber nicht einfach so über den Winter."

"Kundenchassis sind schlecht für die Formel 1" Adrian Sutil

Frage: "Du spielst auf den Super-Aguri-Effekt in Jerez an?"
Sutil: "Ja. Man hat das in Jerez mit dem Honda-Chassis extrem gesehen. Auch letztes Jahr bei Toro Rosso und den V10-Motoren fand ich das nicht so prickelnd. Es sollte schon die gleichen Waffen für jeden geben, es geht um viel Geld in der Formel 1."

Frage: "Jetzt konntet ihr im Dezember in Jerez ja nicht testen. Warum?"
Sutil: "Der Hauptpunkt war, dass der Ferrari-Motor erst im Dezember geliefert wurde und der Toyota-Motor nicht mehr zur Verfügung stand. Wir haben ganz neue Reifen und wir hätten dann möglicherweise in eine falsche Richtung entwickelt, und deswegen hat sich das Team auch sicher das Geld gespart. Zudem waren auch die Fahrer noch nicht klar, daher hätte das zu der Zeit auch nur Christijan Albers machen können. Vielleicht war das gar nicht so schlecht, wir steigen jetzt Anfang Februar einfach mit doppeltem Elan ein."

Wie gut wird die Saison?

Frage: "Du hast mal gesagt: 'Besser als 2006 geht nicht'. Würdest du nicht sagen, dass es 2007 noch besser werden könnte?"
Sutil: "2006 war schon eine ganz tolle Saison, das Jahr hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich habe richtig tolle Rennen gehabt und alles hat so geklappt, wie ich mir das vorgestellt habe. Dann kam noch Macao, das hat dann noch mal alles übertroffen. Na ja und in den letzten Tagen hat natürlich das Formel-1-Thema noch mal die gesamte Saison 2006 getoppt. Deswegen würde ich sagen: 2007 wird erneut die schönste Saison in meiner Karriere (lacht; Anm. d. Red.)! Alleine die Erwartung in Melbourne an den Start zu gehen - wenn ich da drinsitze und die Lampen ausgehen, das übertrifft dann echt alles, glaube ich. Da weißt du dann: 'Jetzt bist du endlich dabei, du hast lange, harte Jahre hinter dir, jetzt zeig, was du kannst!'"

Frage: "Meinst du, dass ihr euch vom Start weg mit Super Aguri und der Scuderia Toro Rosso messen könnt? Ist Spyker auf deren Level?"
Sutil: "Also ich denke schon. Oder besser gesagt: Ich hoffe mal, dass es gleich bleibt oder dass wir eventuell einen kleinen Schritt nach vorne machen. Wir waren ja in den letzten Rennen 2006 schon sehr nahe an den Toro Rosso dran und auch Red Bull Racing hat gegen Ende ziemlich abgebaut. An Suzuka zum Beispiel kann ich mich gut erinnern, da wurde mit Toro Rosso, Super Aguri und Red Bull richtig gekämpft, da waren wir dran. Wenn wir jetzt noch einen Schritt machen, dann sind wir wieder dran und könnten durchaus mal Platz 13 oder Platz 14 im Qualifying anvisieren. Aber wir müssen jetzt abwarten, wie sich das alles so entwickelt. Eine wichtige Frage wird sein: Kundenchassis oder nicht? Und dann müssen wir natürlich die ersten Tests abwarten, dann kann ich vielleicht mehr sagen, was man sich denn für die Saison 2007 so vornehmen könnte."

Frage: "Und was sagst du zur 'Bild'-Schlagzeile: Sutil verdient 250.000 Euro?"
Sutil: "Da reimen sich viele was zusammen, das entspricht nicht der Realität. Leider! Aber meine Partner 'Medion', die einen ganz wesentlichen Beitrag in den letzten Jahren für meine Entwicklung geleistet haben, und auch 'Capri-Sonne', werden mich nicht verhungern lassen. Beide werden auch 2007 meine persönlichen Sponsoren bleiben. Aber ich bin froh, einen langfristigen Vertrag bei Spyker zu haben. Das mit dem Geld mitbringen ist jetzt vorbei. Da stand auch immer viel Blödsinn in der Presse. Fakt ist: Ich habe einen langfristigen Fahrervertrag."

Adrian Sutil

Macao war ein Höhepunkt der Saison 2006 Zoom

Das neue Adrenalin-Hobby Surfen


Frage: "Du hast neben dem Piano noch ein anderes Hobby, das Surfen."
Sutil: "Mein neues Hobby, ja. Ich habe einen neuen Fitnesstrainer, der wohnt auch hier in München und er hat mich jetzt in den Surfsport eingeführt. Er hat mir verschiedene Sachen gezeigt und wir waren auch eine Woche in Hawaii. Dort hat er mich dann einfach mit einem Brett ins Wasser gesetzt, und dann kam auch schon die erste Welle und die hat mich voll ins Wasser runtergezogen. Dann kam die zweite und die dritte und dann musste ich erstmal aus dem Wasser gehen, weil ich gedacht habe, ich sterbe da drin. Aber dann tastest du dich allmählich ran, und wenn du dann mal auf dem Brett stehst und die Wellen heruntersurfst, das ist wirklich ein einzigartiger Moment, das ist unglaublich."

Frage: "Wie hoch waren die Wellen?"
Sutil: "Ausgerechnet am ersten Tag waren sie natürlich am höchsten, so um die vier Meter. Und wenn du im Wasser bist, dann merkst du erstmal, wie klein du bist, weil so eine Vier-Meter-Welle, die macht dich einfach platt. Ich habe echt Angst gekriegt, obwohl ich sehr selten Angst bekomme, aber dort (lacht; Anm. d. Red.)... Es ist ja schon extrem schwierig, durch diese Wellen erstmal rauszuschwimmen. Aber es ist ein toller Sport und auch sehr gut für die Fitness. Du bist immer im Wasser, an der frischen Luft, du bist vollkommen der Natur ausgesetzt und du machst mal etwas ganz anderes als Motorsport. Es eignet sich auch sehr gut zum Relaxen, denn es ist alles ganz leise im Wasser, du bist ganz für dich und rundherum schwimmen die Schildkröten vorbei. Es war unglaublich, und das gefällt mir sehr gut. Ich werde versuchen, es in den nächsten Jahren weiterzumachen."

Frage: "Es gibt nur einen Nachteil: In München kann man das schlecht machen, oder?"
Sutil: "Stimmt, in München kann man das schlecht machen. Es gibt hier zwar eine Surfwelle am Eisbach, da kann man mal damit anfangen, und das Gefühl finden auf dem Brett zu stehen. Aber man muss natürlich schon irgendwo hinfahren, wo die Wellen gut sind. Eben Hawaii oder auch Indonesien zum Beispiel."