• 06.01.2007 13:33

  • von Pete Fink

Adrian Sutil im großen 'F1Total.com'-Interview (1)

Seit Weihnachten steht Hobbypianist Adrian Sutil als vierter Formel-1-Deutscher fest - Interview über seine bayrischen Wurzeln, sein Japan-Jahr und vieles mehr

(Motorsport-Total.com) - Preisfrage: Was haben Nick Heidfeld, Nico Rosberg, Ralf Schumacher und Adrian Sutil gemeinsam? Richtige Antwort: Sie werden Deutschland 2007, also im Jahr eins nach Michael Schumacher, als Rennfahrer in der Formel 1 vertreten. Sutil ist erst seit Weihnachten als vierter Mann im Bunde bestätigt, freut sich aber umso mehr auf die vor ihm liegende Aufgabe.

Titel-Bild zur News: Adrian Sutil

Greift nicht nur ans Lenkrad, sondern haut auch in die Tasten: Adrian Sutil

'F1Total.com' nahm sich dies zum Anlass, den Japanischen Formel-3-Meister zu Hause in Gräfelfing bei München zu besuchen. Im Rahmen dieses lockeren Treffens sprach Sutil mit 'F1Total.com'-Redakteur Pete Fink unter anderem über seine bayrischen Wurzeln, seine Leidenschaft für das Klavier und sein Meisterschaftsjahr mit TOM'S in der Japanischen Formel 3. Dabei fiel uns auf: Der 23-Jährige ist noch nicht vom Haifischbecken Formel 1 vergiftet, sondern tritt sympathisch auf - und wirkt dabei auch noch authentisch...#w1#

Erster Formel-1-Münchner seit Christian Danner

"Ich fühle mich auch als Münchner, aber ich verbringe nicht soviel Zeit in München." Adrian Sutil

Frage: "Adrian, du bist in Starnberg geboren und aufgewachsen. Nach Christian Danner bist du jetzt der erste Münchner, der wieder in die Formel 1 kommt. Fühlst du dich als Münchner?"
Adrian Sutil: "Nach langer Zeit mal wieder ein Münchner, genau. Das finde ich auch sehr schön, ich habe auch kein Problem damit, wenn die Leute mich als Münchner bezeichnen. Ich fühle mich auch als Münchner, aber ich verbringe nicht soviel Zeit in München. Ich würde mal eher sagen: Deutscher, oder Bayer, obwohl ich ja kein Bayrisch kann, weil mir das mein Vater nicht beibringen konnte (lacht; Anm. d. Red.). Ich verbinde schon einige Sachen mit München. Ich habe hier lange gewohnt, habe hier viele Freunde."

Frage: "Du hast ja einen sehr musikalischen Background, du hast lange Piano gespielt. Spielst du immer noch?"
Sutil: "Ja, ich spiele immer noch. Je nachdem, wie die Zeit so reicht. Jetzt im Winter natürlich mehr, aber unter der Saison ist es schwierig, jeden Tag zu üben. Im letzten Jahr in Japan konnte ich sehr wenig spielen, aber jetzt bin ich oft bei meinen Eltern vorbeigekommen und habe dann wieder angefangen, ein bisschen zu üben. Es macht mir sehr viel Spaß und ist halt auch ein guter Ausgleich zur Rennfahrerei. Du kommst auf andere Gedanken, du kannst einfach mal abschalten."

Frage: "Aber du bist früher aufgetreten?"
Sutil: "Genau. Meine richtige 'Pianokarriere', wenn man das so nennen kann, war zwischen vier und zwölf Jahren. Mit vier Jahren habe ich mit dem Klavier spielen angefangen, und mein erstes Konzert war, als ich sieben Jahre alt war. Dann wurde es immer größer. Meine Mutter hat damals auch sehr gepusht. Mein Vater war immer mit meinem Bruder zusammen, der spielt Geige. Mein Vater ist Geigenlehrer und meine Mutter Klavierlehrerin. Damals bin ich auch schon vor Publikum aufgetreten, wir sind international herumgereist und ich habe mit zwölf Jahren auch schon Geld für das Spielen bekommen. Das war schon toll."

Sutil will auch weiterhin Klavier spielen

"Ich schätze es sehr, dass mir meine Familie das Klavier spielen beigebracht hat." Adrian Sutil

Frage: "Es gab ja schon einmal einen Formel-1-Fahrer, der ein ausgezeichneter Pianist war: Elio de Angelis."
Sutil: "Das hat mir mein Manager Manfred Zimmermann erzählt, der kannte ihn früher ganz gut. Er hat mir erzählt, er habe immer am Abend vorm Qualifying geklimpert und Frauen auf dem Schoß gehabt (lacht; Anm. d. Red.). Es war halt eine andere Zeit, aber ich denke mir, es ist etwas Schönes, wenn jemand das kann. Viele kommen ja direkt aus dem Kartsport. Ich schätze es sehr, dass mir meine Familie das Klavier spielen beigebracht hat. Und ich versuche, das auch weiterzumachen."

Frage: "Elio de Angelis hat einmal am Vorabend des Deutschland-Grand-Prix im 'Aktuellen Sport Studio' live auf dem Klavier gespielt. Wenn du deinen ersten Sieg oder deine erste Pole eingefahren hast, und dorthin eingeladen werden würdest, dann könntest du das auch?"
Sutil: "Ja ich denke schon. Da würde ich mich zwar noch extra vorbereiten, aber das würde ich glatt machen, auf jeden Fall."

Frage: "Und was würdest du dann spielen?"
Sutil: "Im Moment kann ich nur so drei bis vier Stückchen. Naja, Stückchen ist etwas untertrieben, das sind schon größere Stücke. Die meisten sind von Gershwin, die 'Rhapsody in Blue' poliere ich gerade wieder auf. Ja, so was würde ich dann dort spielen."

Frage: "Aber Live."
Sutil: "Ja klar. Die sind sowieso schon alle ganz scharf drauf und wollen das hören."

Auftritt als Pianist in einer Fernsehsendung?

Frage: "Ehrlich?"
Sutil: "Na klar. Jeder schreibt das immer, jetzt wollen sie natürlich den Beweis dafür haben. Aber mit ein bisschen Üben geht das schon."

Adrian Sutil

2006 sicherte sich Adrian Sutil den Titel in der Japanischen Formel 3 Zoom

Frage: "Letztes Jahr bist du in Japan sehr erfolgreich Formel 3 gefahren. Du hast den Titel geholt im Team von TOM'S-Toyota."
Sutil: "Ja, TOM'S-Toyota ist in der Formel Nippon, in der Japanischen Formel 3 und in der Japanischen GT-Serie das Werksteam von Toyota."

Frage: "Also gab es eine gewisse Nähe zu Toyota?"
Sutil: "Auf jeden Fall. Die wichtigsten Leute waren alle bei uns, es war top-professionell dort."

Frage: "Wie ist das Niveau der Japanischen Formel 3 im Vergleich zur Formel-3-Euroserie? Du hattest ja das gleiche Dallara-Chassis, aber einen anderen Motor?"
Sutil: "Ganz allgemein war es schon anders, weil man ja mit anderen Reifen fährt. Die Bridgestones waren viel weicher und besser. Die Reifen sinken auch mehr ein, das heißt beim Bremsen wird das Auto hinten sehr leicht und knickt vorne sehr stark ein. Man muss seinen Fahrstil extrem ändern. Das hat schon ein bisschen Zeit gebraucht, bis ich dahinter gekommen bin. Beim ersten Test war ich schon ein wenig verwundert, warum es so schwer ist, das Auto zu fahren. Dazu kam noch, dass der Toyota-Motor 20 Kilogramm schwerer als der Mercedes-Motor ist, daher war das Auto viel nervöser auf der Hinterachse. Ich würde sagen, es ist schon ein ziemlich großer Unterschied."

Frage: "Und vom fahrerischen Niveau?"
Sutil: "Das Fahrerfeld ist erstaunlich stark gewesen, ich habe das anfangs vielleicht auch ein bisschen unterschätzt. Aber um dort gewinnen zu können, muss man genauso Gas geben wie in der Euroserie. Nur besteht das Feld aus 14 Fahrern und nicht aus 25 Piloten wie bei uns. Es ist halt ein etwas kleineres Feld, aber vorne, die ersten sechs, sieben Fahrer, sind echt knallhart. Man muss hart kämpfen, es ist nicht einfach."

Über TOM'S guter Kontakt zu Toyota

"TOM'S-Toyota ist ein Team, die einen nicht einfach so fallen lassen." Adrian Sutil

Frage: "Auf der anderen Seite: Wer sich dort durchsetzt, hat natürlich bei Toyota gute Karten?"
Sutil: "Genau. Und TOM'S-Toyota ist auch ein Team, die einen nicht einfach so fallen lassen. Wenn du dort einmal eine gute Leistung gezeigt hast, dann werden sie dich auch weiter pushen. Sie lassen dich nicht einfach gehen, sondern sie wollen mit dir weiterarbeiten, sie wollen mit dir eine Zukunft haben. Auch jetzt hätte ich dort super Möglichkeiten gehabt, in der Formel Nippon oder in der GT-Meisterschaft weiterzufahren. Das ist schon ein tolles Team, die wollen mit dir erfolgreich sein."

Frage: "Und dann gab es ja sogar Gerüchte über dich und einen Testfahrervertrag bei Toyota in der Formel 1."
Sutil: "Ja, das haben wir lange probiert, wir hatten auch mit vielen Leuten gesprochen. TOM'S hat dafür auch alles gegeben. Aber letztendlich ist es dann daran gescheitert, dass Toyota gesagt hat, wir wollen unsere Junioren weiterhin fördern und denen zuerst eine Chance geben. Toyota hat sehr viele japanische Fahrer, die sie unterstützen. So ist das auch verständlich, dass die Jungs jetzt Vorrang haben. Toyota hat sie schon jahrelang gefördert und deren Ziel war es, sie irgendwie in die Formel 1 zu bringen."

Frage: "Obwohl du durch den japanischen Formel-3-Titel auch ein theoretischer Kandidat gewesen wärst?"
Sutil: "Auf jeden Fall, darauf hatten wir auch ein wenig spekuliert. Aber ich habe mir jetzt dort einen Namen gemacht und sie kennen mich jetzt sehr gut. Sie kennen mein Potenzial - und wer weiß, vielleicht ergibt sich in der Zukunft ja mal etwas."

Teil zwei des großen Interviews mit Adrian Sutil wird am Sonntag auf 'F1Total.com' veröffentlicht.