Absturz eines Jungstars: "Charakterschule" für Button
Bei seinem Heimrennen ist Jenson Button in diesem Jahr nur eine Statistenrolle vergönnt
(Motorsport-Total.com/dpa) - Vom Liebling der Saison zum großen Verlierer: Vor einem Jahr war Jenson Button der neue Star der Formel 1, heute erntet er nur noch Mitleid und Kritik. "Es ist hart", gibt der 21- jährige Brite zu. Keinen einzigen WM-Punkt hat Button in dieser Saison geholt, fast immer musste er sich seinem Teamkollegen Giancarlo Fisichella geschlagen geben, und der im Vorjahr so lebenslustige Typ sieht meistens richtig traurig aus. "Er war der Superstar, jetzt erlebt er eine Charakterschule", sagte sein früherer Chef Gerhard Berger vor dem Großen Preis von Großbritannien in Silverstone über die Situation des Engländers.

© Benetton
Buttons Benetton-Zeit: Charakter-bildend oder Karriere-Killer?
Buttons Abstieg begann mit seinem unfreiwilligen Team-Wechsel. Im Vorjahr als extrem junger Neuling zu BMW-Williams geholt, eroberte er auf Anhieb die Herzen der Fans und der Formel-1-Mächtigen. Beim Großen Preis von Brasilien im März 2000 avancierte er zum jüngsten Fahrer mit Grand-Prix-Punkt. Er machte seinem Teamkollegen Ralf Schumacher das Leben schwer und beendete die Saison mit beachtlichen zwölf WM-Punkten. Sympathisch, gut aussehend, schnell - auf diesen Mann hatten die britischen Motorsportfans lange gewartet.
Seit diesem Jahr ist Button von Williams "ausgeliehen" an Benetton. Und nichts klappt mehr. Die Benetton-Autos sind nicht konkurrenzfähig, die neuen Renault-Motoren machen Probleme. Dafür kann Button nichts, aber im Vergleich zu Fisichella sieht der Engländer besonders schlecht aus. Neun von zehn Trainingsduellen - ein wichtiges Qualitätsmaß in der Formel 1 - gewann der Italiener. "Das Problem von Jenson ist nicht Benetton, sondern die Tatsache, dass sein Kollege ständig schneller ist", meinte BMW-Direktor Berger. "Er macht jetzt das durch, was andere im ersten Jahr erleben." BMW-Williams hat einen Option, Button 2003 zurückzuholen.
Buttons Familie macht sich Sorgen um den Sohnemann, der im Vorjahr in Windeseile zum Millionär wurde, sich eine Yacht, ein Appartement in Monaco und schicke Autos kaufen konnte. "Ich kann die Verzweiflung in seinen Augen sehen, ich könnte deshalb weinen", klagte Vater John. Jenson musste erkennen, dass all die netten Spielzeuge ohne Erfolg keinen Spaß machen: "Es tröstet mich nicht, nach Monaco zu kommen, wo die Wohnung, die Yacht und die Autos sind. Überhaupt nicht. Ich bin unglücklich über die Situation."
Buttons derzeitiger Vorgesetzter Flavio Briatore hat vor allem Kritik für den Jungspund übrig. "Talent allein reicht nicht", sagte der Benetton-Teamchef der englischen Tageszeitung "Express". Button habe zu schnell Erfolg gehabt und müsse sich jetzt bemühen und seine Leistung stabilisieren. "Dazu braucht es hundertprozentiges Engagement wie bei Michael Schumacher", forderte Briatore. Jenson müsse sich mehr einbringen in das Team. Er habe zu viele Ablenkungen. "Ich glaube nicht, dass er jeden Abend ausgeht, aber er war im Winter zu beschäftigt und jetzt braucht er Urlaub." Button weist Derartiges weit von sich. "Niemand braucht mich unter Druck zu setzen, weil ich mir selbst schon genug Druck mache."
Vor dem Heim-Rennen des Engländers wurde der krasse Gegensatz zwischen 2000 und 2001 besonders deutlich. Im Vorjahr war der Youngster in Silverstone von Termin zu Termin gereicht worden, ständig im Mittelpunkt gestanden und gerade von der Präsentation einer eigenen Teamkollektion gekommen. Diesmal saß Button in der offiziellen Pressekonferenz mit vier anderen Kollegen, und kaum jemand beachtete ihn. Nach Ansicht von Berger gehört dies alles zur Ausbildung eines erfolgreichen Rennfahrers: "Wenn er gut ist, übersteht er das."

