Abschied in München: Vettels Dank an Theissen

(Motorsport-Total.com/SID) - Weltmeister Sebastian Vettel erinnerte sich seiner Wurzeln und sagte seinem ersten Formel-1-Teamchef persönlich adieu. Der WM-Spitzenreiter war am Mittwochabend in München der Stargast beim Abschied von Mario Theissen als Motorsportdirektor von BMW und meinte: "Das ist doch etwas ganz Besonderes." Der 23-Jährige weiß genau, was er Theissen zu verdanken hat. Seine Karriere wäre "mit Sicherheit" anders verlaufen: "Es wäre sicher nicht so schnell und so steil nach oben gegangen", glaubt Vettel.

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Sebastian Vettel und der scheidende BMW-Sportchef Mario Theissen

Theissen nahm dies an einem bewegenden Abend mit Freude zur Kenntnis. Nach einigen eingespielten Videogrüßen kniff er schon einmal kurz die Augen zusammen, nach dem Abschiedskorso mit dem ersten und dem letzten Rennauto seiner zwölfjährigen Amtszeit war der sonst so beherrschte Vollblut-Techniker dann doch richtig gerührt. "Das war was fürs Herz", meint Theissen. Rund 100 Freunde, Weggefährten und auch Konkurrenten wie Mercedes-Sportchef Norbert Haug oder Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali waren seiner der Einladung gefolgt.

Erinnerungen an Indianapolis

Trotz seiner zahlreichen Termine hatte sich Vettel die Zeit für den Abstecher nach München genommen. Und zur Überraschung vieler hatte er die wichtigsten Eckpunkte seiner Zusammenarbeit mit Theissen wie aus der Pistole geschossen parat: "Am 17. September 2005 mein erster Formel-1-Test, das Auto habe ich mir damals mit Mark Webber geteilt - was für ein Zufall", so Vettel, dessen Teamkollege der Australier heute ist. "Mein erstes Rennen war am 17. Juni 2007 in Indianapolis. Mario hatte mich am Donnerstag angerufen und gesagt: 'Du fährst.' Ich habe nur geantwortet: 'Bis später'", erzählt Vettel, der als Achter prompt einen Punkt holte und sechs Wochen später von BMW für ein Stammcockpit bei Toro Rosso freigegeben wurde.

Eine Entscheidung, die Theissen wieder so treffen würde, "auch wenn es schwer fällt. Wir hatten damals drei Möglichkeiten: ihn als Testfahrer festzunageln, für ihn als unbeschriebenes Blatt einen erfahreren Rennfahrer aus dem Cockpit zu nehmen oder ihn zu Toro Rosso ziehen zu lassen. Ich glaube, ich würde es wieder so machen." Dass Vettel etwas ganz Besonderes sei, habe er schon in der Formel BMW gemerkt, als der Heppenheimer dort 18 von 20 Rennen gewann: "Schon mit 15 war zu sehen, dass er unglaublich viel Talent hat und voll fokussiert ist."

Vielleicht wäre mit Vettel auch die BMW-Zeit mit einem eigenen Team in der Formel 1 anders verlaufen als mit nur einem Sieg und dem Ausstieg Ende 2009. Als "Unvollendeten" sieht Theissen sich aber keinesfalls: "Ich habe zwölf Jahre Faszination erlebt, viele Siege und Titel außerhalb der Formel 1 geholt", gibt der heute 58 Jahre alte Theissen, der seit 1977 in Diensten von BMW stand und seit 1999 Motorsportdirektor war, zu Protokoll.

Schönste Zeit mit Berger

Dabei hatte er diesen Posten bei der ersten Anfrage des damaligen Vorstandschefs und heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Joachim Milberg eigentlich abgelehnt, "weil eine Doppelspitze in neun von zehn Fällen nicht funktioniert". Milberg hakte aber noch einmal nach und in einem ersten Gespräch mit dem früheren Formel-1-Piloten Gerhard Berger stimmte sofort die Chemie: "Es war auf Anhieb alles klar. Wir haben sofort verstanden, dass unser Know-how komplementär ist. Er hatte das Netzwerk in der Formel 1, ich im Konzern", erinnert sich Theissen, der die gemeinsame Zeit mit dem Österreicher als seine schönste bezeichnet.

In diese fällt auch Theissens schönster und emotionalster Sieg, gleich im ersten Rennen bei den 24 Stunden von Le Mans 1999: "Das ist mit der Formel 1 nicht zu vergleichen. Man steht 24 Stunden in der Box, arbeitet 40 Stunden ohne Schlaf und rechnet dauernd damit, dass irgendetwas Unvorhergesehenes passiert. Wenn man dann als Sieger durchs Ziel fährt, ist das einfach irre."

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So hat es angefangen: Sebastian Vettel und Mario Theissen in der Formel BMW Zoom

Nachdem er als quasi letzte Amtshandlung noch die BMW-Rückkehr in die DTM (ab 2012) auf den Weg gebracht hatte, übergab Theissen nun symbolisch das Lenkrad der BMW-Motorsportabteilung an seinen Nachfolger Jens Marquardt und freut sich nun aufs Nichtstun: "Mein Ziel ist es, am Donnerstagabend aus der Firma herauszugehen, ohne Verpflichtungen zu haben und mal zu sehen, wie schwer es mir fällt. Ich habe 34 Jahre geplant, bin in den letzten zwölf Jahren oft verplant worden. Jetzt möchte ich mal ohne Plan sein."