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  • 29.06.2011 20:42

  • von Dieter Rencken

Servus bei BMW: Theissens letzter Boxenstopp

Vor seinem Wechsel in den Ruhestand stand für den scheidenden BMW-Sportchef Mario Theissen noch ein letzter "Boxenstopp" auf dem Programm

(Motorsport-Total.com/SID) - Am Freitag startet Mario Theissen mit Vollgas in den Ruhestand, am Mittwochabend stand für den scheidenden BMW-Sportchef aber noch ein letzter "Boxenstopp" auf dem Programm. In einem exklusiven Kreis aus Weggefährten, Kollegen und Fahrern, allen voran Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel mit einem dicken Blumenstrauß, und eingerahmt von zahlreichen auch von ihm mitgeprägten Rennautos sagte Theissen nach 34 Jahren im Konzern "Servus". Damit übergibt der 58-Jährige die Verantwortung für die Motorsportabteilung und das neue DTM-Projekt komplett an seinen Nachfolger Jens Marquardt.

Titel-Bild zur News: Mario Theissen

Für Mario Theissen beginnt ab 1. Juli ein neuer Lebensabschnitt

"Mein Ziel ist es, am Donnerstagabend aus der Firma herauszugehen, ohne Verpflichtungen zu haben und mal zu sehen, wie schwer es mir fällt", so der scheidende Motorsportdirektor am heute Abend in München. "Ich habe 34 Jahre geplant, bin in den letzten zwölf Jahren oft verplant worden. Jetzt möchte ich mal ohne Plan sein. Ich weiß noch nicht, wie lange ich durchhalte."

BMW und das verlorene "Wunderkind" Vettel

Weltmeister Vettel, den Theissen bei BMW in die Formel 1 gebracht hatte, würde er übrigens noch einmal zu Toro Rosso ziehen lassen. "Auch wenn es schwerfällt", sagt der BMW-Sportchef: "Wir hatten damals drei Möglichkeiten: ihn als Testfahrer festzunageln, für ihn als unbeschriebenes Blatt einen erfahrenen Rennfahrer aus dem Cockpit zu nehmen oder ihn zu Toro Rosso ziehen zu lassen. Ich glaube, ich würde es wieder so machen."

Zwölf Jahre stand der aus Monschau in der Eifel stammende Theissen an der Spitze des BMW-Motorsports. Erst gemeinsam mit Gerhard Berger, ab Ende 2003 dann allein, seit Beginn dieses Jahres wieder zu zweit mit Marquardt. In Theissens Ära fielen Siege bei den legendären 24-Stunden-Rennen in Le Mans und auf dem Nürburgring, EM- und WM-Titel bei den Tourenwagen, die Rückkehr, aber auch der Abschied aus der Formel 1.

Theissen arbeitete mit Legenden wie Frank Williams, Fahrern wie Ralf Schumacher oder Alex Zanardi, ebnete Talenten wie Timo Glock oder Nico Rosberg den Weg nach oben. Als letzte Amtshandlung machte er die BMW-Rückkehr in die DTM ab 2012 perfekt. Theissens Rückzug kommt etwas früher, als es die konzerninternen Regelungen vorsehen. Marquardt, den er seit Beginn des Jahres eingearbeitet hatte, wird jetzt zu Beginn der heißen Phase der DTM-Rückkehr allein die Verantwortung übernehmen.

Für seine Zeit im "Unruhestand" hat Theissen schon klare Vorstellungen: "Ich möchte reisen, lesen, Zeit in der Natur verbringen und Sport machen", wird er von der Münchner 'Abendzeitung' zitiert. Was wohl sein erster Gedanke als Rentner am Freitagmorgen sein werde? Theissen: "Das würde ich selbst gerne wissen."

Schon seit 1977 bei BMW

Theissen war 1977 zu BMW gekommen und nach Stationen unter anderem als Leiter von Innovationszentren in München und Palo Alto seit dem 1. April 1999 für das Motorsport-Programm verantwortlich. Zunächst war der Techniker dabei "Lehrling", vom früheren Formel-1-Piloten Berger lernte er viel über das Innenleben im Rennsport. Erster gemeinsamer Erfolg war 1999 der Triumph bei den 24 Stunden von Le Mans, schon in Kooperation mit dem Williams-Team, bei dem BMW dann 2000 als Motorenlieferant in die Formel 1 zurückkehrte.

Podium in Kanada 2008

Sternstunde: Doppelsieg mit Robert Kubica und Nick Heidfeld in Montreal Zoom

In sechs Jahren holten Ralf Schumacher und Juan Pablo Montoya zehn Siege und 16 Pole-Positions. Eine 17. Pole steuerte 2005 auf dem Nürburgring Nick Heidfeld bei, der dann mit Theissen und BMW im Jahr darauf den nächsten Schritt machte. Durch die Übernahme des Schweizer Sauber-Teams trat BMW mit einem eigenen Rennstall an. Der Traum der Münchner vom WM-Titel ließ sich aber nicht verwirklichen - der Doppelsieg von Robert Kubica und Heidfeld 2008 in Montreal war zu wenig für die hohen Ambitionen des Konzerns. Ende 2009 stieg BMW aus der Formel 1 aus und verkaufte den Rennstall zurück an Peter Sauber.

Theissen nahm danach die DTM-Rückkehr ins Visier und erhielt im Oktober vorigen Jahres "grünes Licht" vom Vorstand. In gut zwei Wochen wird am Vorabend des DTM-Showevents im Münchner Olympiastadion eine erste Studie des BMW M3 DTM präsentiert. Theissen wird dann sicher auch dabei sein - als interessierter Ruheständler.