Red Bull: Wenn die Emotionen außer Kontrolle geraten...

Adrian Newey, Christian Horner und Rob Marshall sprechen über ihre emotionellsten Momente der Saison und nennen überraschenderweise nicht die zwei WM-Titelgewinne

(Motorsport-Total.com) - Der erste WM-Titel war für Red Bull eine Hochschaubahn der Gefühle. Der erneute Triumph in der Saison 2011 wirkte im Vergleich wie eine gemütliche Spazierfahrt ohne scheinbar unüberwindbare Hürden. Ein Eindruck, der freilich täuscht, wie das Team nach der erfolgreichen Saison offenbart. Längst haben manche Sebastian Vettels wundersame Siegesfahrt zum ersten Monaco-Triumph vergessen, als der Heppenheimer seinen Boliden auf völlig abgefahrenen Reifen mit Fernando Alonso und Jenson Button im Genick zum Sieg trug.

Titel-Bild zur News: Christian Horner und Adrian Newey

Christian Horner und Newey Newey verloren 2011 nur selten die Kontrolle

Oder die bewegende Zieldurchfahrt beim Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps, als Stardesigner Adrian Newey mit den Tränen kämpfte. "Der emotionellste Moment war tatsächlich Spa", bestätigt der Brite. "Wir hatten ein sehr eigenartiges Training ohne Runden bei trockenende Bedingungen, ehe das Qualifying anstand. Dann gab es bei den Vorderreifen bei beiden Autos sehr besorgniserregende Schäden. Bei Mark war es noch schlimmer als bei Seb. Wir gingen also sehr besorgt in dieses Rennen und kamen daher sehr früh an die Box."

Newey kämpfte in Spa mit den Tränen

Tatsächlich hatte sich Red Bull über die maximalen Sturzwerte von Pirelli hinweggesetzt, um die Reifen nach den Problemen in Deutschland und Ungarn endlich wieder auf Temperatur zu bringen. Doch der Schuss ging nach hinten los und die Reifen warfen auf der Innenseite besorgniserregende Blasen. Hinter den Kulissen fand nach dem Qualifying ein Tauziehen zwischen Red Bull, Pirelli und der FIA statt.


Fotos: Red Bull Homerun


Das Weltmeister-Team bat die FIA, dass die Top-10 im Qualifying ausnahmsweise vor dem Rennen die Reifen wechseln dürfen, doch vor allem Ferrari legte sich gegen diesen Vorstoß quer. Somit musste man sich ernsthaft Gedanken machen, ob man vor dem Start aus Gründen der Sicherheit die Reifen wechselt und damit die erste Startreihe gegen Startplätze am Ende des Feldes eintauscht.

"Der emotionellste Moment der Saison war tatsächlich Spa." Adrian Newey

Doppelsieg schien unmöglich

Schließlich entschied man sich aber für die Risikovariante mit einem frühen Boxenstopp, wie Newey erzählt: "Wir versuchten, einen kleinen Vorsprung herauszuholen, kamen dann früh herein und versuchten, das Bestmögliche aus dieser Strategie herauszuholen, um das Rennen unter Kontrolle zu bekommen."

Die Erfolgsaussichten waren nach eigenen Angaben gering: "Wir wären schon glücklich gewesen, wenn wir beide Autos sicher ins Ziel gebracht und ein paar Punkte mitgenommen hätten." Doch Vettel und Webber fuhren völlig überraschend den ersten Doppelsieg der Saison ein - noch dazu auf einem Kurs, wo man sich aufgrund der langen Geraden ursprünglich im Nachteil gwähnt hatte. "Das Wichtigste war, dass beide Autos sicher ins Ziel kamen", bilanziert Newey. "Dann auch noch einen Doppelsieg zu feiern, war ein wirklich emotioneller Moment."

"Das Wichtigste war, dass beide Autos sicher ins Ziel kamen." Adrian Newey

Die Momente, als Red Bull in Japan und Südkorea zunächst die Fahrer-WM und dann die Konstrukteurs-WM sicherstellte, waren für den Briten zwar auch bewegend, "aber bei aller Fairness hatten wir bei den letzten Rennen so einen Vorsprung, dass wir etwas ziemlich Spektakuläres hätten tun müssen, um es noch zu verlieren", gibt er zu. "Das waren also keine überraschenden Momente."

Horner: Emotion pur in Monza

Auch Teamchef Christian Horner nennt die zwei Titeltriumphe nicht als persönliche Schlüsselmomente der dominantesten Saison in der Teamgeschichte. Ihm fällt es schwer, sich festzulegen, "denn es war so ein wunderbares Jahr. Wenn ich mich aber für einen Moment entscheiden muss, dann ist es der Sieg in Monza."

Zur Erinnerung: Red Bull galt bis zur Saison 2011 nicht gerade als Spezialist für High-Speed-Strecken. Der Renault-Motor ist gegenüber der Konkurrenz von Mercedes im Nachteil, wenn es um die schiere Motorleistung geht. Und auch die Boliden aus der Feder Neweys sind bei den Rivalen vor allem wegen ihres enormen Abtriebs gefürchtet - eine Stärke, die man auf Kursen wie Monza aber nur bedingt ausspielen kann.

"All diese Dinge haben uns nicht davon abgehalten, dieses Rennen in Monza zu dominieren." Christian Horner

"Ein Rennen zu gewinnen, wo wir davor noch nie auf dem Podest waren, noch dazu auf einem so historischen Kurs, der von Natur aus immer unsere Angststrecke war - all diese Dinge haben uns nicht davon abgehalten, dieses Rennen zu dominieren, wie es Sebastian dieses Jahr gelungen ist. Das war mein Moment des Jahres", freut sich Horner über die Sternstunde im königlichen Park. Für Vettel war es nach seinem Debütsieg 2008 mit Toro Rosso bereits der zweite Monza-Sieg, doch auch ihm kamen auf dem Podest die Tränen.

Webber sorgt für Marshalls Moment des Jahres

Chefdesigner Rob Marshall schließt sich bei der Wahl des emotionellsten Moments 2011 seinem Chef Newey an und verweist auf den Grand Prix von Belgien. Dennoch überrascht er mit seiner Wahl. "Aus der Sicht eines Designers, bin mich mir nicht ganz sicher", welcher der Schlüsselmoment war, beginnt er mit seinen Ausführungen. "Aber aus der Sicht der Zuschauer, der Fans, war es Marks Überholmanöver gegen Alonso durch Eau Rouge beim Grand Prix in Spa. Das riss alle von den Sitzen."¿pbvin|512|4251||0|1pb¿

Unmittelbar nach Alonsos Boxenstopp heftete sich der Red-Bull-Pilot damals an die Fersen des Ferrari und entschloss sich zum vielleicht waghalsigsten Manöver der Formel-1-Saison. In der gefürchteten Senke Eau Rouge, wo schon Piloten wie Stefan Bellof ihr Leben ließen und Webber einen schweren Formel-3000-Crash überlebt hatte, setzte er sich mutig neben den Spanier.

"Marks Überholmanöver gegen Alonso durch Eau Rouge riss alle von den Sitzen." Rob Marshall

Nach dem Rennen meinte er, dass er so ein Manöver nur bei einem Kaliber wie Alonso gewagt hätte, weil er sich auf den zweifachen Weltmeister im Zweikampf verlässt und ihn einschätzen kann. Vor allem von Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger musste er im Nachhinein heftige Kritik einstecken: Der Österreicher bezeichnete das Manöver als unnötig, da der Red-Bull-Pilot auf der folgenden Geraden ohnehin am Ferrari vorbeigekommen wäre. Die Formel-1-Fans werden sich aber noch lange an die spektakuläre Aktion des "Aussies" erinnern.

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