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Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Ricardo Feller
Ricardo Feller findet seit der Abt-Kollision nicht in die Spur, der Teamkollege fährt um den Titel: Wie der Einbruch zu erklären ist und wieso es um die Karriere geht
Liebe Leserinnen und Leser,
© Gruppe C Photography
Komplett im Tief: Feller muss zusehen, wie der Abt-Teamkollege um den Titel fährt Zoom
Wie hart muss das sein? Während Abt-Audi-Pilot Kelvin van der Linde dieses Jahr zu alter Stärke zurückgefunden hat und erstmals seit dem kontroversen Finale 2021 wieder um den DTM-Titel kämpft, spricht niemand mehr von Teamkollege Ricardo Feller. Dabei sah der 24-jährige Schweizer nach dem Titelkampf im Vorjahr auch beim Saisonauftakt noch wie das heißere Abt-Eisen aus.
Doch das Sachsenring-Wochenende war der absolute Tiefpunkt seiner bisherigen Saison: Startplatz 19 am Samstag, dann ein Ausfall wegen Bremsproblemen vor dem Stopp. Aber auch am Sonntag ging trotz des gesparten zweiten neuen Reifensatzes im Qualifying nichts: Startplatz 14, Rückfall ans Ende des Feldes und Aufgabe wegen Folgeschäden einer Kollision.
In der Meisterschaft liegt der eigentlich für seinen Speed bekannte Audi-Pilot, der im Vorjahr Kelvin van der Linde im Griff hatte und in der Meisterschaft starker Dritter wurde, mit 90 Punkten nur noch auf Rang zehn. Zum Vergleich: Sein Teamkollege führt mit 170 Punkten die Meisterschaft an.
Auch Feller fragt sich: "wtf is happening?"
Wie ist das zu erklären? Das fragt sich wohl auch Feller selbst, der in seiner Instagram-Story am Sonntagabend einen schwarzen Hintergrund mit dem Text "wtf is happening?" und fünf Lach-Tränen-Smileys postete.
Denn nach den ersten zwei Wochenenden der Saison schien alles angerichtet für ein heißes Abt-Teammatch im Jahr 2024! Am zweiten Saisonwochenende in der Lausitz kam es sogar zur Stallkollision im Dreikampf um den Sieg.
Und Feller war alles andere als "amused", dass ihm von der Rennleitung angeordnet wurde, die Position zurückzugeben, nachdem er sich an van der Linde vorbeigeboxt hatte. Der Frust war ihm bei der Siegerehrung anzusehen.
DTM 2024: Ricardo Feller hat Titelambitionen!
Der Abt-Audi-Pilot Ricardo Feller kommt als frisch gebackener Sieger von den 24-Stunden am Nürburgring und will es auch in der DTM-Saison 2024 weit bringen Weitere DTM-Videos
Dennoch lag Feller zu diesem Zeitpunkt als Dritter absolut im Titelkampf und sprach zwei Wochen später in Zandvoort, wo er 2023 siegte, noch vom Ziel, "100-prozentig dieses Jahr DTM-Meister zu werden". Bei den folgenden acht Rennen kam Feller nicht über zwei achte Plätze hinaus.
Abts verzweifelte Suche nach der Nadel im Heuhaufen
Ich habe mich mit Abt-Sportdirektor Martin Tomczyk am Sachsenring ausführlich über Fellers Schwierigkeiten unterhalten. Und der sagt, dass Feller seit vier Rennen - also seit dem Nürburgring - ein unerklärliches Problem mit dem Auto hat. "Wir haben jede Session genutzt, um zu sehen, ob wir irgendwo die potenzielle Fehlerquelle finden, die das Auto für ihn nicht so fahrbar macht, wie es eigentlich sein sollte", sagt der Ex-DTM-Champion.
Bisher ohne Erfolg, obwohl man bis spät am Abend gearbeitet hat. Erinnerungen an Kelvin van der Lindes verpatzten Oschersleben-Auftakt werden wach, als Abt bei der Analyse nach dem Wochenende erkannte, dass ein Verbindungsteil zwischen Chassis und dem Frontsplitter einen deutlichen Riss aufwies.
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Aber das Allgäuer Traditionsteam hat darauf reagiert und arbeitet laut Tomczyk jetzt noch penibler, was den Fahrzeugaufbau angeht. "Wir checken alles zweimal, dreimal", sagt er. Und vor dem Sachsenring-Wochenende wurde bei beiden Chassis' nichts gefunden.
Gingen Fellers Probleme schon früher los?
Interessant ist, dass der Abt-Sportdirektor von einem Problem spricht, das Feller seit dem Nürburgring verfolgt. Wenn man aber Feller zuhört, dann hat man den Eindruck, dass ab dem Rennen nach der Stallkollision etwas nicht stimmt.
"Irgendwie sind wir auf meiner Seite der Box einfach chancenlos unterwegs gewesen", meinte der Schweizer nach Zandvoort. Ein Wochenende später am Norisring sagte Feller, er könnte "derzeit leider einfach nicht vorne mitkämpfen", man müsse herausfinden, woran es liegt. Am Nürburgring machte ein zweiter Startplatz Hoffnung, aber danach wurde er erneut durchgereicht.
Warum durfte nur Kelvin van der Linde testen?
Kann es also sein, dass sich Abt voll auf van der Linde konzentriert? Der Südafrikaner durfte vor dem Sachsenring-Wochenende testen, Fellers Auto blieb währenddessen im Allgäu. Das als Indiz dafür zu werten, man würde Feller unfair behandeln, wäre aber falsch.
© Gruppe C Photography
Fellers Diffusor wurde am Sonntag bei einer Kollision mit Schmid beschädigt Zoom
Es ist logisch, dass Abt jetzt voll auf den Fahrer setzt, der noch im Titelrennen ist. Zudem gibt es am Sachsenring restriktive Lärmschutzbestimmungen, die es den Teams schwer machen, mit beiden Autos zu fahren.
Abgesehen davon fordert Tomczyk, dass der Fehler mit Hochdruck gefunden werden muss, denn im Titelkampf kann auch das zweite Auto eine Rolle spielen - und sei es nur, um der Konkurrenz Punkte wegzunehmen.
Wie Feller mit der Situation umgeht
Wäre es möglich, dass es auch am Fahrer liegt? Natürlich zehrt es an einem, wenn man sieht, wie der Teamkollege jedes Wochenende performt und die Truppe mitreißt. Das kann sich schon auf die Motivation auswirken.
"Aber Ricky wird das Fahren nicht von einem Rennen zum anderen verlernt haben", meint Tomczyk, der auch erkennt, dass Feller weiter hart mit seinem Team und dem seit dieser Saison neuen Renningenieur arbeitet. Das deckt sich mit der Aussage von Abt-Geschäftsführer Thomas Biermaier, der mir vor der Saison sagte, dass Fellers Arbeitseifer seit den Abt-Anfängen als ADAC-GT-Masters-Champion im Jahr 2022 größer geworden sei.
© Scherer Sport Phx
Feller bejubelt mit seinen Kollegen den Scherer-Sieg beim 24-Stunden-Klassiker Zoom
Abgesehen davon triumphierte Feller dieses Jahr mit Scherer beim 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife, war im Qualifying der schnellste Audi-Pilot.
Heikle Karrierephase durch Audis Kaderauflösung
Für seine Karriere wäre es nun wichtig, dass er bald wieder auch in der DTM vorne mitfährt. Denn der Audi-Kader, dem Feller seit 2022 angehört, wird Ende 2024 endgültig aufgelöst - und das große Talent hat noch keine neue Heimat gefunden. Das könnte zwar auch ein Vorteil sein, denn auch bei einem möglichen Abt-Markenwechsel zu Lamborghini wäre Feller flexibel. Aber dafür muss die Zusammenarbeit von Abt erst mal verlängert werden.
Ein Vorteil könnte jetzt seine Coolness sein. Denn der Sohn eines Autohändlers aus Suhr ist in der Regel durch kaum etwas aus der Ruhe zu bringen, ist auch nicht abergläubisch. Und er hat in Formel-4-Zeiten kurz nach seinem 15. Geburtstag einen Brustwirbelbruch weggesteckt, den sich der damalige Mücke-Pilot bei einem Crash zugezogen hatte.
"Ich war nach dem Unfall schneller", ist er überzeugt. Jetzt muss er ein weiteres Mal seine Comeback-Qualitäten beweisen.
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