• 08.10.2023 14:16

  • von Stefan Leichsenring

Zeekr X im Test: Was kann der Crossover besser als andere?

Mit dem Zeekr X bringt die chinesische Marke einen Konkurrenten des VW ID.3 auf den Markt, allerdings ist das Auto rund 20 Zentimeter länger

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Sie sagen, Elektro-Crossover gibt es nun wirklich genug auf dem Markt? Da haben Sie wohl recht, aber es kommen immer noch neue hinzu. Und zwar auch von noch ganz neuen Marken. So wurde uns nun der Zeekr X für eine Testfahrt rund um Stockholm übergeben. Wir haben ihn als Hecktriebler und als Allradler getestet. Was kann das Auto, was die Konkurrenz nicht kann? Hier sind unsere Eindrücke.

Titel-Bild zur News: Zeekr X (2023) im Test

Zeekr X (2023) im Test Zoom

Doch zunächst die unvermeidliche Frage nach der passenden Schublade: Beim Zeekr X fällt die Antwort nicht leicht. Das Auto wirkt bullig wie ein SUV, aber beim Blick auf die Daten kommen Zweifel auf. Mit 1,57 Metern ist der Zeekr X nicht höher als der VW ID.3, der eindeutig als Kompaktwagen einzustufen ist. Ein ID.3-Konkurrent ist der chinesische Neuling aber auch nicht, denn mit 4,43 Meter Länge ist er rund 20 Zentimeter länger. Also, sagen wir: Es ist ein Crossover zwischen Kompaktwagen und Kompakt-SUV.

Zeekr X (2023) im Test

Zeekr X in der Seitenansicht: Deutlich länger als der 4,23 Meter lange VW ID.3 Zoom

Zeekr sieht sich selbst als Premium-Anbieter, und das mit Recht. Das können wir nun sagen, nach unserem Test des Zeekr 001 und unseren Erfahrungen mit dem Zeekr X. Die Marke gehört zum chinesischen Geely-Konzern und will 2024 nach Deutschland expandieren - mit den genannten zwei Modellen. Ob es vernünftig von den Konzern-Chefs ist, nach Volvo und Polestar noch eine dritte Premiummarke nach Europa zu bringen? Das müssen sie schon selbst wissen. Jedenfalls sind die Zeekr-Autos alles andere als ein Abklatsch von Volvo- oder Polestar-Modellen.

Gleiche Antriebe wie bei Smart#1 und Volvo EX30

So hat der Zeekr X mit den etwa gleich großen Modellen Volvo XC40 und Polestar 2 nicht viel gemein. Denn die Schweden-Modelle basieren noch auf der Volvo-Verbrennerplattform CMA, während der Zeekr auf einer reinen Elektroplattform aufsetzt, der Sustainable Experience Platform (SEA) von Geely. Damit ist der Zeekr X eng verwandt mit dem Smart #1/Smart#3 (Smart ist ja ein Joint Venture zwischen Geely und Mercedes) und dem kommenden Volvo EX30.

Auch die Antriebe sind gleich: Es gibt einen 200 kW starken Heckantrieb und ein Allradsystem mit 315 kW. Doch schon bei der Batteriegröße, und auch bei Form und Maßen der Karosserie unterscheiden sich die Modelle gewaltig. So ist der Zeekr X deutlich länger als der EX30 und nicht so hoch wie der Smart #1.

Was die Batterie angeht, so wird im Zeekr X ein 69-kWh-Akku eingesetzt, wobei der Hersteller auch auf Nachfrage nicht verrät, ob das der Brutto- oder Nettowert ist. So oder so ist das deutlich weniger Batteriekapazität als die Topversion des VW ID.3 bietet: Die deutsche Marke bringt auf einem fast gleichen Radstand eine Batterie mit 77 kWh netto unter. Und die Batterie des neuen Peugeot E-3008 (ebenfalls gleicher Radstand) speichert sogar 98 kWh. Zeekr sagt, man habe einen Kompromiss zwischen Reichweite und Kosten gesucht. 445 km WLTP-Reichweite sind nicht wirklich schlecht, aber der VW schafft 559 km, der Peugeot sogar 700 km.

Zeekr X (2023) im Test

Schickes Leder-Imitat, raffiniertes Ambientelicht und fast keine physischen Tasten: Das Cockpit Zoom

Für Zeekr bedeutet Premium offenbar nicht unbedingt Reichweite, sondern eher eine edle Ausführung und viele nette Features. Material-Fetischisten unter den Kolleginnen und Kollegen waren schon bei der ersten Präsentation begeistert vom Innenraum. Und in der Tat sind die verwendeten Kunststoffe keinen Deut schlechter als echtes Leder. Schick sind auch die rahmenlosen Fenster und Rückspiegel. Auch das Ambientelicht (eine lange Reihe schöner blauer Elemente am Armaturenbrett und eine gepunktete Stadt-Silhouette an den Türinnenseiten) macht den Bildern nach was her - wir fuhren bei Tag und konnten es die Optik deshalb nicht wirklich auskosten.

Die beiden Displays im Querformat sowie das Head-up-Display mit seinen Augmented-Reality-Navi-Pfeilen funktionieren gut. Auch sind die Menüpunkte (anders als bei BYD) gut eingedeutscht. Im Vergleich zum kürzlich getesteten Polestar 2 fanden wir allerdings die Vielfalt der Einstellmöglichkeiten allzu verwirrend: Es gibt so viele Optionen, dass man das Gesuchte nicht leicht findet.

Zeekr X (2023) im Test

Bei den Einstellungen könnte Zeekr gut und gern ein Drittel weglassen Zoom

Die Rekuperation lässt sich ähnlich wie bei Polestar recht detailliert einstellen: Es gibt drei Stufen und zusätzlich noch die Option, den Kriechgang zu aktivieren oder zu deaktivieren, wobei letzteres echtes One-Pedal-Driving ermöglicht. Schön wäre es aber, wenn man die Rekuperation über Lenkradwippen einstellen könnte. Wenn man beim Verlassen der Stadt lieber auf eine schwächere Rekuperation wechselt, muss man beim Zeekr doch länger im Touchscreen-Menü suchen, was natürlich ablenkt.

Auch dass die Rekuperationsstufen je nach gewähltem Fahrmodus wieder anders sind, macht es kompliziert. Und wer sich am Lenkrad öfter mit Partner oder Partnerin abwechselt, wäre wohl froh, wenn man die Außenspiegel nicht über den Touchscreen einstellen müsste.


Fotostrecke: Zeekr X (2023) im Test

Wir fuhren zuerst den 200-kW-Hecktriebler. Der Vortrieb ist nicht wirklich sportlich, aber auf jeden Fall ausreichend - bei einer Sprintzeit von 5,6 Sekunden hatten wir auch nichts anderes erwartet. Verblüfft waren wir allerdings über die doch recht weiche Fahrwerksabstimmung: Beim plötzlichen Gas-Wegnehmen geht der Wagen vorne deutlich in die Knie, und auf den kurvigen Landstraßen spürte die Kollegin auf dem Beifahrersitz die Wankneigung deutlich in der Magengrube. Gut gefallen haben uns die Sitze, die einen schön festhalten, ohne unbequem zu sein.

Der danach gefahrene Allradler wirkte auf unserer Testfahrt nicht so vehement wie der 15 kW schwächere Volvo XC40 Twin Motor, aber auch hier macht das Beschleunigen wirklich Spaß. Seltsamerweise setzt die SEA-Plattform heim Allradantrieb auf zwei Permanentmagnet-Motoren. Das hat den Nachteil, dass die vordere Achse immer mit etwas Strom versorgt werden muss, damit das permanente Magnetfeld nicht bremst. Die neue Lösung bei XC40 und Polestar 2 mit Induktionsmotoren vorne ist da wohl die bessere.

Zeekr X (2023) im Test

Witzig: Der Zeekr X kann wiehern oder Traktor-Geräusche machen, um Fußgänger zu alarmieren Zoom

Wirklich gut gefallen haben uns die netten Features des Zeekr X. Einige wurden bereits erwähnt, aber besonders lustig fanden wir die Sounds, die man nach außen zur Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern abstrahlen kann: Die Passanten staunten nicht schlecht, als sie das Pferdewiehern, die Fahrradklingel oder das Miauen neben sich hörten.

Wenn das lautlose Auto nicht bemerkt wird, kann man einem vorausgehenden Fußgänger sogar durch den Außenlautsprecher sagen: "Entschuldigen Sie, bitte lassen Sie uns doch kurz durch" oder eine andere Ansage beliebiger Höflichkeitsstufe machen. Wenn man den Menüpunkt denn rechtzeitig findet ... Und an der B-Säule gibt es ein kleines Display, das beim Aufladen den Ladestand (SOC) anzeigt. Außerdem wird ein Hund angezeigt, wenn das Auto im Pet Mode ist (Teslas Dog Mode lässt grüßen).

Ihnen ist das zu verspielt? Nun, dann zum Schluss noch etwas wirklich praktisches: Das Navi errechnet auf Wunsch eine komplette Ladestrategie für längere Strecken. Man kann auch angeben, dass man nur Schnellader ansteuern möchte, allerdings nicht den Anbieter. Und das Auto zeigt nicht an, wie viele Säulen an einem Standort frei sind - aber das ist schon die Kür, nicht mehr die Pflicht, schließlich sind wir hier in der Kompaktklasse.

Zeekr X (2023) im Test

So soll es sein: Das Navi ermittelt eine Ladestrategie für längere Strecken Zoom

Als Termin für die deutsche Markteinführung des Zeekr X wird nur das Jahr 2024 genannt, ob es im Frühjahr so weit ist oder erst gegen Jahresende, bleibt offen. Dennoch gibt es schon genaue Preisangaben: Die 200-kW-Version kostet 44.990 Euro, der "Privilege" mit Allradantrieb kostet 49.990 Euro. Billigheimer-Preise sind das natürlich nicht. Den (kleineren) Volvo EX30 Single Motor Extended Range bekommt man schon ab 41.790 Euro. Den (kleineren und mit 150 kW schwächeren) VW ID.3 gibt es ab 39.995 Euro, für den (größeren und schwächeren) VW ID.4 Pro zahlt man aber schon 46.335 Euro.

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Fazit

Der Zeekr X ist anders als der Polestar 2 und der Volvo XC40, aber mindestens "genauso Premium". Während Polestar auf angenehme Einfachheit setzt, legt die neue China-Marke den Akzent auf edle Materialien und nette Features. Allerdings ist uns die Bedienung denn doch zu kompliziert - auf die Sucherei am Touchscreen hätten wir gern verzichtet. Und das Fahrwerk dürfte für unseren Geschmack etwas straffer sein.

Zeekr X Long Range RWD
Motor: Permanentmagnet-Synchronmotor (PSM) hinten mit 200 kW
Max. Drehmoment: 343 Nm
Beschleunigung 0-100 km/h: 5,6 Sek.
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Verbrauch: 16,5 kWh/100 km (WLTP)
Batterie: 69 kWh
Elektrische Reichweite: bis 445 km (WLTP)
Ladeanschluss: CCS2, bis 22 kW AC, bis 150 kW DC
Aufladezeit: 4h mit AC (0-100%), 22,8 min mit DC (10-80%)
Länge: 4.432 mm
Breite: 1.836 mm
Höhe: 1.566 mm
Kofferraumvolumen: 362 Liter, Maximalvolumen nicht bekannt
Basispreis: k.A.
Marktstart: vermutlich Frühjahr 2024

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