• 24.04.2022 21:55

  • von Stefan Leichsenring

Mercedes Vision EQXX: Über 1.000 km ohne Nachladen geschafft

Der Mercedes EQXX hat die angepeilten 1.000 km Fahrt mit einer Batterieladung locker geschafft - Am Ziel war sogar noch Saft für 140 km im Akku

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Mercedes hat es geschafft: Der Vision EQXX hat tatsächlich die anvisierten 1.000 km ohne Nachladen geschafft. Mit verplombtem Ladeanschluss und unter Aufsicht eines TÜV-Experten fuhr der Technologieträger am 5. April von Sindelfingen nach Cassis. Nach der 1.008 km langen Strecke durch den Gotthard-Tunnel und über Mailand zeigte der Wagen sogar noch 140 Rest-Kilometer an.

Titel-Bild zur News: Mercedes Vision EQXX

Mercedes Vision EQXX Zoom

Der EQXX startete bei nur 3 Grad Celsius, fuhr auf der Autobahn bis zu 140 km/h und kam auf ein Durchschnittstempo von knapp 90 km/h. Trotz der nicht optimalen Bedingungen reichte der rund 100 kWh große Akku für die ganze Fahrt. Der Schlüssel war nicht die große Batterie, sondern der geringe Stromverbrauch von nur 8,7 kWh pro 100 Kilometer. Zum Vergleich: Die sparsamste Version des Mercedes EQS ist mit 15,7 kWh/100 km angegeben.

Für den geringen Verbrauch sorgte eine Vielzahl von Maßnahmen. Der cW-Wert von 0,17 (zum Vergleich: der EQS liegt bei 0,20) ist laut Mercedes Weltrekord für ein Auto mit Straßenzulassung, und auch die Stirnfläche von 2,12 Quadratmetern ist sehr klein.

Niedriger Luftwiderstand machts möglich

Möglich macht diese Werte unter anderen, dass die Spur hinten fünf Zentimeter schmaler ist als vorne, sodass die hinteren Räder im Windschatten der vorderen rollen. Hinzu kommt ein Heckdiffusor, der bei 60 km/h automatisch ausfährt.

Die 20-Zöller der Dimension 185/65 R 20 97 T sind zwar groß, aber extrem schmal, was ebenfalls den Luftwiderstand senkt. Dazu kommt ihr geringer Rollwiderstand (definiert als Verhältnis von Rollreibungskraft zur nach unten wirkenden Gewichtskraft) von nur 4,7 Promille. Zum Vergleich: Das EU-Reifenlabel vergibt bei 6,5 Promille die Bestwertung, die besten Reifen des EQS liegen bei 5,9 Promille.

Leichtbaumaßnahmen wie Löcher in Rohbauteilen oder das Carbonfahrwerk sorgen für ein Leergewicht von weniger als 1,8 Tonnen - der leichteste EQS liegt (wie der größenmäßig besser passende EQE) bei 2,4 Tonnen. Mit 495 Kilo kommt fast ein Drittel des Gewichts von der Batterie, obwohl diese im Vergleich zur großen EQS-Batterie 30 Prozent leichter sein soll.

Solarzellen helfen beim Nebenverbrauch


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Wichtig für Mercedes war offenbar auch, dass der nur 200 x 126 x 11 cm große Akku in einen Kompaktwagen passt, wie der Hersteller schreibt. In den 2,80 Meter langen Radstand des EQXX hätte wohl auch ein größerer Akku gepasst, aber offenbar ist der Technologieträger trotz seiner immensen Länge von 4,98 Metern eine Vorstudie für ein viel kleineres Auto.

Anmerkung am Rande: Bei der Vorstellung des EQXX hatte Mercedes sich geweigert, die Länge des Autos zu verraten. Bei dem Versuch, sie aufgrund der Bilder und des bekannten Radstands zu errechnen, lagen wir mit 4,63 Meter deutlich zu kurz.

Einen Beitrag zum niedrigen Stromverbrauch liefert auch das Solardach. Die 117 Solarzellen speisen die 12?Volt-Batterie, die Nebenverbraucher wie das Navigationssystem mit Strom versorgt. So soll sich die Reichweite um rund zwei Prozent vergrößern - was bei über 1.000 Kilometer Fahrstrecke immerhin 25 Kilometer ausmacht.

44 Prozent weniger Übertragungsverlust

Auch der hohe Wirkungsgrad des Antriebs steuert seinen Teil bei: 95 Prozent der Energie aus der Batterie kommt an den Rädern an. Damit gelang es den Ingenieuren, die Verluste durch Motor, Inverter und Getriebe gegenüber einem vergleichbaren Antrieb um 44 Prozent zu reduzieren. Aus Gewichtsgründen verzichtete Mercedes auf Allradantrieb, aber auch die 180 kW des Heckantriebs wurden bei der Fahrt selten ausgenutzt.

Nach 11 Stunden und 32 Minuten reiner Fahrzeit beendete der EQXX seine 1.008 km lange Rekordfahrt mit einer Restreichweite von rund 140 Kilometern. Damit wäre sogar noch ein Trip an der südfranzösischen Mittelmeerküste entlang möglich gewesen.

Die Effizienzvorteile, die der EQXX beweisen hat, sollen künftig auch in Serienautos erfahren werden können. Ein Großteil der Elemente wird aber wohl erst bei der nächsten Mercedes-Plattform für Kompakt- und Mittelklasseautos eingesetzt - vermutlich handelt es sich dabei um die MMA-Plattform, die 2025 startet.

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Technische Daten des Mercedes EQXX und der Rekordfahrt

Akku: <100 kWh bei >900 Volt
Stromverbrauch: 8,7 kWh/100 km
cW-Wert / Stirnfläche: 0,17 / 2,12 m²
Antrieb: Heckantrieb mit 180 kW
Maße: 4.977 mm Länge /1.870 mm Breite / 1.350 mm Höhe / 2.800 mm Radstand
Leergewicht: 1.755 kg
Start/Ziel: Sindelfingen, 5. April 2022, 7h / Cassis, 5. April 2022, 19h02
Route: Sindelfingen, Gotthard-Tunnel, Mailand, Cassis
Fahrstrecke: 1.008 Kilometer
Fahrzeit: 12h02 (in Bewegung: 11h32)
Tempo: 87,4 km/h (Durchschnitt), 140 km/h maximal
Stromverbrauch: 8,7 kWh/100 km
Ladestand bei Ankunft: rund 15 %
Restreichweite bei Ankunft: rund 140 km

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