Analyse: Die Zukunft des Wankelmotors bei Mazda
Was wird bei Mazda aus dem Wankelmotor? Kommt ein RX-9 oder mutieren die kreisenden Kolben zum Range Extender? Wir fassen Gerüchte und Fakten zusammen
(Motorsport-Total.com/Motor1) - Diese Frage beschäftigt Technikliebhaber und Fans der Marke gleichermaßen: Wie sieht die Zukunft des Wankelmotors bei Mazda aus?
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Wankel-Zukunft bei Mazda Zoom
Erst kürzlich lautete eine von uns aufgegriffene Schlagzeile "Mazda beim Wankel-Sportwagen im Rennen gegen die Zeit". Doch was gibt es inmitten vieler Spekulationen an belastbaren Informationen zum Thema Wankel und Mazda? Wir wagen uns an eine Analyse.
Unser Blick geht zunächst zurück in die Vergangenheit: Im Jahr 1961 hatte Mazda die Wankel-Lizenz von NSU erworben und brachte 1967 mit dem 110 S Cosmo sein ersten Serienmodell mit Kreiskolbenmotor auf den Markt. Bis zum Produktionsende des RX-8 anno 2012 wurden von Mazda fast zwei Millionen Fahrzeuge mit Wankelmotor gebaut. (1.997.365, um ganz genau zu sein.)
Doch aufgrund von Problemen beim Verbrauch und den Emissionen schien der Wankel erst einmal tot zu sein, auch wenn es Experimente mit Wasserstoff gab.
Umso mehr überraschte im Oktober 2015 die atemberaubende Studie RX-VISION auf der Tokyo Motor Show. Der damalige Mazda-Vorstandschef Masamichi Kogai sagte anlässlich der Weltpremiere: "Eines Tages wird der Wankel sein Comeback feiern.
Das Fahrzeug, das wir heute enthüllen, bringt Mazdas Zukunftsvision in eine Form: Eine Sportwagenstudie mit Wankelmotor." Skyactiv-R nannte Kogai seinerzeit die nächste Generation des Wankelmotors. Die Absicht sei es, Durchbrüche bei der dynamischen und umwelttechnischen Performance des Motors zu erzielen. Noch seien eine Menge Aspekte zu bewältigen, so Kogai 2015.
Das Problem: Verschärfte Normen zum CO2-Ausstoß führten bei Mazda zur Entwicklung des Skyactiv-X-Motors. Dieser hochverdichtete Benziner mit Diesel-Elementen kam kürzlich auf den Markt. Bis 2030 will Mazda das 2010er-Niveau beim CO2-Ausstoß um 50 Prozent senken.
Ein weiterer Punkt ist die finanzielle Lage des Konzerns. Im Fiskaljahr 2018 betrug der Gewinn von Mazda umgerechnet 526 Millionen Euro. Zum Vergleich: Daimler notierte im gleichen Zeitraum 7,25 Milliarden Euro. Mazda ist also im globalen Maßstab ein relativ kleiner Player unter den Autofirmen. Bis 2025 wollen die Japaner ihre Verkäufe von derzeit 1,56 Millionen Einheiten auf über 1,8 Millionen weltweit pushen.
Zwar erklärt der Mazda-Vizepräsident Kiyoshi Fujiwara im Geschäftsbericht 2018, man wolle in "unique products" investieren. Angedacht ist eine Ausweitung in höhere Preissegmente und Klassen, in denen mehr Geld zu verdienen ist.
Doch ähnlich wie die Entwickler mit Blick auf einen potenziellen Mazda RX-9 von "Traum" sprechen, hat der derzeitige Mazda-Boss Akira Marumoto schon deutlich gemacht, dass der RX-VISION so nicht in Serie geht und eher als Designinspiration gedacht ist.
Von der wirtschaftlichen Seite ist das verständlich: So sehr schwimmt Mazda auch nicht in Geld, um sich eine aufwändige Wankelentwicklung für einen Sportwagen zu leisten, der ein Nischenprodukt bleibt. Selbst der mächtige Toyota-Konzern greift bei der Sportwagen-Planung auf Kooperationen mit BMW (Supra) und Subaru (GT86) zurück.
Dennoch ist der Wankelmotor bei Mazda nicht tot. Er verändert nur sein Einsatzgebiet. Dafür sprechen Patentanmeldungen für Verbesserungen am Kreiskolbenmotor von Anfang 2019 und die im März 2019 von Ichiro Hirose, Leiter der Antriebsentwicklung bei Mazda, getätigte Aussage eines "flexiblen Wankelaggregats".
Für die Zukunft plant Mazda mit zwei Plattformen. Die kleine Architektur nutzt die aktuellen Verbrenner inklusive des Skyactiv-X, aber auch Mildhybride, hinzu kommen vollelektrische Fahrzeuge wie der MX-30 und eine Reihe von Elektroautos mit Wankelmotor als Range Extender.
Für die große Architektur arbeitet Mazda an einem Reihensechszylinder als Diesel und Skyactiv-X sowie Mildhybride und Plug-in-Hybride. Vom Skyactiv-R als alleinigem Fahrzeugantrieb ist in den Plänen für 2021 und darüber hinaus keine Rede.
Ein Reichweitenverlängerer für Elektroautos, konkret den MX-30 mit seinen gut 200 Kilometer Reichweite, wird der Wankelmotor also sein. Das bestätigte Mazda schon im Oktober 2018, natürlich ohne damals konkret den MX-30 zu meinen.
Wir tippen auf ein Einscheiben-Aggregat, ähnlich es Audi bereits 2011 im A1 e-tron verwirklichte. Der Motor treibt nicht direkt die Räder an, sondern erzeugt Energie bei gleichbleibender Drehzahl. Pluspunkt des Wankels ist hier seine Laufruhe.
In der Pressemeldung vom Oktober 2018 hieß es: "Mazda wird zunächst batterieelektrische Fahrzeuge auf den Markt bringen. Eines wird ausschließlich von der Batterie angetrieben, das andere kombiniert eine Batterie mit dem kleinen, leichten und besonders leisen Wankelmotor von Mazda als Range Extender. Der Range Extender lädt die Batterie bei Bedarf wieder auf, um die Reichweite des Fahrzeugs zu erhöhen und die Reichweitenangst zu beseitigen, die einen hohen Prozentsatz der Elektroauto-Benutzer weiterhin stört.
Die geringe Größe und die hohe Leistung des Wankelmotors ermöglichen mehrere Lösungen der Elektrifizierungstechnik über ein gemeinsames Packaging. Der wankelbetriebene Range Extender nutzt die Kompatibilität des Kreiskolbenmotors mit gasförmigen Kraftstoffen und ist so konzipiert, dass er auch Flüssiggas verbrennt und im Notfall eine Stromquelle darstellt."
Man sieht also, dass der Wankelmotor in seiner jahrzehntelangen Karriere nun in eine neue Rolle schlüpft: Als laufruhiger Helfer für die Elektro-Zukunft von Mazda. Ein reiner Wankel-Sportwagen erscheint jedoch nach dem jetzigen Stand der Dinge für die nächsten Jahre ausgeschlossen. Wir sind trotzdem gespannt, womit uns Mazda 2020 zum 100. Geburtstag des Unternehmens überraschen wird.
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