• 28.05.2011 08:47

  • von Stefan Ziegler

Todt: "Ich mache immer voran"

FIA-Präsident Jean Todt gibt einen Einblick in sein Leben als Erfolgsmensch, berichtet von seiner Karriere im Motorsport und über die Krux des Business

(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Fans ist Jean Todt vor allem durch seine Zeit als Teamchef von Ferrari ein Begriff, als der Franzose gemeinsam mit Michael Schumacher von Erfolg zu Erfolg eilte und die Italiener über Jahre hinweg an der Weltspitze hielt. Nach Höherem strebte der heute 65-Jährige aber schon, als er noch ein Copilot im Rallyesport war. Als Präsident der FIA hat Todt ebenfalls überaus ehrgeizige Ziele.

Titel-Bild zur News: Jean Todt

Erfolgsmensch Jean Todt blickt nie zurück, sondern immer nur nach vorne

Eben dieses Amt beim Automobil-Weltverband bekleidet Todt bereits seit 2009 und setzt sich seither dafür ein, den weltweiten Motorsport in eine sichere Zukunft zu führen. Eine Aufgabe, die viel Licht, aber auch Schatten beinhaltet, wie der Franzose gegenüber 'Autosport' zu Protokoll gibt: "Manchmal geht alles so schnell, dass man weder nach links noch nach rechts schauen kann", erläutert Todt.

Die Zeit verfliege so rasch, man könne kaum allem und jedem gerecht werden, meint der 65-Jährige. Todt bedauert in erster Linie, nicht genug Zeit für die ihm nahestehenden Personen aufbringen zu können: "Vielleicht sollte ich ihnen mehr Aufmerksamkeit zuteil werden lassen und mich nicht so sehr auf ein erfolgreiches Berufsleben konzentrieren", sagt der Präsident des Automobil-Weltverbandes.

"Unterm Strich steht man aber für den Erfolg seiner Arbeitgeber und auch für seinen eigenen Erfolg ein. Deswegen bewundere ich Ärzte so sehr", hält Todt fest und erklärt seinen Standpunkt: "Sie widmen ihr Leben anderen Menschen. In unserem Business tendiert man vielmehr dazu, sein Leben sich selbst zu widmen." Nach diesem Fahrplan war Todt nämlich bisher meist unterwegs, wie er sagt.

Die Karriereplanung vor Augen

Und das bereits ab 1966, seinem Debüt als Copilot im Rallyesport: "15 Jahre lang war ich in dieser Rolle aktiv", sagt der Franzose und bezeichnet seine Tätigkeit als Beifahrer rückblickend als eine "Lernphase". Schon damals hatte er schließlich Größeres im Sinn: "Ich hatte fest vor, mit 35 Jahren damit aufzuhören. Das tat ich dann auch. Danach wollte ich ein Rallyeteam aufbauen oder leiten."

¿pbvin|512|3726||0|1pb¿So kam es tatsächlich - und zwar nur wenige Stunden nach dem Karriereende als Copilot. Nur einen Tag nach seiner letzten Rallye wurde Todt in seinem neuen Büro in Paris vorstellig und war auf einmal Sportchef von Peugeot. "Es dauerte wirklich nur einen Tag, um vom Sportler zum Sportchef zu werden", gibt Todt zu Protokoll. Diesem Posten hielt der Franzose von 1981 bis 1993 die Treue.

Dann lockte ihn einmal mehr eine reizvolle Aufgabe im Management - und das bei einer Legende: Ferrari hatte angeklopft und konnte Todt letztendlich dazu bewegen, als Teamchef für Maranello zu arbeiten. Wieder zog der heute 65-Jährige einen Strich und wechselte von einem Tag auf den anderen das Metier und den Arbeitgeber. Heute Frankreich, morgen Italien - für Todt kein Problem.

Ein Abschied zu später Stunde

"Es war 1993", erinnert sich der ehemalige Rallye-Copilot. "Ich verließ mein Büro am 30. Juni um 23:00 Uhr abends, nachdem ich meine Sachen gepackt hatte. Am 1. Juli wurde ich um 9:00 Uhr früh von einem Wagen abgeholt, in dem ich Teamkleidung von Ferrari vorfand. Man fuhr mich direkt zum Großen Preis von Frankreich nach Magny-Cours. Ich war Teamchef von Ferrari geworden", erläutert Todt.

¿pbvin|512|3725||0|1pb¿Beim italienischen Traditionsteam sollte der Franzose dafür sorgen, dass die roten Rennwagen wieder zu alten Glanzzeiten zurückfinden würden. Eine Aufgabe, der eine gewisse Brisanz innewohnte, denn Ferrari hatte seit Jody Scheckter 1979 keinen Fahrertitel mehr nach Maranello geholt. Zudem konnten sich viele Beobachter offenbar nicht vorstellen, wie Todt das Team zurück auf Kurs führen wollte.

"Alle gaben mir maximal zwei Jahre", meint der FIA-Präsident. Er blieb deutlich länger, war Teamchef bis einschließlich 2006 und später sogar als Geschäftsführer von Ferrari tätig. 2009 nahm er dort seinen Hut - aus freien Stücken, wie Todt betont: "Das war wahrscheinlich das Schönste für mich, dass ich nach 16 Jahren diese Entscheidung traf." Andere hatten ihm ja das Scheitern prophezeit.

Todt steht für kräftige Zupacken

Ein halbes Jahr nach seinem Abschied von Ferrari hatte Todt einmal mehr eine neue Position inne, denn am 23. Oktober 2009 wurde er zum Nachfolger von Max Mosley bestimmt und übernahm das Amt des Präsidenten der FIA, das er bis heute ausfüllt. "Und jetzt habe ich noch weniger Zeit als zuvor", merkt der 65-Jährige an. Einen Gang zurückschalten will Todt aber trotz allem nicht.

"Ich darf mich sehr glücklich schätzen, denn ich bin ein sehr aktiver Mensch", sagt er von sich. "Ich mache immer voran. Es ärgert mich, wenn die Leute um mich herum nicht ebenfalls ordentlich zupacken", gesteht der Franzose und fügt erklärend hinzu: "Der einzige Weg zum Erfolg ist, immer Druck zu machen. Ich bewundere erfolgreiche Menschen, denn sie brauchen eine gewisse Hingabe."

"Es ärgert mich, wenn die Leute um mich herum nicht ebenfalls ordentlich zupacken." Jean Todt

Eine eben solche verlangt gewisse Opfer. Hat Todt in seiner Vollgas-Karriere je etwas bereut? Der 65-Jährige überlegt und antwortet dann: "Vielleicht werde ich einmal sagen, dass ich manche Dinge anders gemacht hätte oder dass dies oder jenes nicht unbedingt die beste Lösung gewesen sei. So ein Zustand hält aber nicht lange an, denn man wird rasch wieder ins Hier und Jetzt zurückgeholt."