Ferrari über Strafe: Mal interpretieren die Stewards Regeln, mal nicht
Ferdinando Cannizzo ist nach den 8 Stunden von Bahrain unglücklich über die Regelauslegung, die zur Strafe gegen den Ferrari #51 führten
(Motorsport-Total.com) - "Ich kann nur sagen, dass wir 26 Reifen verwendet haben." - Ferdinando Cannizzo, Head of Endurance Cars bei Ferrari, versichert, dass sich der Ferrari #51 (Pier Guidi/Calado/Giovinazzi) keinen sportlichen Vorteil verschafft habe und ist unglücklich über die unterschiedlichen Regelauslegungen in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC), auch wenn er einen Fehler einräumt.

© Motorsport Images
Ferrari vertauschte bei den 8h Bahrain zwei Reifen, die eine saftige Strafe nach sich zogen Zoom
Ferrari AF Corse hatte bereits am Sonntag bekannt gegeben, dass die #51 im Rennen nur 26 Reifen verwendet hatte, aber aufgrund eines Fehlers zwei Reifen aus der Fahrt in die Startaufstellung anstelle der Reifen aus dem Qualifying eingesetzt wurden.
Cannizzo gibt zu, dass ein Fehler passiert ist, aber "was genau hinter den Kulissen passiert ist und wer dafür verantwortlich ist, möchte ich lieber unter uns behalten."
Er versichert aber, dass die Verwendung von Reifen, die nicht im Qualifying gefahren wurden, weder einen sportlichen Vorteil noch einen Nachteil gebracht habe. Das lässt den Schluss zu, dass die irrtümlich verwendeten Michelin-Reifen exakt die gleiche Rundenzahl aufweisen mussten wie das eigentlich zu verwendende Pendant aus dem Qualifying.
Kein Vorteil, trotzdem Strafe
Alle Reifen in der WEC sind mit einem RFID-Chip und einem Barcode versehen, die beim Verlassen der Boxengasse automatisch erfasst werden. Jedes Team gibt vor dem Start genau an, welche Reifen es im Rennen verwenden wird. Ein Zusammenhang mit einer weiteren Strafe gegen Reifenlieferant Michelin wegen verspäteter Abgabe der Liste besteht nicht.
Cannizzo ist mit der sportlichen Strafe unzufrieden: "Es gibt Situationen, in denen die Sportkommissare die Regeln interpretieren. In anderen Fällen interpretieren sie sie nicht. Wir sollten versuchen, bei jedem Rennen und in jeder Situation die gleichen Kriterien anzuwenden. Was bei einer Weltmeisterschaft nicht funktioniert, ist, wenn in verschiedenen Situationen unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden."
Offensichtlich bezieht sich der Italiener damit auf die Auslegung einer Regel zur Renndistanz, die Ferrari beim 6-Stunden-Rennen von Spa durch Abbruch und Neustart um einen Doppelsieg gebracht hat. Ferrari ist darüber sehr verärgert. Die Berufung wurde ebenfalls abgelehnt, allerdings aus formalen Gründen.
Jetzt in Bahrain wurden die Regeln offenbar nicht interpretiert, sondern beim Wort genommen und Ferrari entsprechend bestraft. Was in diesem Fall wie hätte ausgelegt werden können, verrät Cannizzo nicht.
Boxenstopp bei zweitem SC hätte nichts geändert
Ferrari präsentierte sich diesmal bei den 8 Stunden von Bahrain deutlich stärker als 2023. Cannizzo ist erleichtert: "Der Joker nach Le Mans hat uns sehr geholfen. Damit haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht und waren nicht mehr kompromittiert."
Der Joker vor dem Rennen in Brasilien veränderte die Belüftung der hinteren Bremsen. Zudem gibt es Gerüchte, dass der Luftwiderstand erhöht wurde, weil Ferrari flexible Flügel nachgesagt werden, die vor allem in Le Mans Vorteile bringen. Zwei Siege beim Klassiker in Folge aus dem Stand sprechen dafür.
Der Ferrari #51 hätte das Rennen wohl gewonnen (auch wenn es am Ende mit dem bärenstarken Toyota noch einmal eng wurde), wäre da nicht die Safety-Car-Phase gewesen. "Ich finde es sehr schade, dass ein Safety-Car ausgerufen wird, um ein Auto zu bergen, das man leicht hätte zurückschieben können. Das hat unser Rennen durcheinander gebracht", kritisiert Ferdinando Cannizzo.
Highlights 8h Bahrain 2024
Es gab aber gleich zwei Safety-Car-Phasen und der Toyota war in Schlagdistanz. Zudem kam die #51 beim zweiten Safety-Car nicht an die Box. Das stellte sich im Nachhinein als falsche Strategie heraus. Cannizzo spielt das herunter: Am (später aberkannten) zweiten Platz hätte ein Boxenstopp nichts geändert.
"Wir waren in einer komfortablen Situation, weil wir noch genügend Energie hatten und beim nächsten Boxenstopp ohnehin weniger tanken mussten. Gleichzeitig gehörten wir zu den besten Herstellern, die noch Reifen übrig hatten. Das hat uns dazu bewogen, unsere 'Track Position‘ nicht aufzugeben."
"Andere hatten nichts zu verlieren und waren in einer anderen Position. Sie haben definitiv vom Boxenstopp profitiert. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, hätte ich den Stopp wahrscheinlich gemacht. Aber das hätte wahrscheinlich nicht viel geändert, denn die Pace des Toyota war völlig außerhalb unserer Erwartungen."
Andere Ferraris von Kollisionen behindert
Die beiden anderen Ferrari 499P waren nicht auf dem Niveau der #51. "Bei der #50 haben wir durch die Kollision [in der ersten Runde] etwas Abtrieb verloren. Das hat sich wiederum auf den Reifenverschleiß ausgewirkt. Dadurch waren der erste und zweite Stint beeinträchtigt."
Ferrari wechselte beim ersten Boxenstopp die Vorderreifen, nicht aber die Reifen auf der rechten Seite. Der erhöhte Reifenverschleiß wirkte sich somit auch auf die Pace im zweiten Stint aus.
"Wir haben anhand der Daten gesehen, dass es keine Probleme gab, nachdem wir die Nase gewechselt hatten. Und als wir dann [beim zweiten Stopp] die Reifen gewechselt haben, war die Pace wieder da. Es war eine unglückliche Situation, genauso wie die am Ende des Rennens mit dem Dreher des Alpine. Es wäre mindestens ein Podestplatz drin gewesen."
Und die #83? Der gelbe Ferrari fuhr am Donnerstag die schnellsten Longruns, am Samstag konnte nur die #51 diese Pace gehen. Auch das führt Cannizzo auf einen erhöhten Reifenverschleiß zurück, möglicherweise durch eine Berührung. "Abgesehen davon war die Pace [bei der #83] da." Allerdings litt das Auto nach dem schwachen Qualifying unter seiner "Track Position".


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