WSBK-Manager: Die Superbike-WM ist für die Dorna ein "kleiner Rohdiamant"
Ex-Weltmeister-Teamchef Ronald ten Kate spricht über den Zustand der Superbike-WM, deren Zukunft und die Chancen, die sich durch die Liberty-Übernahme ergeben
(Motorsport-Total.com) - Spannende Rennen, mehr Zuschauer als im Vorjahr (welches WSBK-Event am besten besucht war) und ab 2025 mit sechs statt fünf Herstellern: Die Superbike-WM befindet sich von außen betrachtet in einem guten Zustand.

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Die Zutaten sind vorhanden: Spanennde Rennen, große Charaktere und viele Marken Zoom
Wie es tatsächlich um die Serie bestellt ist, wollten wir von WSBK-Urgestein Ronald ten Kate herausfinden. Der Niederländer war jahrelang mit einem eigenen WSBK-Team vertreten, gewann 2007 mit James Toseland die Meisterschaft und hat sich in der jüngeren Vergangenheit mit Titeln in der Supersport-WM einen Namen gemacht.
"Ich würde meinen, dass sich die Meisterschaft in einer gesünderen Situation befindet als damals", vergleicht Ten Kate den aktuellen Zustand der Superbike-WM mit der Zeit, in der er selbst ein eigenes Team an den Start schickte.
"Es sind viele Werke vertreten, aber auch die privaten Teams sind sehr stark. Die Zuschauer haben großes Interesse, weil die Show sehr gut ist. Wir sehen in allen Klassen tolle Kämpfe", erkennt der Niederländer und schlussfolgert: "Deshalb würde ich meinen, dass die Serie eine gute Zeit erlebt."

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Ronald ten Kate ist ein absolutes Urgestein im WSBK-Paddock Zoom
"Natürlich gibt es noch Potenzial, um weiter zu wachsen", bemerkt Ten Kate und verweist unter anderem auf die Vermarktung der Serie und den Kalender, der in den zurückliegenden Jahren immer wieder kritisiert wurde.
In der Saison 2024 bereicherte die neu gegründete Frauen-WM bei einigen WSBK-Events das Programm. Ten Kate begrüßt diesen Schritt: "50 Prozent der Bevölkerung sind nun einmal Frauen. Zudem habe ich beobachtet, dass immer mehr Frauen Motorräder fahren. Wir haben einen Händlerbetrieb und sehen, wie immer mehr Frauen den Weg aufs Motorrad finden. Das ist gut."
Die Superbike-WM hebt sich von der MotoGP ab und hat noch Potenzial
Im Vergleich zur MotoGP punktet die Superbike-WM unter anderem durch das offene Fahrerlager und die Paddock-Show. Die Fans kommen viel näher an ihre Idole heran als in der Motorrad-WM. "Wir müssen einen eigenen Weg gehen und herausfinden, wie sich die Superbike-WM von den anderen Serien absetzen kann", erklärt Ten Kate.
Dorna-intern spielt die Superbike-WM natürlich die zweite Geige. Der Fokus des Rechteinhabers liegt klar auf der MotoGP. Doch was passiert, wenn die Dorna eines Tages von Liberty Media übernommen wird (wie der aktuelle Stand ist)? Vergrößert sich der Abstand zwischen Superbike-WM und MotoGP weiter?

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Alleinstellungsmerkmal: Die Paddock Show begeistert die WSBK-Fans Zoom
"Das Joint-Venture mit Liberty ist meiner Meinung nach eine gute Sache. Dann finden alle großen Rennserien unter einem Dach statt", versucht Ten Kate die positiven Aspekte zu sehen. "Die Leute der Dorna und auch die von Liberty Media schauen dann danach, wie sie den Wert dieser Meisterschaft steigern können. Es wird zudem danach gestrebt, gemeinsam zu wachsen."
"Die Superbike-WM ist einer der kleinen Rohdiamanten im Portfolio", ist der Niederländer überzeugt. "Hier sehen wir bereits bei geringer Beteiligung der Verantwortlichen ein ordentliches Wachstum. Die Meisterschaft kann mit ziemlich einfachen Mitteln weiter wachsen."

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Gute Stimmung: Die Superbike-WM bietet Motorsport zum anfassen Zoom
"Alle Zutaten sind vorhanden: Die Rennen sind toll, es gibt die Verbindung zu den Straßenmotorrädern, der Fan kann sich damit identifizieren, das Fahrerlager ist offen. Unterm Strich grenzt sich die Serie in vielerlei Hinsicht von der MotoGP ab. Deshalb bin ich sehr optimistisch", berichtet Ten Kate mit Blick auf die Zukunft der Serie.
In der Formal 1 sah man nach der Übernahme von Liberty Media einige Änderungen. Der aufgeblähte Kalender ist eines der Werkzeuge, um die Nachfrage zu stillen und mehr Einnahmen zu generieren. Doch mehr Rennen sind nicht die Antwort, die sich Ten Kate erhofft.
"Man kann nicht jede Woche ein Rennwochenende haben. In der Formel 1 wurde der Kalender bereits maximal ausgedehnt. Es gibt eine Grenze, wir können nicht 52 Grands Prix im Jahr haben", so der ehemalige WSBK-Teamchef.
Vorschlag für die Zukunft: Erste Trainings am Donnerstag!
In der jüngeren Vergangenheit konzentrierte sich Ten Kate mit seiner Mannschaft voll auf die Supersport-WM. Ab der Saison 2024 hatten die Piloten der mittleren Kategorie deutlich weniger Zeit, um sich für die Rennen vorzubereiten. Diesen Trend würde Ten Kate gern umkehren.
"Mit den vielen Klassen verringert sich die Zeit auf der Strecke sehr stark. Einerseits ist es toll, so viele Klassen zu haben. Doch man sollte sich das genauer anschauen. Vielleicht könnte man vielleicht bereits am Donnerstag einige Trainings absolvieren", schlägt er vor.

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Die Fahrer der Supersport-WM haben beim aktuellen Format nur sehr wenig Trainingszeit Zoom
"Wir benötigen die Zeit, um die Motorräder abzustimmen. In der Supersport-WM hat sich das zu einer ziemlich kritischen Situation zugespitzt. Man kann nicht mehr viele Dinge probieren. Nach dem Freien Training geht es sofort in die Superpole", kritisiert Ten Kate und fügt hinzu: "Manchmal können wir noch nicht einmal an der Übersetzung arbeiten."

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Nach der WSBK-Saison 2020 konzentrierte sich Ten Kate auf die Supersport-WM Zoom
Sportlich konnte sich das niederländische Traditionsteam in den vergangenen Jahren stark in Szene setzen. Nach dem Rückzug aus der Superbike-WM kehrte Ten Kate zu den Wurzeln zurück und festigte in der Supersport-WM die Beziehung zu Yamaha.

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Dominique Aegerter bescherte Ten Kate zwei WM-Titel Zoom
Mit Dominique Aegerter gewann das Team 2021 und 2022 die Supersport-WM. Nachfolger Stefano Manzi gewann in den zurückliegenden Jahren einige Rennen und kämpfte um den WM-Titel. In der Saison 2025 setzt das Team die neue R9 ein, das Nachfolge-Modell der sehr erfolgreichen R6.


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