Denning (Yamaha): Magny-Cours 2021 "brachte nicht meine beste Seite hervor"

Yamaha-Teammanager Paul Denning erinnert sich an den Konflikt mit Jonathan Rea in der WSBK-Saison 2021 und bereut, was er damals in Magny-Cours äußerte

(Motorsport-Total.com) - Vom großen Rivalen zum Hoffnungsträger im eigenen Team: Die Beziehung von Jonathan Rea und Yamaha hat sich stark verändert. Jahrelang kämpfte Rea gegen das von Paul Denning geführte Yamaha-Werksteam in der Superbike-WM und zog sich einige Male den Zorn seines jetzigen Teamchefs zu.

Titel-Bild zur News: Toprak Razgatlioglu; Paul Denning

Kampf gegen Kawasaki und Jonathan Rea: Paul Denning verteidigte Toprak Razgatlioglu Zoom

In der Saison 2021 duellierten sich Titelverteidiger Rea und Yamaha-Speerspitze Toprak Razgatlioglu um die WSBK-Krone. Rea zog schlussendlich den Kürzeren. Der Zweikampf spitzte sich in Magny-Cours zu, als Kawasaki mit einem Protest das erste Triple von Razgatlioglu verhinderte. Yamaha-Teammanager Paul Denning ließ sich damals zu einigen Aussagen hinreißen, die er mittlerweile bereut.

"Wenn Kawasaki das Spiel so spielen möchte, ändert sich dadurch die sportliche Atmosphäre", schoss Denning damals gegen Kawasaki und Rea. Dass Rea zweieinhalb Jahre später der Nachfolger von Razgatlioglu bei Yamaha sein wird, ahnte damals noch niemand.

Harte Worte in der Hitze des Gefechts: Paul Denning bereut seine Aussagen

Wir haben Denning auf das hitzige Duell in der WSBK-Saison 2021 angesprochen und ihn gefragt, wie er mittlerweile dazu steht. "Das ist wirklich eine gute Frage. Einige Zwischenfälle, die ich über die Jahre als Rivale von Jonathan erlebte, brachten nicht die beste Seite von mir hervor, muss ich gestehen", kommentiert Denning im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Total.com.

Toprak Razgatlioglu; Jonathan Rea

WSBK 2021: Toprak Razgatlioglu beendete Jonathan Reas Erfolgsserie Zoom

"Der Vorfall in Magny-Cours ist ein gutes Beispiel dafür. Doch auf der anderen Seite wurde in diesen Momenten auch deutlich, was für ein harter Gegner Jonathan ist und wie schwierig es ist, gegen ihn zu bestehen", erklärt der Yamaha-Teammanager, der seit Ende 2023 eine andere Seite von Rea erleben konnte.

"Es war toll, ihn und seine Familie außerhalb des Wettbewerbs kennenzulernen. Doch wir verbrachten bereits Zeit, als er noch für Kawasaki fuhr. Wir fuhren zusammen Rennrad. Er war schon immer ein guter Kerl", stellt Denning klar.

Paul Denning

Mittlerweile hat Paul Denning den Rekord-Champion im eigenen Team Zoom

Dass im Wettbewerb mit allen Mitteln gekämpft wird, sowohl auf als auch neben der Rennstrecke, ist laut Denning normal: "Wir sind hier, um unser Bestes zu geben und wollen gewinnen. Wenn jemand im Weg steht, dann ist derjenige der Feind. Es war aber eine interessante Entwicklung, als der Feind innerhalb kürzester Zeit zu einem integralen Bestandteil des Teams wurde."

Im Laufe der WSBK-Saison 2024 verschmolzen Rea und Yamaha zu einer immer harmonischer wirkenden Verbindung. Nach vier Jahren mit Razgatlioglu kam Rea als neuer Hoffnungsträger zu Yamaha. Die gesteckten Ziele hat Rea aber bisher nicht erreicht.

"Die Atmosphäre im Team hat sich natürlich verändert. Aber es ist nicht schlechter geworden. Es herrscht eine tolle Arbeitsstimmung. Jonathan hat das Team und Yamaha stark unterstützt, als wir schwierige Momente erlebten. Diese Dinge vergisst man nicht", so Denning.

Jonathan Rea: "Rennfahrer sind sehr eigennützig"

Rekord-Champion Jonathan Rea hat seine sechs WM-Titel nicht eingefahren, weil er ein uneigennütziger und netter Mensch ist. Der Nordire behauptete sich mit extremer Willensstärke gegen seine Rivalen. Dass es dann hin und wieder zu kontroversen Szenen kommen kann, wie zum Beispiel in Magny-Cours 2021, sollte niemanden überraschen.

Jonathan Rea

Voller Fokus: An der Entschlossenheit von Jonathan Rea gibt es keine Zweifel Zoom

"Rennfahrer sind besondere Menschen. Sie haben einen starken Antrieb und sind sehr eigennützig und wollen, dass nichts zwischen ihnen und ihrem Ziel steht", erklärt Rea im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Total.com. "Es ist entscheidend, wo man sich im Moment befindet, egal ob man für Kawasaki, Yamaha oder einfach nur gegen Ducati fährt."

"Ich hatte in der Vergangenheit Konflikte mit Andrew (Pitt, sein Crewchief 2024; Anm. d. Red.) und Paul (Denning). Ich erinnere mich, dass ich zur Rennleitung musste, weil sich Paul über das beschwert hat, was ich auf der Strecke gemacht habe. Doch das ist immer eine Momentaufnahme. Er verteidigt seinen Fahrer und mein Teammanager hätte damals das gleiche gemacht", schildert Rea verständnisvoll.

Jonathan Rea, Paul Denning

Seit Ende 2023 ein Team: Jonathan Rea und Paul Denning Zoom

"Doch jetzt arbeiten wir zusammen und bilden eine Familie. Es sind gute Leute", erklärt Rea. "Von außen habe ich nicht erkannt, wie herzlich Paul ist. Er ist ein guter Kerl, der hart arbeitet und für absolutes Teamwork steht. Er ist besessen vom Job. Er notiert sich jede Aussage von mir, damit er sich daran erinnert."

Von außen betrachtet wirken derart verbissene Charaktere oft unsympathisch. Das weiß auch Rea, der mittlerweile anders über das Yamaha-Team denkt. "Natürlich kann es vorkommen, dass man diesen Charakter nicht mag, weil er ein Gegner ist. Doch das hat sich verändert. Das gesamte Team hat mich wirklich überrascht", so der Yamaha-Pilot.

Im kommenden Jahr bestreitet Rea seine zweite Saison mit Paul Dennings Yamaha-Team. Die abgelaufene Saison hat man längst abgehakt. Als WM-13. blieb Rea weit hinter den Erwartungen zurück. Unterm Strich war Rea in der WSBK-Saison 2024 nur der drittbeste Yamaha-Pilot. Teamkollege Andrea Locatelli sammelte beinahe doppelt so viele Punkte und wurde WM-Siebter.