Über die WSBK in die MotoGP: Laut Jonathan Rea gab es diesen Weg nie

Jonathan Rea erhielt keine Chance in der MotoGP: Im Exklusiv-Interview nennt Rea die Gründe, warum so wenige WSBK-Piloten den Sprung ins GP-Paddock meistern

(Motorsport-Total.com) - Mit seinen außergewöhnlich guten Leistungen in der Superbike-WM zog Jonathan Rea das Interesse auf sich. Rea dominierte jahrelang die seriennahe Meisterschaft, bekam aber kein gutes Angebot, um ein Können in der MotoGP zu beweisen. Ein ähnliches Schicksal ereilte Toprak Razgatlioglu, der von Yamaha mit zwei MotoGP-Tests belohnt wurde, sich danach aber kritisch zu den Bedingungen äußerte.

Titel-Bild zur News: Jonathan Rea

MotoGP 2012: Jonathan Rea auf Casey Stoners Honda RC213V Zoom

Warum schauen sich die MotoGP-Teams nicht mehr in der Superbike-WM um, wie es zu Beginn der Viertakt-Ära der Fall war? "Ich glaube nicht, dass es jemals einen richtigen Weg über die Superbike-WM in die MotoGP gab", erklärt Jonathan Rea im Exklusiv-Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

Die wenigen Fahrer, die den Sprung von der WSBK in die MotoGP geschafft haben, sind laut Rea eine absolute Ausnahme. "Colin Edwards, Cal Crutchlow und Ben Spies sind Beispiele, aber unterm Strich haben nicht viele Fahrer diese Chance erhalten. Die MotoGP ist die absolute Spitze. Normalerweise ist der Weg der Fahrer genau umgedreht", weiß Rea.

Selbst WSBK-Weltmeister erhalten keine Angebote von Werksteams

Am fehlenden Talent der WSBK-Spitzenfahrer liegt es laut Rea nicht. "Man kann diese Tatsache mögen oder nicht, aber in unserem Fahrerlager gibt es viele Talente", bemerkt der Nordire. Doch wenn es zu einem der seltenen Wechsel eines WSBK-Piloten kommt, dann bekommt derjenige oft keine gute Chance.

Die WSBK-Laufsieger Eugene Laverty und Loris Baz fuhren während ihrer MotoGP-Zeit mit unterlegenem Material. Auch Jonathan Rea hatte die Chance, mit einer Open-Honda in der MotoGP zu fahren, lehnte aber dankend ab.

Jonathan Rea

Jonathan Rea hatte Angebote aus der MotoGP, wollte aber nicht mit schlechtem Material fahren Zoom

"Fahrer aus der WSBK erhalten nicht immer die Chance, ihr Können unter Beweis zu stellen. Doch wenn MotoGP-Fahrer hierhin kommen, dann fahren sie meist für Werksteams oder sitzen zumindest auf guten Motorrädern", kritisiert Rea.

Eugene Laverty

Die Open-Honda hätte die Karriere von Eugene Laverty beinahe ruiniert Zoom

"Wenn ein Fahrer aus der Superbike-WM wechselt, dann geht es meist nur in ein Satelliten-Team. Dann müssen diejenigen mit unterlegenem Material antreten", bedauert der Rekord-Weltmeister der Superbike-WM.

MotoGP-Teammanager schauen lieber in der Moto2 und Moto3

Dass sich die MotoGP-Teams lieber in der Moto3 und Moto2 nach potenziellen Kandidaten umschauen, überrascht Rea nicht. "Warum sollten sich MotoGP-Teammanager hier umschauen?", fragt sich der sechsmalige WSBK-Champion. "Sie haben alles in ihrem Paddock."

Pedro Acosta

Wird Pedro Acosta der nächste große MotoGP-Überflieger? Zoom

Rea vergleicht die Situation mit der in der WSBK, in der die Teams hauptsächlich die Serien im Auge behalten, die im Rahmen der Superbike-WM fahren, also die Supersport-WM und früher die Superstock-Meisterschaft. Fahrer aus den nationalen Superbike-Serien haben es schwer, einen Eindruck zu hinterlassen.

Jonathan Rea

Jonathan Rea kam über die BSB in die Supersport-WM Zoom

"Die Teammanager hier schauen auch nur selten in den nationalen Meisterschaften, obwohl es dort einige Talente gibt. Aber man kennt diese Fahrer nicht gut genug und geht nicht das Risiko ein, einen unbekannten Fahrer zu verpflichten. Es ist wirklich schade", so Rea, der über die Britische Superbike-Meisterschaft in die Supersport-WM und danach in die Superbike-WM kam.

WSBK vs. MotoGP: Die technischen Unterschiede werden größer

Ein zusätzliches Problem für die Aufsteiger aus seriennahen Meisterschaften in die MotoGP ist die Entwicklung der Prototypen. In den zurückliegenden Jahren wurde der Unterschied zwischen einem Superbike und einem MotoGP-Bike durch Technologien wie die Aerodynamik und die höhenverstellbaren Fahrwerke immer größer.

Francesco Bagnaia; Alvaro Bautista

Aero, Devices und Co: Große Unterschiede zwischen MotoGP-Bike und Superbike Zoom

Das erschwert es WSBK-Piloten bei einem Einsatz als Ersatzpilot oder bei einem Test einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Die Anpassungszeit ist meist zu gering, um das MotoGP-Bike komplett zu verstehen.

Jonathan Rea

Jonathan Rea beim MotoGP-Einsatz in Aragon in der Saison 2012 Zoom

"Für die Fahrer, die nicht im Grand-Prix-Paddock aufgewachsen sind, wird es immer schwieriger, denn die Bikes unterscheiden sich immer stärker", bestätigt Rea, der 2012 für Honda zwei Grands Prix als Ersatzpilot absolvierte und beide Rennen in den Top 8 beendete.