VR46-Duo trotzt Schmerzen: P2 und P3 nach starkem Indonesien-Sprint, aber ...

Luca Marini und Marco Bezzecchi, beide kürzlich am Schlüsselbein operiert, melden sich am Mandalika-Samstag stark zurück - Marc Marquez ordnet die Leistung ein

(Motorsport-Total.com) - Damit war in dieser Form nicht zu rechnen: Nachdem sich die beiden VR46-Ducati-Piloten Luca Marini und Marco Bezzecchi beide vor wenigen Wochen beziehungsweise Tagen einer Operation infolge eines gebrochenen Schlüsselbeins unterziehen mussten, sind sie am Samstag im Sprint des MotoGP-Wochenendes in Mandalika (Indonesien) bei hohen Temperaturen auf dem zweiten und dritten Platz ins Ziel gekommen.

Titel-Bild zur News: Marco Bezzecchi, Luca Marini

Mit frisch operierten Schultern in die Top 3: Marco Bezzecchi und Luca Marini Zoom

Für Marini, der hinter dem Sieger und neuen WM-Spitzenreiter Jorge Martin Zweiter wurde, ist es an diesem Wochenende das Comeback auf dem Motorrad. Er hatte sich seinen Bruch des Schlüsselbeins (links) vor drei Wochen beim VR46-Startcrash im Indien-Sprint zugezogen. Aufgrund der Verletzung verpasste er dort den Grand Prix und aufgrund der Operation auch das gesamte Japan-Wochenende in Motegi.

Bezzecchi hingegen hat sich seinen Bruch des Schlüsselbeins (rechts) erst vor sieben Tagen zugezogen, als er beim Training auf der VR46 Motor Ranch in Tavullia gestürzt ist. Er wurde am Sonntag operiert und hat erst am Mittwoch entschieden, nach Indonesien zu fliegen. Angekommen ist er am Freitag eine Stunde vor dem ersten Freien Training. Das war für ihn aber noch nicht das Ende der Strapazen.

Der 13-Runden-Sprint am Samstag auf dem Mandalika International Circuit ging bei einer Lufttemperatur von 32 und einer Asphalttemperatur von 59 Grad Celsius über die Bühne. Marini hatte wenige Stunden zuvor im Qualifying die erste Pole seiner MotoGP-Karriere erobert, und das nachdem er über den Umweg Q1 gekommen war. Im Sprint rechnete er sich sogar Chancen aus, Spitzenreiter Jorge Martin in der Schlussphase noch angreifen zu können.

Marini: Chance auf Sprint-Sieg in vorletzter Runde vergeben

In der vorletzten der 13 Runden aber ist Marini in Kurve 13, der vorletzten Linkskurve der Strecke, ein Fehler unterlaufen. Das Hinterrad rutschte ihm leicht weg, er musste Gas wegnehmen und verlor dabei die Chance, in der letzten Runde gegebenenfalls ein Schlussattacke starten zu können. "Ich sah, wie Jorge vorne ein bisschen Zeit verliert", berichtet Marini. "Ich selber hatte ein gutes Gefühl, was die Reifen betrifft und wollte angreifen."

"Am Eingang von Kurve 13 aber", so Marini weiter, "war der Hinterreifen sehr heiß, nachdem ich ihn in der Kurve zuvor zu stark habe durchdrehen lassen. Als ich Kurve 13 ein bisschen zu heftig mit der Hinterradbremse angebremst habe, ist mir das Hinterrad weggerutscht und ich habe eine Sekunde verloren. Schade, denn anderenfalls hätte ich Jorge vielleicht noch packen können".

Luca Marini

Luca Marini nach P2 im Mandalika-Sprint am Ende seiner Kräfte Zoom

Generell ist Marini zufrieden, ärgert sich aber nicht nur wegen des Fehlers in der Schlussphase des Indonesien-Sprints über sich selber. Auch, und vor allem, den von ihm verschuldeten Startcrash vor drei Wochen im Indien-Sprint hat er noch nicht vergessen.

"Seit dem Misano-Test habe ich ein richtig gutes Gefühl auf dem Motorrad. Dort nämlich ist uns bezüglich der Abstimmung ein großer Schritt nach vorne gelungen. Leider aber habe ich mich dann zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt der Saison entschieden, mir das Schlüsselbein zu brechen", blickt Marini auf den Crash mit Teamkollege Bezzecchi zurück.

Bezzecchi: Überholmanöver an Vinales im dritten Versuch

Unmittelbar nachdem Marini und Teamkollege Bezzecchi am Samstag in Mandalika auf P2 und P3 ins Ziel gekommen waren, und noch bevor sie ihre Interviews gaben, wurde beiden eine Packung Eis verabreicht. Marini hielt sich das Eis an die frisch operierte linke Schulter, Bezzecchi an die frisch operierte rechte Schulter.

"Ich hatte nicht damit gerechnet, hier überhaupt antreten zu können, geschweige denn im Sprint in die Top 3 zu fahren", sagt Bezzecchi, dessen Operation gerade mal sechs Tage zurückliegt. "Am Mittwochvormittag habe ich ja überhaupt erst die Entscheidung getroffen, hierher zu fliegen. Somit ist das [Ergebnis] schon ziemlich cool."

Während Teamkollege Marini von der Pole losfuhr und die gesamte Sprintdistanz über in den Top 3 fuhr, hatte Bezzecchi mehr Arbeit. Er kam vom neunten Startplatz und musste mehrere Piloten überholen. Gegen Maverick Vinales, der anfangs führte, dann aber Reifenprobleme bekam, gelang "Bez" das Überholen erst im dritten Versuch.

Das Problem schildert Bezzecchi wie folgt: "Ich fuhr direkt hinter Luca, der eine starke Pace hatte. Ich konnte an ihm dranbleiben, aber in seinem Windschatten wurde es noch heißer als ohnehin schon. Und im Windschatten war das Bremsen noch schwieriger als ohnehin schon. Da begannen meine Kräfte nachzulassen. Das war hinter Maverick erst recht so."

Marco Bezzecchi

Marco Bezzecchi kühlte seine rechte Schulter nach P3 mit Eis Zoom

Weil er sich das rechte Schlüsselbein gebrochen hatte, machten Bezzecchi die Schmerzen vor allem in den zahlreichen Rechtskurven zu schaffen. "Ich habe es versucht, aber zweimal kam [Vinales] direkt wieder an mir vorbei, weil ich wegen der Schulter die Linie nicht halten konnte. Und auf der anderen Seite gab es keinen Weg vorbei", so Bezzecchi.

In Kurve 10, einem der härtsten Bremspunkte der Strecke und noch dazu eine Rechtskurve, ist Bezzecchi in der letzten Runde dann doch noch der erfolgreiche Angriff auf Vinales gelungen. "Ich kam vorbei und hatte von da an bis ins Ziel endlich wieder frische Luft", atmet der Drittplatzierte durch.

Marc Marquez: Schmaler Grat zwischen "Superheld und Dummheit"

Einer, der die Leistung von Bezzecchi und auch Marini am Samstag in Mandalika sehr gut einschätzen kann, ist Marc Marquez. Der Honda-Pilot ist ob des Durchbeißens der beiden VR46-Piloten voll des Lobes, verweist aber auch darauf, dass es ein schmaler Grat zwischen "Superheld und Dummheit" sei, so kurz nach einer Operation wieder auf das Motorrad zu steigen.

"Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir es erleben, wie Fahrer nur wenige Tage nach einer Schlüsselbein-Operation eine unglaublich starke Leistung zeigen", so Marquez und weiter: "Du kannst in einer solchen Situation der Superheld sein oder aber erneut stürzen und damit noch mehr kaputtmachen."

Marquez weiß, wovon er spricht. Er selber stieg im Juli 2020 in Jerez - nur sechs Tage nach seinem schweren Sturz und nur vier Tage nach Operation an der Schulter - wieder auf seine Honda, um das Samstagstraining für das zweite von damals zwei direkt aufeinanderfolgenden Jerez-Rennen in Angriff zu nehmen. Die Nummer ging gründlich schief und Marquez musste letztlich bis Saisonende pausieren.

"Somit ist es immer die Frage: Superheld oder Dummheit", unterstreicht der Honda-Pilot und sagt mit Verweis auf Marini und Bezzecchi am Samstag in Mandalika: "Sie waren heute Superhelden. Es war unglaublich, wie sie gefahren sind und es sogar in die Top 3 geschafft haben. Das war sicherlich nicht nur das Motorrad. Wenn Fahrer so etwas leisten wie Marini und Bezzecchi heute, dann sind auch die Fahrer sehr gut und sehr stark."

Werden Marini und Bezzecchi 27 Runden überstehen?

Die 13 Runden des Sprints am Samstag haben Marini und Bezzecchi an den Grenzen ihrer körperlichen Belastbarkeit überstanden. Am Sonntag aber stehen 27 Runden auf dem Programm. Und die Wettervorhersage lässt abermals eine Lufttemperatur von um die 30 Grad Celsius erwarten. Entsprechend vorsichtig äußern sich beide VR46-Piloten ob ihrer Chancen.

"Das Motorrad war heute richtig stark. Der Sieg wäre möglich gewesen, aber leider war ich selber nicht in der besten Verfassung", sagt Marini. "Ab der vierten Runde hatte ich vor allem in den Linkskurven Probleme. Zum Glück gibt es hier nicht ganz so viele Linkskurven. Heute war es noch irgendwie möglich, meinen Körper zu 100 Prozent zu belasten. Morgen werde ich mir die Kräfte aber auf jeden Fall einteilen müssen."

Und Bezzecchi fügt hinzu: "Morgen wird es mit Sicherheit schwierig. Die Hitze ist gar nicht so sehr das Problem. Sorgen bereitet mir aber vor allem der Gedanke an die Rechtskurven mit harten Bremspunkten. Weil meine Schulter verletzt ist, muss ich versuchen zu kompensieren. Mein Nacken und all meine Muskeln, die ich sonst weniger einsetze, fühlen sich heute schrecklich an."

Marco Bezzecchi, Luca Marini

Marco Bezzecchi und Luca Marini Zoom

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