"Uccio" im Interview: Warum er hofft, dass Bezzecchi VR46 Ende 2024 verlässt

VR46-Teamchef Alessio Salucci über Details im Vertrag mit Marco Bezzecchi, ob VR46 für 2025 bei Ducati bleibt und ob man Nicht-Akademie-Fahrer verpflichten könnte

(Motorsport-Total.com) - Das VR46 Racing Team mit Valentino Rossi als Teambesitzer, dessen langjährigem Kumpel und Wegbegleiter Alessio "Uccio" Salucci als Teamchef und Pablo Nieto als Teammanager ist mit den beiden Piloten Marco Bezzecchi und Luca Marini eine der größten Überraschungen der MotoGP-Saison 2023.

Titel-Bild zur News: Marco Bezzecchi, Alessio "Uccio" Salucci

Marco Bezzecchi mit VR46-Teamchef Alessio "Uccio" Salucci Zoom

Für 2024 hat man sowohl den Vertrag mit Bezzecchi als auch den Vertrag mit Marini verlängert, in beiden Fällen um nur ein Jahr. Was dahinter steckt, erklärt Teamchef "Uccio", wobei er noch auf weitere interessante Aspekte eingeht.

Im Interview für Motorsport.com spricht "Uccio" über Details im Vertrag mit Marco Bezzecchi, warum er hofft, dass "Bez" ab 2025 nicht mehr für VR46 fahren wird, wie es für das Team für 2025 mit einem möglichen Wechsel von Ducati zu Yamaha aussieht, und welche Arbeitsweise von Valentino Rossi im Team ganz oben auf der Agenda steht.

Frage: "Uccio, sind Sie froh, beide Fahrer im MotoGP-Team für 2024 zu behalten?"

Alessio "Uccio" Salucci: "Ich bin sehr glücklich, weil Luca Marini und Marco Bezzecchi zwei Fahrer aus der Akademie sind, die seit vielen Jahren zusammen fahren. Wir haben mit diesen beiden Fahrern sehr gute Arbeit geleistet, auch weil Luca und 'Bez' ein gutes Verhältnis untereinander haben. Es ist möglich, in gemeinsamen Meetings mit den beiden Fahrern und ihren Crewchiefs (David Munoz und Matteo Flamigni; Anm. d. Red.) das Team als Ganzes voranzubringen."

"Zusammenarbeit wird bei uns groß geschrieben. Genau darum geht es mir, weil wir schon 2020 und 2021 in der Moto2-Klasse zusammengearbeitet haben. Wir haben dabei einen sehr guten Job gemacht und das möchte ich in der MotoGP-Klasse fortsetzen. Die MotoGP-Klasse ist ein bisschen anders, weil es aufgrund der Aerodynamik sehr schwierig ist, zusammen auf der Strecke zu fahren."

"Was ich damit sagen will: Die Motorräder können jetzt nicht mehr so nah beieinander bleiben. Es ist daher nicht möglich, auf der Strecke zusammenzuarbeiten. Es ist aber möglich, abseits der Strecke zusammenzuarbeiten. Für mich ist das sehr wichtig. Um also Ihre Frage zu beantworten: Ich bin sehr froh, dass wir im Moment mit diesen beiden Fahrern weitermachen können."

"Uccio" verrät Details zum Vertrag mit Bezzecchi

Frage: "Wie haben Sie Marco Bezzecchi dazu gebracht, im Team zu bleiben?"

Salucci: "Das Management hat zwei Angebote auf den Tisch gelegt. Ich war das nicht, denn ich bin nicht der Manager von Bezzecchi. Das eine Angebot kam von Pramac, das andere kam von mir. Nach zwei Tagen kam der Fahrer zu VR46 zurück und sagte: 'Uccio, ich möchte in deinem Team bleiben.' Natürlich haben wir den wirtschaftlichen Rahmen stark verändert. Das ist aber normal, denn Bezzecchi hat es verdient. Als er zu mir kam, war ich sehr glücklich über seine Entscheidung."

"Meiner Ansicht nach ist es die richtige Entscheidung, denn manchmal ist es besser, eine Gruppenatmosphäre zu haben als die Technik. Sicherlich ist das Werksmotorrad in diesem Jahr besser als unser Motorrad. Der Unterschied ist aber nicht so groß. Bezzecchi ist sehr clever. Zwei Tage lang hat er viel nachgedacht. Er hat alles in die Waagschale geworfen und gesagt: 'Ich ziehe die Gruppe der technischen Seite vor.' Für unsere Gruppe, für unser Team, bin ich extrem glücklich, denn er steht zu 100 Prozent hinter dem Projekt. Er ist regelrecht süchtig nach dem Projekt."

Marco Bezzecchi, Alessio

"Uccio" hofft, dass Bezzecchi für 2025 vom Ducati-Werksteam engagiert wird Zoom

Frage: "Ist es das Ziel, Bezzecchi für 2025 in ein Werksteam zu bringen?"

Salucci: "Dafür haben wir den Vertrag mit 'Bez' unterschrieben. Ich wollte keinen Vertrag für ein Jahr mit einer Option auf ein weiteres Jahr. Einige im Team haben mich dazu gedrängt, aber das wollte ich nicht. Ich habe gesagt, dass ich nur ein Jahr will, weil ich hoffe, dass Bezzecchi am Ende des nächsten Jahres ins Werksteam wechselt, hoffentlich ins Ducati-Werksteam."

"Ende nächsten Jahres laufen alle Werksverträge aus. Da hat er dann vielleicht viele Möglichkeiten. Ich hoffe aber, dass er bei Ducati bleibt, denn meiner Ansicht nach ist es das richtige Motorrad für ihn. Aber mein Job mit Marco wird hoffentlich Ende nächsten Jahres erledigt sein."

Wechselt VR46 für 2025 von Ducati zu Yamaha?

Frage: "Es gibt Gerüchte, VR46 könnte für 2025 von Ducati zu Yamaha wechseln. Welches der beiden Szenarien ist Ihre Präferenz?"

Salucci: "Aus jetziger Sicht ist meine Präferenz sicherlich, bei Ducati zu bleiben. Der einzige Vorteil eines unabhängigen Teams ist aber, dass es möglich ist, das Motorrad selber zu bestimmen. Wenn also Yamaha, Aprilia oder KTM zu uns kommen wollen und das Motorrad gut ist, dann sind wir natürlich offen für eine Entscheidung. Momentan ist es die Priorität, bei Ducati zu bleiben, aber man weiß ja nie in dieser Welt."

Valentino Rossi

Valentino Rossi ist Yamaha-Botschafter - Fährt sein Team ab 2025 diese Marke? Zoom

Frage: "Wird die Entscheidung, eine Werksmaschine von Ducati zu bekommen, ausschlaggebend sein? Oder sind Sie mit der technischen Spezifikation, die Sie im aktuellen Vertrag bekommen, zufrieden?"

Salucci: "Für das nächste Jahr bekommen wir definitiv kein Werksmotorrad. Was die Zukunft angeht, hängt es von unserem Projekt ab. 2025 werden wir Marini vielleicht nicht mehr haben, weil er vielleicht woanders hingeht. Wir werden Bezzecchi nicht mehr haben. Vielleicht kommen dann zwei junge Fahrer."

"Und für zwei junge Fahrer ist es besser, unser Motorrad zu haben, nicht das Werksmotorrad. Wenn wir einen Topfahrer verpflichten wollen, vielleicht einen Topfahrer aus einem Werksteam, dann fragen wir vielleicht bei Dall'Igna für ein Werksmotorrad an. Momentan ist die Situation aber so, dass wir kein Werksmotorrad haben."

"Der Grund, weshalb Ducati Nein sagt, ist aber nicht, weil sie kein Vertrauen in unser Team hätten. Der Grund ist vielmehr, dass es jetzt zu spät ist, ein weiteres [Werks-]Motorrad zu bauen. Wenn man bedenkt, dass wir den Vertrag mit Marco erst im August unterschrieben haben, war das zu spät um sagen zu können, dass wir ein weiteres [Werks-]Motorrad brauchen."

Sieht sich VR46 außerhalb der Akademie nach Fahrern um?

Frage: "Sie sagen, Sie sind offen dafür, einen jungen Fahrer zu verpflichten. Ist das ein Ziel für VR46 oder wollt Ihr ein Team für junge Fahrer aus der VR46-Akademie bleiben?"

Salucci: "Wir sind offen, denn wir haben keine Fahrer in der Akademie [bereit für den MotoGP-Aufstieg]. Wir haben Celestino Vietti und ein paar neue Fahrer, die aber noch sehr jung sind. Im Moment arbeitet die Akademie daran, junge italienische Fahrer zu finden."

"Wir sind kurz davor, die Türen der Akademie für zwei junge Fahrer zu öffnen. Damit meine ich aber wirklich junge, so etwa 13, 14 Jahre alt, die also noch nicht einmal bereit für die Moto3-Klasse sind. Wir müssen ein paar Jahre mit ihnen arbeiten. Also müssen wir die Türen unseres MotoGP-Teams sicherlich für andere Fahrer öffnen."

Frage: "Dieses Team ist jung, hat aber bereits großartige Ergebnisse erzielt. Hätten Sie jemals damit gerechnet?"

Salucci: "Es ist ein Traum. Sicherlich, ich habe Marco und Luca im Winter sehr gut trainieren sehen und auch unsere Leute im Team haben ein Jahr mehr Erfahrung. Aber mit so einer Saison hätte ich nicht gerechnet. Ich bin sehr glücklich. Momentan machen wir aber gerade eine schwierige Phase durch." (Fotos: VR46-Ducati in der MotoGP-Saison 2023)

"Wir hatten in Barcelona kein einfaches Wochenende. Pramac hat sich in der Meisterschaft ein bisschen abgesetzt, Jorge Martin auch. Wir versuchen, diesen Rückstand aufzuholen. Wir müssen konzentriert und ruhig bleiben, denn wir sind hier ein bisschen verrückt. Das ist eben der VR46-Stil!"

Alessio

Mit den Erfolgen der Saison 2023 hätte "Uccio" für das VR46-Team nicht gerechnet Zoom

Frage: "Ist dieser VR46-Stil der Grund, weshalb das Team so erfolgreich ist? Der Rennsport ist ein Job, aber Ihr behaltet den Spaß daran, nicht wahr?"

Salucci: "Die Balance zwischen Spaß und Arbeit muss für gute Ergebnisse erhalten bleiben. Ja, wir sind sicherlich ein familiäres, lustiges Team. Aber wir müssen auch fokussiert bleiben."

Frage: "Ist das eine Arbeitsweise von Valentino Rossi?"

Salucci: "Absolut."

Frage: "Sie haben seit 1996 so viele großartige Dinge gemeinsam mit Rossi erlebt. Ist die Leitung dieses Teams das Beste, was Sie je mit ihm gemacht haben?"

Salucci: "Auf jeden Fall! Ich bin sehr stolz. Ich möchte 'Vale' danken, dass er mir diese Möglichkeit gibt und mir sein Vertrauen schenkt. Ich habe in diesem Projekt im Jahr 2014 in der Moto3-Klasse angefangen. Dort und später in der Moto2-Klasse haben wir viele Jahre verbracht."

"Als ich 'Vale' dann darauf angesprochen habe, dass ich das Team in der MotoGP-Klasse leiten möchte, da sagte 'Vale' zu mir, dass wir vielleicht wirklich bereit sind, weil wir ja acht, neun Jahre Erfahrung aus Moto3 und Moto2 haben. Ich bin sehr glücklich. Ich möchte mich bei 'Vale' und allen anderen für diese Chance bedanken. Ich will meine 150 Prozent geben."

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