Reifendruckkontrolle im MotoGP-Rennen: Ist die aktuelle Regelung praktikabel?

Maverick Vinales hat durch eine Zeitstrafe seinen Podestplatz in Katar verloren - Sind 16 Sekunden gerechtfertigt? - Die Topfahrer diskutieren über umstrittene Regel

(Motorsport-Total.com) - Im Laufe der ersten fünf MotoGP-Rennwochenenden wurden zwei Fahrer aufgrund der Reifendruckregel bestraft. Während eines Grand Prix muss der vorgeschriebene Mindestdruck im Vorderreifen für mindestens 60 Prozent der Renndistanz eingehalten werden. Ist das nicht der Fall, gibt es eine Zeitstrafe von 16 Sekunden.

Titel-Bild zur News: Maverick Vinales, Marc Marquez

Maverick Vinales führte das Rennen in Katar unerwartet an Zoom

Zuletzt in Jerez wurde Wildcard-Starter Aleix Espargaro bestraft. Danach kündigte er an, dass Honda das Dashboard-Alarmsystem überarbeiten müsse, weil er nicht genau wusste, ob der Reifendruck im vorgeschriebenen Bereich lag.

Bitterer war die Zeitstrafe für Maverick Vinales in Katar. Dadurch verlor er den zweiten Platz und wurde schließlich nur als 14. gewertet. Der KTM-Fahrer soll den vorgeschriebenen Wert um lediglich drei Runden unterschritten haben.

"Wir haben den Druck so eingestellt, dass ich im Windschatten fahren kann. Und nach vier Runden war ich vorne - das war für uns sicher unerwartet", blickt Vinales auf Katar zurück. "Ja, ich hatte die Warnung, das stimmt. Und ich habe sie auch gesehen."

Beim Grand Prix von Thailand ließ sich Marc Marquez absichtlich hinter seinen Bruder Alex zurückfallen. Denn er hatte in Führung liegend eine Warnung des Mindestdrucks erhalten. Damit der Druck steigt, fuhr er lange im Windschatten seines Bruders.

Hätte Vinales in Katar das auch tun sollen? "Ich habe es gemacht, aber Marc war zu schnell. Ich habe ihn in Kurve 6 vorbeigelassen, aber er hat sich von mir abgesetzt. Als Marc mich überholt hat, waren es noch fünf Runden, und ich wusste, ich brauche noch ein paar Runden."

"Dann habe ich überlegt: Warte ich auf 'Pecco' oder nicht? Schließlich habe ich mir gesagt: Ist schon gut, fahr einfach weiter." Somit ließ sich Vinales nicht auch hinter die zweite Ducati zurückfallen, sondern fuhr Platz zwei ins Ziel und kassierte die Zeitstrafe.

Maverick Vinales

Durch die Zeitstrafe verlor Maverick Vinales seinen ersten Podestplatz mit KTM Zoom

Einen Vorteil hatte er aber nicht. "Ich denke", so der KTM-Fahrer, "man hat einen Vorteil, wenn der Luftdruck bei 2,2 bar liegt, und man selbst bei 1,8 ist. Das ist ein großer Vorteil. Aber das ist alles legal. Wenn du bei 1,7 bist und der Mindestwert bei 1,8 liegt, dann ist das praktisch nichts."

"Die Sache ist: Ich bin nie mit wirklich niedrigem Druck gefahren. Normalerweise fahre ich immer mit 1,8 oder 1,9 bar. Manchmal testen wir im Training höhere Drücke, um zu sehen, was passiert. Aber mit so niedrigem Druck fahre ich nie."

"Ich denke, es ist viel schlechter, mit sehr niedrigem Druck zu fahren. Dann verhält sich das Motorrad nicht mehr gut, weil sich der Reifen dann komplett anders auf der Felge verhält. Es geht um die Sicherheit - deshalb wurde diese Regel eingeführt."

Für die Ingenieure ist es eine knifflige Sache, den Reifendruck vor dem Start richtig einzustellen. Denn sie müssen abschätzen, ob der Fahrer im Pulk fährt oder - wie bei Vinales in Katar - unerwartet an der Spitze des Feldes.

Ist die Zeitstrafe zu hoch bemessen?

Ist die Zeitstrafe zu hoch, wenn die minimale Unterschreitung ohnehin keinen signifikanten Vorteil bringt? "Würde man die Strafe auf vier Sekunden senken, würden alle mehr riskieren", meint Vinales. "Dann ergibt diese Regel keinen Sinn. Deshalb sind es für alle 16 Sekunden."

Prinzipiell stehen die Fahrer hinter der Regel, da sie aus Sicherheitsgründen eingeführt worden ist. "Das Einzige, woran man arbeiten könnte", merkt Marc Marquez an, "wäre vielleicht zu prüfen, ob es sicher wäre, den Prozentsatz der Runden mit zu niedrigem Reifendruck zu reduzieren."

Marc Marquez, Francesco Bagnaia

Aus Sicherheitsgründen sprechen sich die Fahrer für die Regel aus Zoom

"Ich meine: weniger Runden unter dem vorgeschriebenen Druck. Denn manchmal führt vielleicht jemand das Rennen an, der Druck fällt ab - und er kann ihn danach nicht wieder erhöhen. Das ist das Einzige, was ich sehe: Den Prozentsatz reduzieren."

"Für mich ist die zentrale Frage die der Sicherheit - so wie es Michelin formuliert", so Marc Marquez. Dem stimmt Teamkollege Francesco Bagnaia zu: "Regeln sind Regeln. Man muss sich über dem Grenzwert bewegen, den Michelin aus Sicherheitsgründen vorgibt."

"Es stimmt, dass wir vor einigen Jahren mit demselben Reifen, aber geringerem Druck gefahren sind. Aber ich denke, dass der Grenzwert, den wir in Katar hatten, sehr niedrig war. In dieser Situation kann der Wert so bleiben, ohne dass unsere Performance darunter leidet."

Neuer Vorderreifen von Michelin wird weiterhin getestet

In diesem Jahr wurde ein neuer Vorderreifen von Michelin schon mehrmals getestet. Bei den Wintertests in Malaysia und Thailand war diese Entwicklung Teil des Kontingents. Zuletzt war er auch beim Montagstest in Jerez Teil des Testprogramms.

Lediglich ein Fahrer äußerte sich nach dem Test konkret über diese neue Vorderreifenkonstruktion. Das war Alex Marquez: "Weniger positiv als in Barcelona, Malaysia und Buriram, würde ich sagen. Auch in Misano war es besser."

Alex Marquez

Beim Montagstest in Jerez wurde wieder der neue Vorderreifen evaluiert Zoom

"In Jerez, einer langsameren Strecke, war er ein wenig schlechter. Aber es gibt sowohl positive als auch negative Aspekte, jedoch kein großes Problem. Die Rückmeldungen, die wir auf den anderen Strecken gegeben haben, waren hier sehr ähnlich."

"Nur treten hier mehr Probleme auf, weil die Kurventypen anders sind", erklärt der WM-Führende. Im Juni gibt es nach dem Grand Prix in Aragon einen weiteren Montagstest mit allen Stammfahrern. Auch dort soll der neue Vorderreifen im Testkontingent sein.

Nach diesem Test will Michelin evaluieren, ob dieser Reifen im nächsten Jahr bei den Rennen zum Einsatz kommt. Obwohl 2026 die vorläufig letzte MotoGP-Saison für die französische Marke sein wird, will man diese Entwicklung noch einsetzen.