Reglement 2016: Langweilige Rennen statt Chancengleichheit?

Bei den vergangenen Rennen gab es an der Spitze kaum Überholmanöver: Sind die Michelin-Reifen und die Elektronik für die großen Abstände verantwortlich?

(Motorsport-Total.com) - Von der angestrebten Chancengleichheit ist in der MotoGP momentan nicht viel zu sehen. Die Verantwortlichen erhofften sich durch das Verbot der komplexen Elektroniklösungen der Werke, dass die Satellitenfahrer wieder um Siege und Podestplätze kämpfen können. Der bisher letzte Sieg eines Privatfahrers liegt bereits zehn Jahre zurück. Und das wird sich vermutlich nicht so schnell ändern, denn bei den bisherigen Rennen der Saison 2016 dominierten die Werkspiloten von Yamaha, Honda, Ducati und Suzuki.

Titel-Bild zur News: MotoGP Start

Nach wenigen Runden ziehen die Werkspiloten den Privatfahrern davon Zoom

Bereits nach dem Spanien-Grand-Prix in Jerez machte sich Tech-3-Pilot Pol Espargaro Luft. Der Spanier war in Katar, Texas, Jerez und Le Mans bester Privatfahrer, doch vom Podium war Espargaro meist weit entfernt. Von den Regeländerungen ist der Yamaha-Pilot enttäuscht: "Die Änderungen gehen in die falsche Richtung und schaden den Satelliten-Teams und den Teams, die noch nicht so lange dabei sind", schimpft der Spanier und begründet: "Die Reifen lassen im Rennen stärker nach als im vergangenen Jahr, weil die Michelin-Reifen momentan keine gute Performance liefern. Dadurch wird die Elektronik wichtiger."

Da sich die Werksteams mehr Mitarbeiter leisten können, die sich mit der Elektronik beschäftigen, haben die Privatteams keine Chance, obwohl die Hard- und Software identisch ist. Le-Mans-Sieger Jorge Lorenzo reagierte nach der Niederlage beim Heimspiel in Jerez gereizt, sobald er auf die Michelin-Reifen angesprochen wurde. Nach dem Sieg in Le Mans lobte der Spanier die Arbeit des Reifenlieferanten.

Lorenzo: Zwischen Lob und heftiger Kritik

Dieses Verhalten sorgte für Irritation. Lorenzo verteidigt das, was er in Jerez von sich gab: "Ich habe nur das gesagt, was mir durch den Kopf ging. Wenn ich überzeugt bin, dass die Reifen verbessert werden müssen, dann sage ich das auch. Es ist wichtig, dass sie verstehen, diesen Bereich nachzubessern. Und das taten sie auch", bemerkt der WM-Führende, der in Le Mans souverän gewann.

Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo lobte die Michelin-Reifen nach dem Erfolg in Frankreich Zoom

Die Fans erlebten abgesehen von den Stürzen wenig Aufregendes. Bereits die Rennen in Termas de Rio Hondo, Austin und Jerez boten wenig Spannung beim Kampf um den Sieg. Sind die Reifen dafür verantwortlich? "Bei den Michelin-Reifen muss man sich intensiver mit dem Setup beschäftigen und kann sich vor allem für das Rennen einen Vorteil verschaffen. Diesen Vorteil kann man sich aber auch fahrerisch verschaffen", analysiert Lorenzo.

"Die Abstände an der Spitze können deshalb größer sein als mit den Bridgestone-Reifen, mit denen alles enger zusammen war. Man konnte sich beim Setup und auch fahrerisch keine so großen Unterschiede erarbeiten", vergleicht der Weltmeister und fügt hinzu: "Nun ändern sich die Kräfteverhältnisse von Strecke zu Strecke."

Rossi teilt Lorenzos Ansichten nicht

Teamkollege Valentino Rossi erlebte in Le Mans zu Beginn ein unterhaltsames Rennen. Das war aber hauptsächlich auf das schlechte Qualifying und den durchwachsenen Start zurückzuführen. "Ich überholte fünf oder sechs Fahrer und genoss das Rennen. Ich denke, es gibt keinen großen Unterschied zu den Rennen mit den Bridgestone-Reifen", kontert Rossi den Argumenten von Lorenzo.

Valentino Rossi

Valentino Rossi erkennt keine spürbaren Unterschiede zur Bridgestone-Ära Zoom

"Der Beginn des Rennens ist sehr wichtig. Leider kann sich ein Fahrer absetzen, wenn er schneller ist als seine Gegner. Das ist schlecht für die Show, aber so ist es. Es wurde daran gearbeitet, in den Rennen durch die Elektronik und die Reifen bessere Zweikämpfe zu haben. Das ist aber nicht der Fall. Es ähnelt der Situation aus dem Vorjahr", erklärt Rossi. "Zudem muss man beim Überholen mit den Michelin-Reifen präziser sein. Man muss vorsichtiger sein, denn sonst macht man schnell einen Fehler."

Suzuki-Pilot Maverick Vinales hatte wie Rossi zu Beginn Boden gutzumachen: "Ich hatte keinen guten Start und musste danach fünf Fahrer überholen. Ich zeigte also ziemlich viele Überholmanöver", berichtet der Spanier, der ab Runde 16 auf Position drei fuhr und die Position bis ins Ziel verteidigte. "Jorge leistete gute Arbeit und fuhr einen Vorsprung heraus. Valentino lag fünf oder sechs Sekunden zurück und dann kam ich. Es war unmöglich, weitere Überholmanöver zu zeigen", so der ehemalige Moto3-Weltmeister.