• 11.06.2015 19:25

  • von Ruben Zimmermann & David Emmett

Marc Marquez: Ende der WM-Hoffnungen schon in Barcelona?

Marc Marquez muss dringend Punkte auf Valentino Rossi und Jorge Lorenzo aufholen - Ein weiterer Sturz in Barcelona könnte bereits alle WM-Träume beenden

(Motorsport-Total.com) - Vor genau einem Jahr stand Marc Marquez zum jetzigen Zeitpunkt quasi schon als neuer MotoGP-Weltmeister fest. Der Honda-Pilot hatte die ersten sechs Rennen in Serie gewonnen und führte die WM souverän vor seinen Verfolgern an. Ein Jahr später hat sich das Bild komplett gewandelt. Während Valentino Rossi und Jorge Lorenzo die Weltmeisterschaft 2015 dominieren, hat Marquez bereits 49 beziehungsweise 43 Zähler Rückstand auf das Yamaha-Duo. In Mugello legte er nach einem Sturz zuletzt die zweite Nullrunde in diesem Jahr hin.

Titel-Bild zur News: Marc Marquez

Bei Honda und Marc Marquez läuft es 2015 bisher überhaupt nicht nach Plan Zoom

"Unsere Situation ist in diesem Jahr in Montmelo eine andere als im vergangenen Jahr", weiß der Spanier. "Trotzdem bin ich motiviert und optimistisch, denn am Montag hatten wir in Mugello einen Test. Er war zwar mit den Michelin-Reifen, aber trotzdem haben wir da etwas ausprobiert, was etwas besser funktioniert hat. Hier haben wir auch wieder einige Ideen, also bin ich für das Rennen zuversichtlich."

Was optimistisch klingt, kann allerdings auch schnell in die Kategorie Zweckoptimismus einsortiert werden. Schon seit Monaten sind aus der Honda-Ecke Durchhalteparolen zu hören. Konstant besser werden die Ergebnisse allerdings nicht. Negativer Höhepunkt: In Mugello scheiterte Marquez am Samstag in Q1 und startete nur von Rang 13. Das war ihm in seiner MotoGP-Karriere zuvor noch nie passiert.

"Während einer Saison gibt es Höhen und Tiefen", versucht der Weltmeister zu beschwichtigen. "Wir liegen 49 Punkte hinter Valentino und das ist viel. Aber trotzdem müssen wir weiterhin pushen. Mein oberstes Ziel ist es, das Fahren wieder zu genießen." Doch genau dort liegt das große Problem. 2015 hat man häufig das Gefühl, dass nicht Marquez seine Honda fährt, sondern das Bike ihn.


Fotostrecke: GP Mugello, Highlights 2015

"Die Techniker in Japan arbeiten hart, aber ich sehe nichts in der näheren Zukunft kommen, mit dem wir schlagartig mehr Grip am Hinterrad haben", erklärt Cal Crutchlow, der in diesem Jahr ebenfalls auf der RC213V unterwegs ist. "Bei mir sind sie (die Probleme; Anm. d. Red.) am Kurvenausgang größer. Die Probleme beginnen aber am Kurveneingang. Wenn man nicht gut in eine Kurve hineinfahren kann, ist man auch am Ausgang nicht schnell."

"Wir liegen 49 Punkte hinter Valentino und das ist viel. Aber trotzdem müssen wir weiterhin pushen." Marc Marquez

"Marc und Dani sind in einer ähnlichen Situation", vermutet der Brite, erklärt allerdings auch: "Ehrlich gesagt denke ich, dass man mit unserem Motorrad gewinnen kann. Ob die Fahrer im Moment in der Lage sind Lorenzo zu schlagen, ist eine andere Sache." Denn zum einen ist Honda nicht mehr so stark wie im Vorjahr, zum anderen haben auch die Konkurrenten einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht.

Yamaha-Duo glaubt an Marquez-Comeback

"Es stimmt, dass unser Motorrad in diesem Jahr sehr gut ist", weiß WM-Leader Rossi. "Ich denke aber, dass Marquez wieder zurückschlagen wird. Auch Pedrosa ist hier in Katalonien immer sehr schnell. Ich denke, dass er hier im vergangenen Jahr sein bestes Rennen der Saison hatte." Und auch Lorenzo ist überzeugt: "Sie werden ganz sicher eine Lösung finden, denn Honda ist ein großer Hersteller und Marc ist ein fantastischer Fahrer."

"Wenn du in der MotoGP fährst und dir etwas fehlt oder du dich mit etwas nicht wohl fühlst, dann wird alles schwierig", erklärt Lorenzo, der dabei aus eigener Erfahrung spricht. Im vergangenen Jahr lief bei ihm zu Saisonbeginn kaum etwas zusammen, am Ende des Jahres konnte er allerdings trotzdem noch zwei Rennen gewinnen. "Es ist wie bei einem Fußballspieler, der kein Tor mehr schießt", zieht der Spanier einen Vergleich.


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"Sobald er dann wieder trifft, wird alles wieder einfacher. Bei uns ist das ähnlich", erklärt Lorenzo und nennt Beispiele: "2013 lag ich 50 Punkte hinter Marc und nach drei oder vier Rennen war ich wieder bis auf drei oder vier Punkte dran. Alles kann passieren. 2006 war Valentino 50 Punkte hinter Nicky (Hayden) und in drei Rennen hat er alles aufgeholt. Es braucht nur einen Crash oder Motorschaden, um all diese Punkte zu verlieren."

"Wenn du in der MotoGP fährst und du dich mit etwas nicht wohl fühlst, dann wird alles schwierig." Jorge Lorenzo

"Natürlich haben wir einen Vorteil und unser Motorrad funktioniert gut. Außerdem kann Marc es sich nicht leisten, noch ein- oder zweimal auszuscheiden. Aber er kann sicher zurückkommen, denn es sind noch zwölf Rennen. Es ist noch immer eine lange Meisterschaft", so der 28-Jährige. Rossi ergänzt: "Es ist noch sehr früh und alle - ich denke auch Jorge - machen sich Sorgen über den Vorsprung zu Marc."

"Es stimmt, dass 49 Punkte sehr viel sind. Niemand hatte erwartet, dass Marc zu Beginn der Saison solche Probleme haben würde. Aber es ist ziemlich klar, dass er schon morgen zurückschlagen kann, wenn er die Probleme mit dem Motorrad behebt. Dann kann er an jedem Sonntag gewinnen. Es ist alles offen, er ist noch nicht weit weg. Wir müssen einfach konzentriert bleiben und Punkte holen", so der Italiener.

Marquez schreibt Titel noch nicht ab

Die Konkurrenz hat Marquez also noch immer voll auf der Rechnung. Aber was ist mit dem Champion selbst? Glaubt er noch an seine Titelchance? "Natürlich glaube ich daran", versichert er. "Meine Mentalität muss es jetzt sein, bis zum Ende Punkte aufzuholen. Trotzdem wissen wir natürlich, dass 49 Punkte sehr viel sind. Jetzt ist es das Wichtigste, wieder ein Gefühl für das Motorrad zu bekommen, damit wir Rennen gewinnen können. Das ist das oberste Ziel."

"In Mugello sagte ich bereits vor dem Rennen, dass ich ein Risiko eingehen muss. Das habe ich in den ersten drei Runden auch gemacht und es war okay. Aber im Rennen war ich die ganze Zeit am Limit, um an Andrea, Valentino und Dani dranzubleiben. Dann verlor ich die Front und stürzte. Aber so ist das im Rennen eben. Wenn du 100 Prozent gibst, dann kann das manchmal passieren."


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Trotzdem möchte der Spanier auch bei seinem Heimrennen in Barcelona wieder ein Risiko eingehen. "Wenn man am Limit ist und ein anderer vor dir fährt, dann willst du noch schneller sein. Manchmal fährt man dadurch über dem Limit und dann stürzt man. Wir müssen jetzt versuchen, dieses Limit ein bisschen nach hinten zu verschieben. Dann werden wir schneller sein. Wir sind auf dem Weg, uns zu verbessern. Ich denke, dass wir immer näher kommen", so der Spanier.

"Meine Mentalität muss es jetzt sein, bis zum Ende Punkte aufzuholen." Marc Marquez

Trotzdem weiß auch er: "Wir haben ein Problem, das sehr schwierig zu verstehen und zu umgehen ist. Deshalb brauchen wir Zeit. Außerdem ist es schwierig, während der Rennen an diesem Problem zu arbeiten. Aber trotzdem sind wir jetzt näher dran." Immer wieder betont der amtierende Weltmeister, dass Honda Fortschritte macht. Das muss sich allerdings auch endlich in den Resultaten widerspiegeln.

In Barcelona wird die RC213V unter anderem einige neuen Teile bekommen. "Es ist ein Auspuff und dann haben wir noch einige Ideen. Es sind verschiedene Dinge, die wir allerdings für uns behalten werden", erklärt Marquez mit einem Lächeln. Die gute Laune könnte ihm allerdings schon bald vergehen, wenn auch in Barcelona nicht die gewünschte Wende eintritt. Denn mit jedem Rennen wird die Zeit für Marquez und Honda immer knapper.