Marc Marquez' eigenes Abreißvisier sorgt für verpatzten Start, dennoch siegt er

Marc Marquez beschreibt, warum er im Grid gegen die Vereinbarung ein Abreißvisier weggeworfen hat - "Pecco" Bagnaia, der es gesehen hat, bemängelt falsche Seite

(Motorsport-Total.com) - Die Art und Weise, wie am Sonntag im Grand Prix von Australien 2024 auf Phillip Island der dritte MotoGP-Saisonsieg für Marc Marquez (Gresini-Ducati) zustande gekommen ist, die war sogar für den achtmaligen Motorrad-Weltmeister aus Spanien eine besondere.

Titel-Bild zur News: Marc Marquez

Nach unfassbar selber verpatztem Start hat es Marc Marquez allen gezeigt Zoom

Das Qualifying ist Marquez an diesem Wochenende mit der zweitschnellsten Q2-Zeit mal gut gelungen. Aber sowohl im Sprint am Samstag als auch im Grand Prix am Sonntag war er in der ersten Kurve weit von Martin weg. War es im Sprint ein Verbremser in Kurve 1, der ihn nur auf P7 aus der ersten Runde zurückkommen sah, so war es am Sonntag ein völlig verpatzter Start, an dem Marquez selber nicht unschuldig war.

Als die Lichter der Startampel erloschen, um den Grand Prix über 27 Runden zu starten, da drehte das Hinterrad an der Gresini-Ducati mit der Startnummer 93 massiv durch. Es gab jede Menge Reifenqualm. Während Polesetter Jorge Martin den Start gewann, war Marc Marquez in der ersten Kurve nicht an zweiter Stelle, sondern war lediglich an 13. Stelle zu finden.

Unglaublich, aber wahr: Ein Abreißvisier, das er sich wenige Sekunden zuvor selber vom Helm gerissen hatte, lag beim Start direkt vor dem Hinterrad von Marquez' Ducati GP23. Als er die Kupplung kommen ließ, kam der Reifen in Kontakt mit dem Abreißvisier und hatte deshalb alles andere als optimalen Grip.

Start zum GP Australien 2024 auf Phillip Island: Jorge Martin führt, Marc Marquez mit Wheelspin

Start: Martin kommt bestens weg, Marquez mit Wheelspin auf eigenem Abreißvisier! Zoom

"Das war mein Fehler", gibt Marquez im Interview mit MotoGP.com sofort zu, nachdem er das Rennen doch noch gewonnen hat. "Es gibt zwar keine Regel, aber unter uns Fahrern haben wir eine Vereinbarung, dass wir es nach Möglichkeit vermeiden sollten, in der Startaufstellung ein Abreißvisier wegzuwerfen. In diesem Fall hatte ich aber keine andere Wahl."

Warum hatte Marquez in diesem Fall keine andere Wahl? "Wir alle wissen, dass es hier in Australien ein paar riesengroße Insekten gibt. Und als ich gerade das vordere Holeshot-Device aktiviert hatte, da hatte ich plötzlich eines dieser großen Insekten auf dem Visier", berichtet der Gresini-Pilot.

"Ich fürchtete, dass ich die Ampel nicht richtig sehen könnte. Deshalb habe ich das Abreißvisier weggeworfen. Ich dachte, der Wind wird es schon davontragen. Doch leider ist es genau vor meinem Hinterrad gelandet", so Marquez.

Bagnaia: Marquez hat Abreißvisier falsch weggeworfen

"Das war eine gefährliche Situation", fügt Marquez in der Pressekonferenz hinzu, nachdem er die Geschichte seines Starts noch einmal erzählt hat. Gefährlich. So sieht es auch Francesco Bagnaia, der die Szene rund um Marquez' Abreißvisier direkt vor seinen eigenen Augen ablaufen sah. Bagnaia nämlich stand in der Startaufstellung auf dem fünften Platz und somit schräg versetzt hinter Marquez.

Marc Marquez, Francesco Bagnaia

"Pecco" Bagnaia, der P3 belegte, hat die Szene im Grid direkt gesehen Zoom

"Ich habe gesehen, wie Marc sein Abreißvisier weggeworfen hat. Er hat es aber zur falschen Seite weggeworfen, denn genau von dieser Seite kam der Wind", berichtet Bagnaia. "Nachdem es direkt unter seinem Motorrad gelandet ist, wollte er es wohl noch entfernen, aber weil wir unmittelbar vor dem Start standen, war das natürlich nicht ideal."

Wie Marquez rückblickend, so stuft auch Bagnaia die Situation als gefährlich ein. In diesem Zusammenhang erinnert er an den Vorfall aus Misano 2020, als es für Jack Miller (damals Pramac-Ducati) einen Ausfall gab, weil ein von Fabio Quartararo (damals Petronas-Yamaha) weggeworfenes Abreißvisier die Airbox von Millers Motorrad verstopfte.

"Aufgrund des Vorfalls um Miller aus Misano 2020 haben wir uns darauf verständigt, dass wir in der Startaufstellung keine Abreißvisiere wegwerfen sollten", sagt Bagnaia. "Allerdings haben wir das nie als Regel festgesetzt. Deshalb liegt es im Ermessen der Fahrer."

"Aber klar, wenn du ein Insekt auf dem Visier hast und es nicht möglich ist, klar zu sehen, dann stört dich das in der Konzentration. Dann ist es in der Tat besser, es wegzuwerfen", zeigt Bagnaia letztlich Verständnis für das Verhalten von Marc Marquez am Sonntag auf Phillip Island.

Nach P13 in Kurve 1 noch zum Sieg gefahren

Marquez selbst machte nach seinem völlig verpatzten Start noch im ersten Teil der ersten Runde wieder zahlreiche Positionen gut. Nachdem er lediglich als 13. in Kurve 1 eingebogen war, duellierte er sich in Kurve 4 bereits mit Ducati-Werkspilot Enea Bastianini um die sechste Position. Diese Position holte sich der Gresini-Pilot schließlich in Kurve 6 und kam daraufhin als Sechster aus der ersten Runde zurück.

Marc Marquez, Jorge Martin

Im Duell mit Jorge Martin setzte sich Marquez durch und siegte schließlich Zoom

In der vierten Runde war Marquez schon Vierter, in der sechsten Runde Dritter, in der zwölften Runde Zweiter. Von da an legte er sich Spitzenreiter Jorge Martin zurecht. Und vier Runden vor Schluss übernahm Marquez ausgangs Kurve 4 erstmals die Führung.

Zwar gelang Martin bei der anschließenden Überfahrt von Start/Ziel noch einmal ein Konter. Aber in der drittletzten Runde ging Marquez erneut in Front - in diesem Fall mit einem aggressiven Manöver in Kurve 4 hinein. Von da an gab der Gresini-Pilot die Führung bis ins Ziel nicht mehr ab und stellte seinen dritten Saisonsieg 2024 (nach Aragon und Misano 1) sicher.

"Nachdem ich in der ersten Kurve im Bereich von Marini und den Yamahas war, wusste ich gar nicht genau, wo ich eigentlich bin. Doch nach den ersten zwei Kurven war ich auf einmal schon wieder Sechster", erinnert sich Marquez und fügt mit einem Grinsen hinzu: "Wie ich das gemacht habe, weiß ich selber nicht mehr. Ich muss mir die da erst mal die Wiederholung anschauen."

Mit seinem dritten Saisonsieg ist Marc Marquez nun alleiniger Dritter in der MotoGP-Gesamtwertung 2024. Auf Ducati-Werkspilot Enea Bastianini, der im Sprint am Samstag P3 und im Grand Prix am Sonntag P5 belegte, hat Marquez nun 14 Punkte Vorsprung. Gesichert ist für den Gresini-Piloten damit der dritte WM-Rang aber noch lange nicht. Drei Rennwochenenden (Buriram, Sepang, Valencia) stehen in dieser Saison noch an.