Zukunft der Formel-1-Reifen: Größer, breiter, schneller?

Im Hinblick auf ein neues Reifenreglement gibt es noch wichtige Eckpunkte zu klären: Lieferant, Größe und Breite der Pneus sowie Aerodynamik der Boliden

(Motorsport-Total.com) - Ab der Saison 2017 sollen die Formel-1-Boliden mit einem aggressiveren Erscheinungsbild daherkommen. Dies geht aus den jüngsten Überlegungen der Strategiegruppe hervor. Der neue Look könnte unter anderem mit einer Rückkehr zu breiteren Reifen erzielt werden. Details dazu gilt es ebenso noch festzulegen wie es die Frage zu klären gilt, wer in der Saison 2017 überhaupt die Reifen liefern wird.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery, Martin Brundle und ein GP2-Bolide mit 18-Zoll-Rädern

18-Zoll-Räder auf einem GP2-Boliden: Sieht so die Formel-1-Zukunft aus? Zoom

Der Stichtag für die nächste Runde im Bieterverfahren ist der 17. Juli. "An diesem Tag wird sich die FIA auf die künftigen Reifenlieferanten festlegen", sagt Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery. Neben Pirelli, dem Alleinausrüster seit 2011, hat sich auch Michelin beworben. Wird es in den kommenden Tagen weitere Bewerber geben? Unwahrscheinlich. Auch einen Reifenkrieg wird es wohl kaum geben, wenngleich sich Jenson Button einen solchen Wettbewerb wünscht.

"Ich persönlich würde einen Reifenkrieg begrüßen. Ich weiß nicht, ob Pirelli oder Michelin überhaupt daran interessiert sind, aber ich fände es gut, denn es würde beide Hersteller zu Höchstleistungen antreiben", sagt Button. Da ein solcher Wettbewerb aber nicht im Interesse der FIA ist, wird es aller Voraussicht nach auch künftig nur einen Reifenlieferanten geben.

Pirelli oder Michelin - 13 oder 18 Zoll?

Ein weiterer Punkt, den es zu klären gilt, ist die künftige Radgröße. Was, wenn sich ein Reifenhersteller für 18-Zoll-Räder ausspricht - Michelin hat dies bereits getan, Pirelli steht dem Thema offen gegenüber - die Formel-1-Oberen sich aber weiterhin auf 13-Zoll-Räder festlegen? "In dieser Hinsicht ist der Prozess ein wenig seltsam", bemerkt Pirelli-Motorsportchef Hembery und präzisiert: "In den Verträgen ist festgehalten, dass eine grundlegende Änderung der Vertragsinhalte eine Neuverhandlung zur Folge hat."

18-Zoll-Räder auf dem Lotus E22

Im Sommer 2014 absolvierte Lotus für Pirelli einen Test mit 18-Zoll-Rädern Zoom

Und dann wären da noch die Teams, die sich ebenfalls ihre Gedanken um die zukünftigen Reifen machen. "Wir müssen uns natürlich ansehen, welche Veränderungen am Auto damit einhergehen. Entstehen dadurch höhere Kosten?", fragt Monisha Kaltenborn in Anspielung auf einen möglichen Umstieg auf 18-Zoll-Räder. Wie auch immer die Entscheidung hinsichtlich der künftigen Dimensionen ausfallen wird, eines steht für die Sauber-Teamchefin fest: "Die Reifen sollten nicht mehr ein solch zentrales Thema sein wie es in den vergangenen Jahren der Fall war."

"Ich glaube, wenn die Ausschreibung vernünftig gestaltet ist, dann sollten wir auch die richtigen Antworten bekommen", sagt McLaren-Rennleiter Eric Boullier, um anzufügen: "Ganz egal, ob es 13-, 17-, 18- oder 25-Zoll-Räder sind, solange die Formel 1 dadurch besser wird und für alle die gleichen Spielregeln gelten, dann sehe ich da kein Problem."


Pirelli präsentiert die Formel-1-Saison 2015

Reifenhersteller Pirelli erklärt die technischen Änderungen in der Formel-1-Saison 2015 und präsentiert die neuen Reifen Weitere Formel-1-Videos

Vijay Mallya widerspricht Boullier. Für den Force-India-Teamchef ist der Fall klar. "Es läuft darauf hinaus, dass es nur einen Reifenlieferanten geben wird. Die Frage ist nur, ob es Pirelli, Michelin oder eine andere Firma sein wird. Das Idealszenario wäre es wohl, wenn man alle Teams vorher befragen würde, sodass die Meinungen der Teams in die Ausschreibung einfließen. Den Reifenherstellern die Entscheidung zu überlassen, was die Formel 1 anzunehmen oder abzulehnen hat, wäre meiner Meinung nach der falsche Weg."

Gelassen sieht es John Booth. Der Teamchef des Manor-Marussia-Rennstalls betrachtet "sowohl Pirelli als auch Michelin als exzellente Unternehmen mit einer erstklassigen Vergangenheit im Rennsport. Ganz gleich, welches der beiden Unternehmen den Zuschlag erhält, die Reifen werden im Sinne des Sports konzipiert werden".

Rückkehr zu Breitreifen?

Neben der Größe stellt sich auch die Frage, wie breit die Formel-1-Reifen der Zukunft sein sollen. "Wir wurden zu diesem Thema befragt, ja. Und wir haben zu verstehen gegeben, dass wir bereit sind, breitere Reifen zu liefern", sagt Hembery im Namen von Pirelli. Pikant: Die aktuell eingesetzten schmalen Reifen wurden im Winter 1992/1993 zum einen eingeführt, um die Kosten zu senken. Zum anderen setzte man auf die schmaleren Pneus, um die Kurvengeschwindigkeiten zu senken und die Formel 1 damit sicher zu machen. Warum wird nun eine Rückkehr zu breiteren Reifen in Erwägung gezogen?

"Nun, wenn die Autos fünf Sekunden pro Runde schneller werden sollen, dann erklärt sich das von selbst", spricht Hembery die Gedankengänge der Formel-1-Strategiegruppe an und fügt hinzu: "Das ganze Thema ist aber sehr komplex. Zunächst einmal müssen wir die Aero-Vorgaben für 2017 kennen. Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir noch keine genau Vorstellung, wohin die Reise gehen soll. Natürlich sorgen breitere Reifen grundsätzlich für mehr Grip. Um diesen Grip zu maximieren, muss aber auch die Aerodynamik entsprechend funktionieren. Solange wir diese Details nicht kennen, fällt es schwer, einen direkten Vergleich zur aktuellen Situation anzustellen."

Ayrton Senna, Nigel Mansell und Gerhard Berger beim Grand Prix von Ungarn 1992

1992: Die letzte Saison, bevor die Reifen in der Breite stark beschnitten wurden Zoom

Zusätzliche Kosten für die Teams erwartet Hembery mit breiteren Reifen nicht. "Nein", sagt der Pirelli-Motorsportchef ganz klar, bezieht sich damit aber natürlich allein auf die Reifen und nicht auf die Entwicklungsarbeit auf dem Aerodynamik- und Mechanik-Sektor...

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