• 25.10.2007 08:04

  • von Michael Noir Trawniczek

Wurz: Trennung war einvernehmlich

Alexander Wurz berichtigt im Interview die Gerüchte über seinen Rücktritt und spricht über sein neues Leben als Formel-1-Rentner in Monaco

(Motorsport-Total.com) - Der Rücktritt von Alexander Wurz am Montag nach dem Grand Prix von China kam ziemlich plötzlich. Für ihn selbst war dieser Beschluss jedoch schon vorher klar: Für das letzte Rennen wurde mit Williams ausgemacht, dass Kazuki Nakajima den Renneinsatz bestreiten werde.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Alexander Wurz genießt sein neues Leben und widmet sich nun anderen Aufgaben

Den Gerüchten, wonach der Rücktritt vor dem letzten Rennen quasi von Williams erzwungen oder gar von Toyota erkauft wurde, entgegnete Wurz gestern im Interview. So nebenbei verriet er auch, wie sein Alltag nach dem Leben als Einsatzpilot aussieht - mit einem Pensionistendasein hat das jedoch nichts gemein, ganz im Gegenteil...#w1#

Wie freiwillig war der Rücktritt nun?

Frage: "Alexander, im Internet heißt es vermehrt, du wärst nicht freiwillig vor dem WM-Finale in Brasilien zurückgetreten, sondern von Williams dazu getrieben worden. Was sagst du dazu?"
Alexander Wurz: "Die Situation ist ganz einfach, man braucht sich nur die Pressemitteilung von Williams in Shanghai anzusehen. Nachdem klar war, dass ich aufhöre, hatten Williams und ich über das letzte Rennen gesprochen und wir beide haben eine Einigung getroffen - und die besagte, dass Williams mein Renncockpit in Brasilien für Kazuki zum Test für 2008 benutzen wird."

"Ich habe kein Geld bekommen und mit Williams haben wir uns einvernehmlich geeinigt." Alexander Wurz

"Vor zwei Wochen hat es geheißen, ich hätte viel Geld dafür bekommen, und jetzt fragen sie mich, ob es unfreiwillig war. Also ich habe kein Geld bekommen und mit Williams haben wir uns einvernehmlich geeinigt bezüglich des letzten Rennens. Williams und ich haben von der ersten Minute als Team zusammengearbeitet und machen dies bis jetzt. Daran werden auch kurze Gerüchte oder Fehlmeldungen nichts ändern."

Frage: "In dem Artikel wird auch Nico Rosberg zitiert, denn es gab in Brasilien Abstimmungsprobleme mit der Gewichtsverteilung. Dieser meinte, da hättest du eine Lösung gewusst. Gab es da keine Verbindung mehr zum Team? Hat man dich um Rat gefragt?"
Wurz: "Ich hatte bis zum Samstag in Brasilien mit dem Team Kontakt und ich habe auch vor dem Rennwochenende den Ingeneuren meine Meinung mitgeteilt, welches Setup ich in Brasilien vorschlagen würde - vor allem welche Radaufhängungen ich empfehlen würde."

"Ob das Team dann mit oder ohne meinen Empfehlungen diese Richtung gewählt hat, ist nicht wichtig. Hauptsache ist: Das Team hat wieder gezeigt, dass wir alle zusammen gute Arbeit geleistet haben und verdient Vierter in der Konstrukteursmeisterschaft geworden sind."

Lob für Nachfolger Nakajima

Frage: "Wie hat dir die Vorstellung von Kazuki Nakajima gefallen?"
Wurz: "Ab dem ersten Test von Kazuki im Februar habe ich immer wieder gesagt, dass er gut ist. Wie gut er wird, muss aber erst die Zeit beantworten - Zeit, die wir ihm auch geben müssen."

"Im schlimmsten Fall sind immer nur die Konstrukteurspunkte abgezogen worden." Alexander Wurz

Frage: "Wie groß ist deiner Meinung nach die Gefahr, dass Lewis Hamilton in Paris doch noch
zum Weltmeister erklärt wird?"
Wurz: "Praktisch null, meiner Meinung nach. Es hat in den letzten Jahren schon einige Fälle gegeben, wo es Ungereimtheiten bezüglich der Reglementauslegung gegeben hat, und im schlimmsten Fall sind dann immer nur die Konstrukteurspunkte abgezogen worden - wie auch beim Spionageskandal von McLaren-Mercedes."

"Ich möchte aber noch anmerken, dass ich vom Protest, der gegen mein Team Williams und gegen BMW läuft, keine Ahnung habe, was Anschuldigung und Beweismittel angeht. Meine Aussage bezieht sich lediglich auf allgemeine Fälle, die in den letzten Jahren passiert sind und sie soll auch nicht als Einschätzung des aktuellen Falles angesehen werden."

Frage: "Wie geht es dir jetzt? Was machst du so?"
Wurz: "Es geht mir sehr gut. Heute bin ich auf meiner Bergauflaufstrecke, 550 Höhenmeter von Monaco rauf nach Laturbie, neuen persönlichen Rekord gelaufen und bin zum ersten Mal unter 30 Minuten gelaufen, genau 29:45 Minuten. Damit war ich um 55 Sekunden schneller als bisher. Seit dem Shanghai-Grand-Prix hat sich bei mir auch im Business viel getan, ich spreche hier von Test und Training, meiner Firma, die sich mit der Aus- und Weiterbildung in Sachen Verkehrssicherheit beschäftigt. Ich muss mir die Zeit gut einteilen, genieße es aber, zu Hause zu sein und von meinen Kids aufgeweckt zu werden. Morgen ist wieder starker Wind angesagt und ich werde Kitesurfen gehen."

Spaß am Sport größer denn je

Frage: "Hört sich ja nicht unbedingt nach Pensionistenlangweile an - aber sag, warum trainierst du noch so viel nach deinem Rücktritt?"
Wurz: "Ich mache es für mich, weil es mir Spaß macht - und weil ich jetzt ohne ständigen Jetlag und ohne der ständigen Müdigkeit endlich einmal in Ruhe trainieren kann, so wie es mir Spaß macht. Also sehe ich es nicht als Training, sondern als Spaß. Und der Rücktritt war doch nur das Ende eines Kapitels in meinem Leben. Jetzt kommen neuen Seiten auf mich zu, welchen ich mit Spannung entgegentrete."

"Manfred Stohl und ich würden es gerne gemeinsam in Angriff nehmen, das Race of Champions." Alexander Wurz

Frage: "Gibt's schon was Neues bezüglich des Race Of Champions?"
Wurz: "Manfred Stohl und ich würden es gerne gemeinsam in Angriff nehmen, das Race of Champions. Wir verhandeln mit den Organisatoren, die aber noch auf einen Bescheid warten, von zwei der Top 3-Finisher in der Formel-1-WM, bevor es dann zu einer fixen Entscheidung kommt."

"Es wäre lässig, mit Manfred gemeinsam anzutreten - immerhin haben wir zwei zeitgleich unsere ersten Fahrten in einem Auto unternommen, damals mit dem ehemaligen Auto seines Vaters Rudi Stohl. Ein Lada, der von uns beiden einfach nicht umzubringen war, obwohl wir es immer heraufbeschworen hatten und ohne Rücksicht auf Verluste gefahren sind, um uns gegenseitig Angst einzujagen."

Frage: "Klingt ziemlich abenteuerlich. Dann sag ich: Danke für das Interview und ich hoffe, du hast besseres Wetter als wir..."
Wurz: "Gerne. Und das Wetter in Monaco ist okay, aber ab heute Abend kommt Schlechtwetter, was mir aber nichts ausmacht, da ebensoviel Wind kommt. Und den brauche ich als Antrieb für meinen Kite, der mich morgen über die Wellen zieht, die der Transmontanawind so schön ins Meer hineindrückt."